Stellungnahme des Präsidiums der deutschen Sektion von pax christi zur Folterpraxis in der US-amerikanischen Armee

Folter darf niemals sein!

von Pax Christi Saar

Aus dem Irak, Afghanistan und Guantanamo Bay erreichen uns Nachrichten von umfangreichen und systematischen Folterungen durch amerikanische und europäische Soldaten: Etwa 200.000 Menschen, Frauen und Männer aller Altersgruppen und Herkünfte, sind allein im Irak über Monate in besonderen Internierungslagern und Gefängnisabteilungen festgehalten worden und werden es noch immer. Es gibt für sie keine Haftbefehle, keine Rechtsbeistände, keine Kontakte zur Außenwelt. Nicht einmal die Angehörigen werden informiert. Menschen verschwinden einfach, weil man sie verdächtigt, "Terroristen" zu sein oder zu ihrem Umfeld zu gehören.

Für Folter aber gibt es keine Rechtfertigung. Folter ist ein elementarer Verstoß gegen dieWürde des Menschen. Wer die Voraussetzungen für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit schaffen will, kann dies nicht mit Mitteln tun, die im Widerspruch zu den beabsichtigten Zielen stehen. In dramatischer Weise machen die Enthüllungen deutlich, dass Folter kein individuelles Versagen einzelner Soldaten aus unteren militärischen Rängen darstellt. Immer mehr rückt die US-amerikanische Regierung in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung. Die Frage drängt sich auf, ob die Regierung bestimmte Verhörmethoden und Folterungen nicht nur geduldet, sondern sogar angeordnet hat. Es besteht der Verdacht, dass es sich nicht um Exzesse von Militärpersonal handelt, die jetzt nach und nach aufgedeckt werden, sondern dass diese Praktiken geplant waren.

Dies steht in einem fundamentalen Widerspruch zum Völkerrecht und zu den moralischen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft. Es darf keine völkerrechtlichen Grauzonen geben. Der Terrorismus ist keine Legitimation für rechtlose Verhältnisse. Westliche Demokratien müssen ihre Werte glaubwürdig vertreten oder sie gefährden durch die bekannten Ereignisse diesen Anspruch.

Pax christi appelliert in dieser Situation an die Bundesregierung, gegenüber der US-amerikanischen Regierung unmissverständlich deutlich zu machen, dass Folter niemals ein Mittel zur Durchsetzung demokratischer Ziele sein darf. In gleicher Weise hat die Bundesregierung gegenüber all den anderen Partnern auf internationaler Ebene, die im Verdacht stehen, Folter als Mittel zur Terrorabwehr einzusetzen, deutlich zu machen, dass die Vorwürfe aufgeklärt und im Falle einer Bewahrheitung unmissverständlich verurteilt werden.

Folter ist mit den Menschenrechten unvereinbar. Eine Politik, die sich den Menschenrechten verpflichtet weiß, muss allen Versuchen widerstehen, Folter als Mittel zum Zweck zuzulassen.

Bad Vilbel, den 28.6.2004

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