Filmbesprechung

Everyday Rebellion

von Christine Schweitzer

Am 11. September ist der Dokumentarfilm „Everyday Rebellion – The Art of Change“ in die deutschen Kinos gekommen. Erstellt von den österreichischen Filmemachern Arash T. und Arman T. Riahi, beschreibt der Film in fast zwei Stunden verschiedene Formen kreativen gewaltfreien Protest in verschiedenen Ländern.

Durch Originalbilder verschiedener Aktionen, Interviews mit AktivistInnen und Aufnahmen von Aktionsvorbereitungen entwickelt der Film ein Kaleidoskop unterschiedlicher Aktionen und Aufstände – von Occupy und den spanischen Indignados von 2011 über Iran, Syrien, Ukraine, Ägypten und Türkei. Eine besondere Rolle nehmen dabei immer wieder die Aktionen der Frauengruppe Femen ein, deren Aktivistinnen von der Ukraine bis nach Westeuropa begleitet werden. Umrahmt werden die Episoden mit Interviews mit Personen, die sich wissenschaftlich bzw. als Trainer mit zivilem Widerstand befassen: Erica Chenoweth vom ICNC und Srda Popovic der serbischen Organisation CANVAS. (1)

Der Film ist spannend und kurzweilig, und auch wenn FriedensaktivistInnen vielleicht vieles schon bekannt ist – zumindest die Autorin dieser Besprechung fand trotzdem auch noch neue Informationen in dem Film, etwa, dass Occupy in den USA nicht nur Proteste durchführte, sondern durch den Ankauf von Schulden und deren anschließende Erlassung ganz konkret dabei half, Menschen aus der Schuldenfalle zu befreien. Ebenfalls sehr positiv ist, wie das Thema der Armut und des Widerstands gegen Verarmung zu einem wichtigen Element in dem Film gemacht wurde. Es geht nicht nur um „pro-Demokratie-Bewegungen“, sondern um eine große Bandbreite von Aktionen und AktivistInnen mit sehr unterschiedlichen Anliegen und Vorgehensweisen.

Natürlich gibt es auch Dinge zu kritisieren – Gewaltfreiheit wird nicht weiter thematisiert; sie bleibt bloße Aktionsform. Die Aktionen der Gruppe Femen – Frauen, die auf ihren nackten Oberkörper Slogans schreiben und so bei öffentlichen Ereignissen auftauchen – mögen nicht jedermanns und jederfraus Sache sein. Die enge Kooperation, die die Filmemacher mit CANVAS hatten, anscheinend ohne sich der Vorbehalte vieler AktivistInnen gegen diese Organisation bewusst zu sein, lässt den Wunsch aufkommen, dass sie sich vielleicht vorher umfassender umgehört haben sollten. Aber trotzdem: Schön, dass es diesen Dokumentarfilm gibt.

In der Website zu dem Film (2) heißt es: „Everyday Rebellion will all jenen eine Stimme geben, die sich entscheiden, keine Gewalt anzuwenden bei dem Versuch, ein gewaltvolles System zu verändern. Denn, wie Gandhi sagte: „Zuerst ignorieren sie Euch, dann lachen sie Euch aus, dann bekämpfen sie Euch, und dann gewinnt Ihr.“ Es ist diese Ermutigung, die wir gerade in diesen Wochen, wo die Schreckensmeldungen verschiedener Kriege sich türmen, brauchen können.

 

Anmerkungen
1 Das ICNC (International Center for Nonviolent Conflict) und CANVAS sind Organisationen, die mit Aufstandsbewegungen in vielen Teilen der Welt arbeiten. CANVAS ist aus der serbischen Bewegung Otpor hervorgegangen, die im Jahre 2000 Milosevic in Serbien gestürzt hat. Es geriet unter Kritik, als seinem Leiter Popovic zu große Gesprächsbereitschaft mit US-Geheimdiensten vorgeworfen wurde.

2 http://www.everydayrebellion.net/

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Hintergrund
Christine Schweitzer ist Co-Geschäftsführerin beim Bund für Soziale Verteidigung und Redakteurin des Friedensforums.