Einspruch gegen Haftbefehl

von Nikolaus Huhn

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sehr geehrte Richterin Walter,

gegen Ihren Strafbefehl vom 13. April 2004 gegen mich lege ich hiermit Einspruch ein.

Es trifft zu, dass ich mich am 15. März 2003 gegen 15.25 Uhr auf der Ellis Road am Frankfurter Flughafen niedergelassen habe. Ziel der Aktion war es, sich einem nicht von den Vereinten Nationen gedeckten Angriffskrieg gegen den Irak vehement zu widersetzen. Nach meiner Kenntnis wurde die Rhein-Main-Airbase zu dieser Zeit verstärkt zur Verlegung von Truppen und Material in die Golfregion benutzt. Meine Handlung, die möglicherweise auf den ersten Blick dem in § 240 StGB Abs.1 beschriebenen Sachverhalt nahe kommt, war meines Erachtens jedoch nicht rechtswidrig im Sinne des § 240 StGB Abs.2, da sie sich auf ein höheres Rechtsgut beruft und daher nicht als verwerflich anzusehen ist.

Das Grundgesetz verbietet in Artikel 26, Abs.1 "Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten". Diese Handlungen sind verfassungswidrig und unter Strafe zu stellen. Aus guten historischen Gründen wird die Strafandrohung im § 80 des StGB konkretisiert: "Wer einen Angriffskrieg (...), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft."

Da die Bundesregierung dem Ersuchen der USA stattgegeben hat, den deutschen Luftraum wie auch deutsche Flughäfen für ihre Kriegsführung zu nutzen, hat sie sich der Mittäterschaft bei der Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges schuldig gemacht. Nach Artikel 3 der UN-Aggressions-Resolution gilt als Angriffshandlung, wenn ein Staat es zulässt, "dass sein Hoheitsgebiet, das er einem anderen Staat zur Verfügung gestellt hat, von diesem dazu benutzt wird, Angriffshandlungen gegen einen dritten Staat zu begehen".

Nach § 138 Abs.1 Ziffer 1 des Strafgesetzbuches sind alle Deutschen berechtigt und unter Strafandrohung sogar verpflichtet, Anzeige gegen die Bundesregierung zu erstatten: "Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung (1.) einer Vorbereitung eines Angriffskrieges (§ 80) zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Da die USA ohne ein eindeutiges UN-Mandat den Irak angegriffen hatten, und da der Klageweg gegen die Bundesregierung nach der Erfahrung anderer Kläger sehr langwierig und Gefahr im Verzug war, habe ich mich zu der oben geschilderten Aktion direkten zivilen Widerstandes entschlossen. (...)
 

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