Der Falkland / Malwinen-Konflikt

von Jörgen Johansen

Als das argentinische Militär am 2. April 1982 auf den Malwinen bzw. Falkland-Inseln (1) landete, war dies nicht das erste Mal, dass die Inseln besetzt wurden. Im Laufe der Jahrhunderte sind portugiesische, spanische, französische und niederländische Schiffe gelandet und erhoben Anspruch auf die Inselgruppe, die aus zwei Haupt- und 776 kleineren Inseln im Südatlantik besteht. 1522 erscheinen die Inseln auf spanischen Seekarten. (2) Und es gibt Anzeichen, dass vor den europäischen Kolonialisten Indianer aus Patagonien die Inseln besucht haben könnten (3). Die erste bekannte Besiedlung erfolgte durch Frankreich 1764, und in den folgenden Jahren beanspruchten mehrere europäische Staaten die Herrschaftsgewalt über die Inseln.

Diese Geschichte spielt eine Rolle für den Krieg, der im April 1982 begann, aber sie sollte nicht überbetont werden. Die „Wer kam zuerst?“-Frage ist weder einfach zu beantworten noch besonders hilfreich beim Verständnis der Gegenwart.

Die verschiedenen Interessen
Argentinien argumentiert, dass es die Herrschaftsrechte über die Inseln von Spanien erbte, gemäß des Prinzips des uti possidetis, ita possideatis (‘wie ihr besitzt, so sollt ihr besitzen’). Das ist das gleiche Prinzip, das 1810 nach dem allgemeinen Aufstand gegen die spanische Herrschaft in Südamerika angewendet wurde. Als Großbritannien 1925 Argentinien anerkannte, machte es keinen Vorbehalt bezüglich der Falklandinseln/Malwinen. Die vorherige Besatzung der Inseln durch britische Truppen 1833 war vom Standpunkt internationalen Rechts her gesehen illegal. Argentinien argumentiert außerdem, dass die Inseln zu ihm gehören aufgrund ihrer geographischen Nähe und weil sie geologisch Teil von Patagonien sind. (4)

Großbritannien argumentiert, dass der Rückzug der Spanier von den Inseln 1810 und die Zerstörung der Siedlungen dort durch die USA 1832 die Inseln zu res nullius (Niemandsland) machten und von jedem Land „genommen“ werden konnten. Die britische Besetzung 1833 wurde als Fortsetzung der Jurisdiktion gerechtfertigt, die Großbritannien im 18. Jahrhundert hatte (5). Außerdem wird angeführt, dass Großbritannien 1908 formal Besitz von den Inseln ergriff und seitdem ständig die Kontrolle über sie ausgeübt hat, und dass Argentinien die Inseln niemals besetzte.

Gemäß des Antarktis-Vertrages beanspruchen beide Länder einen Sektor des antarktischen Kontinents – Argentinien das Territorium zwischen dem 25. und 74. westlichen Längengrad und Großbritannien zwischen dem 20. und 80. Längengrad. Diese überlappenden Ansprüche sind von beiden Staaten als Argumente für ihre Rechte auf die Inseln verwendet wurden. Hier ist es wichtig, sich zu erinnern, dass der Antarktis-Vertrag jede Maßnahme militärischer Natur auf dem Territorium verbietet.

Der Wert der Inseln war 1982 relativ symbolisch, abgesehen denn als Außenposten für militärische Basen. Fischerei und Walfang waren traditionelle Ressourcen in der Region und die Inselbewohner waren hauptsächlich Schafzüchter.

Dreißig Jahre nach dem Krieg von 1982 dominiert ein anderer Faktor den Konflikt, und zwar Rohstoffe. Der Meeresboden um die Inseln gilt schon lang als reich an Öl, Gas und Mineralien. Verschiedene Unternehmen sind an der Ausbeutung von möglicherweise 60 Milliarden Barrel Öl interessiert. 1995 wurde ein Abkommen zwischen Großbritannien und Argentinien über die Ausbeutung von Meeresressourcen geschlossen, aber Argentinien kündigte es 2007 einseitig auf. 2010 haben mehrere Unternehmen mit Probebohrungen begonnen und ein paar Monate später verkündeten einige positive Ergebnisse. Das hat es nicht leichter gemacht, zu einem Einverständnis über die Zukunft der Inseln zu gelangen.

Der Krieg 1982
Als amphibische Truppen am 2. April 1982 landeten, gab der Gouverneur Sir Rex Hunt Major Mike Norman den Befehl, die Inseln zu verteidigen. Schon am 1. April war er von der britischen Regierung von einem möglichen Angriff unterrichtet worden. Ein Telegramm des Außenministeriums sagte: „Wir haben scheinbar verlässliche Information, dass eine argentinische Einsatzgruppe sich morgen früh vor Stanley versammeln könnte. Sie werden wünschen, entsprechende Vorkehrungen zu treffen.“

Am 3. April nahm der UN-Sicherheitsrat mit 10 Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und vier Enthaltungen (inkl. China und der Sowjetunion) die Resolution 502 an. Die Resolution verlangte den „sofortigen Rückzug der argentinischen Kräfte“.

Am 6. April richtete die britische Regierung ein Kriegskabinett ein. Es war für das Management der Krise verantwortlich, bis britische Truppen 74 Tage später die Kontrolle über die Inseln zurückerlangt hatten. Bis dahin waren 649 argentinische Soldaten, 255 britische und 3 einheimische Zivilisten ums Leben gekommen (6). Die meisten Todesopfer gab es durch Versenkung von Kriegsschiffen auf beiden Seiten.

