Spanien: Francos Monument

Das Valle de los Caídos – ein Ort faschistischer Erinnerungskultur

von Renate Wanie
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Im Jahr 2018 erhielt die monumentale Grabanlage im „Valle de los Caídos“ („Tal der Gefallenen“) in der Sierra de Guadarram im Nordwesten Madrids neue Aufmerksamkeit. Anlass war die Ankündigung des sozialistischen Ministerpräsidenten, Pedro Sánchez, kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2018, den ehemaligen Diktator Francisco Franco aus seinem noch zu Lebzeiten erbauten Mausoleum umzubetten. Allein die Ankündigung erhöhte die Zahl der BesucherInnen an der Grabstätte Francos. Nicht ohne Einfluss ist auch die Entwicklung der rechtsextremen Partei Vox.

Integriert in die monumentale Grabanlage ist die in den Fels gehauene Basilika de Santa Cruz. An einer Seitenwand ist in goldenen Lettern zu lesen: “Francisco Franco, Caudillo Spaniens, Patron und Gründer, weihte dieses Monument am 1. April 1959 ein.“ Im Altarraum ist General Franco beerdigt. Unter der Inschrift ist vermerkt, dass ein Jahr später Papst Johannes XXIII. die Kirche zur Basilika erhob. (1) Mit einem „ewig währenden Pilgerort“, an dem „die Helden und Märtyrer des Kreuzzuges“ gegen die Roten ruhen sollten, wollte Franco seinen Sieg über die Spanische Republik für künftige Generationen gewürdigt wissen. So steht es in dem von ihm unterzeichneten Dekret über die Errichtung des Valle de los Cáidos. (2) 20.000 Zwangsarbeiter, meist politische Gefangene, denen eine Haftzeitverkürzung in Aussicht gestellt wurde, bauten unter erschwerten Bedingungen das „Monumento Nacional de Santa Cruz“ in den Felsen hinein. Verwaltet wird das Monument von der Behörde für staatlichen Kulturbesitz. (3) An einer Stelle, die üblicherweise für Päpste und Bischöfe vorgesehen war, ließ Franco sich nach zwanzig Jahren Bauzeit sein Grabmal reservieren. 1975 starb der wegen seiner Brutalität gefürchtete Diktator Franco. Direkt über seinem Grab wird täglich eine Heilige Messe von Mönchen des angegliederten Klosters gehalten.
Opfer der Diktatur und des spanischen Bürgerkriegs liegen ebenfalls in einem Grab hinter den Mauern eines Querschiffs der Kirche. An einer Wand steht: „Gefallen für Gott und Spanien.“ Martin Dahms, FR-Journalist, kommentiert in seinem Artikel „Der faschistische Freizeitpark“: „Die Franco-Gegner starben im Kampf gegen den Faschismus. Hier sind sie wider Willen, im Tod mit ihren Feinden vereint. Franco wollte allein die ihm ergebenen Soldaten im Valle de Cáidos versammeln, doch als sich immer mehr von deren Angehörigen gegen eine Umbettung sträubten, ließ er auch die Knochen seiner Gegner herbeischaffen.“.(4)
Keine Gedenktafel erinnert an die mehr als 30.000 Toten aus dem spanischen Bürgerkrieg gegen Francos faschistisches Regime. Dagegen stehen heute frische Blumen vor den Grabplatten Francos und dem Grab eines weiteren Faschisten: von José Antonio Primo de Rivera, dem Gründer der spanischen Falange (1933-37). Die Falange blieb bis zum Ende der Franco-Diktatur als „Bewegung“ die einzige staatlich zugelassene Partei, Franco selbst erklärte sich zu deren Führer. Noch heute existieren mehrere Gruppen und Parteien mit dem Namensbestandteil „Falange“, die zum rechtsextremen Spektrum zählen. (5)
Bis zum Beschluss der Verfassungskommission 2007 im Konsens aller Parteien, jegliche Art politischer Aktionen und Sympathiekundgebungen zu verbieten, wurde das Valle de los Cáidos zum Gedenkort der spanischen Rechten, vor allem anlässlich des Todestages von Francisco Franco und Primo de Rivera
Seit 1979 gab es keine rechtspopulistische und oder rechtsradikale Partei in einem spanischen Parlament. Am 2. Dezember 2018 änderte sich dieses Bild: Aus dem Stand zog die rechtsradikale Partei Vox mit elf Prozent der Stimmen in das andalusische Regionalparlament im einst roten Sevilla ein. Holt Spanien die Entwicklung nach, die rechte Parteien in mehreren europäischen Ländern in die Parlamente oder sogar an die Regierung gebracht hat? Mitte Februar 2019 folgten Zehntausende dem Aufruf der konservativen Volkspartei PP, der liberalen Ciudadanos und der rechtspopulistischen Vox und demonstrierten in Madrid für eine Neuwahl und die Einheit Spaniens: „Für ein Vereintes Spanien: Wahlen jetzt!“ Das Motto liest sich wie ein Omen. Umfragen sehen Vox landesweit bei etwa 13 Prozent. Befürchtet wird, dass die Rechtsradikalen auch bei den bevorstehenden Europa-, Regional- und Kommunalwahlen gut abschneiden werden. (7)
Nach monatelangen Diskussionen hat Spaniens Regierung die Umbettung der Gebeine von Diktator Franco offiziell in die Wege geleitet. Ob der Ort nach der Verlegung des Generals auch weiterhin ein Ort faschistischer Erinnerungskultur sein wird, ein Freizeitpark, in dem bisher sogar Hochzeiten stattfanden?

Anmerkungen
1 Dahms, Martin: Der faschistische Freizeitpark. Frankfurter Rundschau, 16.7.2018, S. 18/19
2 ebd
3 Wikipedia „Valle de los Caidos“
4 Frankfurter Rundschau, 16.7.2018, S. 6
5 https://de.wikipedia.org/wiki/Falange
6 Baumer, Andreas: Spanien: Der rechte Schock. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, 2/2019, S. 9-12
7 Frankfurter Rundschau, 14.2.2019, S. 6

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