Premierministerin Margaret Thatcher hatte damals eine schwierige Zeit mit viel einheimischer Kritik und wollte Stärke zeigen. Sie sprach sich für die Entsendung von Schiffen mit Atomwaffen aus. Nach vielen Jahren der Leugnung gab das Verteidigungsministerium dies 2003 zu (7). Der Krieg war in wirtschaftlicher wie menschlicher Hinsicht teuer, aber ein großer Sieg für Großbritannien. Margaret Thatcher wurde 1982 fast wie ein Kriegsheld gefeiert und gewann einen extrem eindrucksvollen Sieg in den Wahlen 1983.

Die Medien
Das britische Verteidigungsministerium übte effektive Zensur aus, und Berichterstatter wurden auf den gleichen Schiffen wie Soldaten transportiert. Sie alle unterzeichneten einen Vertrag, der den Militärbehörden das Recht gab, alles Material vor der Publikation zu zensieren. Diese Kontrolle von Information hat eine lange Tradition in Großbritannien, und wurde später durch die USA während der Invasion in Grenada 1983 und den Kriegen im Irak in den 1990er Jahren weiterentwickelt.

In Argentinien spielt der Krieg bis heute eine wichtige Rolle in der Innenpolitik; in Großbritannien ist das weniger der Fall. Äußere Feinde schaffen ein geeintes Volk in einer patriotischen Atmosphäre – dieser Krieg war keine Ausnahme. Drei britische Reporter versuchten, in Argentinien den Krieg „von der anderen Seite“ zu dokumentieren, wurden aber bis zum Ende des Krieges ins Gefängnis gesteckt. (8) Jeder, der die Militärjunta kritisierte, wurde extrem unpopulär. Selbst die  Madres de Plaza de Mayo, die gegen das Verschwindenlassen und die Morde während der Zeit der Diktatur protestierten, bekamen Todesdrohungen. (9)

Einige britische Zeitungen wie The Daily Mirror waren gegen den Krieg, während The Sun bekannt wurde für Überschriften wie “Stick it Up Your Junta!”

Für alternative Stimmen war es sehr schwierig, seriöse Artikel publiziert zu bekommen.

Wachsende britische Militärpräsenz
Seit dem Krieg ist die britische Militärpräsenz stärker als je zuvor. Eine Garrison, eine Einheit leichter Infanterie und mehrere Marineeinheiten sind ständig oder in regelmäßigen Abständen in der Region. Zusätzlich gibt es Einheiten für elektronische Kriegführung, Kommando- und Kontrollsysteme. Auch sind mehrere Minenfelder auf den Inseln noch nicht geräumt.

Die Falklandinseln/Malwinen könnten als eine Kolonie fern des britischen Mutterlandes gesehen werden, einige kleine, kaum bewohnbare, kalte Inseln „auf der anderen Seite des Globus“. Jahrhunderte lang lebten dort wenige Menschen. Weder Argentinien noch Großbritannien sahen sie bis 1982 als wertvoll an. Aber mit der Entwicklung der UN-Konvention über Meeresrecht und steigenden Chancen auf große Mengen von Öl und Mineralien auf und unter dem Meeresgrund sind die Inseln viel interessanter geworden. (10)

Die andere Seite des Konfliktes ist, dass europäische Staaten den Rest der Welt seit 1500 kolonisierten, und dass seit Mitte des 20. Jahrhunderts Dekolonialisierungsprozesse einsetzten. Die meisten Territorien sind jetzt in der Hand „lokaler Menschen“. Dies sind in manchen Fällen Abkömmlinge von Europäern, in anderen Fällen Einheimische und in vielen Fällen eine Mischung aus beiden. Im Falle der Falklandinseln/Malwinen gibt es keine ursprünglichen Einheimischen, und fast alle der 3140 Menschen, die heute dort leben, stammen von Engländern ab und wollen Teil des Vereinigten Königreichs sein.

Anmerkungen
1) Die beiden Namen reflektieren die Herrschaftsansprüche von Argentinien bzw. Großbritannien. Zu dem Konflikt, siehe auch Burns, Jimmy. The Land That Lost Its Heroes : The Falklands, the Post-War, and Alfonsín.  London: Bloomsbury, 1987

2) Goldblat, Jozef, Víctor Millán, and Stockholm International Peace Research Institute. The Falklands/Malvinas Conflict : A Spur to Arms Build-Ups.  Solna, Sweden: Stockholm International Peace Research Institute, 1983, S. 3

3) Hattersley-Smith, G. "Fuegian Indians in the Falkland Islands." Polar Record 21, no. 135 (1983): 605-06

4) Goldblat / Milan a.a.O., S. 7

5) ebda, S. 7

6 Freedman, Lawrence. The Official History of the Falklands Campaign. Whitehall Histories: Government Official History Series.  London: Routledge, 2005, S. 21-22

7) Rob Evans and David Leigh, "Falklands warships carried nuclear weapons, MoD admits," the Guardian, Saturday 6. December 2003

8) Ian Mather, "I went as a reporter but ended up a prisoner of war," The Observer, Sunday 1 April 2007

9) Jimmy Burns, The land that lost its heroes : the Falklands, the post-war, and Alfonsín  (London: Bloomsbury, 1987

10) Arie, Sophie. "Argentina Snubs UK over Oil Deal as Anniversary Nears." The Daily Telegraph, April 3 2007

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Hintergrund
Jörgen Johansen ist freiberuflicher Akademiker und Herausgeber des Resistance Studies Magazine.