Gegen den Einsatz von Kindersoldaten und Minderjährigen - auch bei der Bundeswehr

Red Hand Day

von Ulrich Rodewald

250.000 Mädchen und Jungen werden weltweit in Konflikten als SoldatInnen missbraucht. Am 12. Februar 2002 trat das Fakultativprotokoll über die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten zur UN-Kinderrechtskonvention in Kraft. Seitdem wird dieser Tag als "Red Hand Day" begangen.     

An diesem Tag fordern Menschen auf der ganzen Welt mit roten Handabdrücken, dass es keine KindersoldatInnen mehr geben darf.

Im Deutschen Bündnis Kindersoldaten (1) haben sich u.a. folgende Organisationen zusammengeschlossen: Aktion Weißes Friedensband, Amnesty International, Deutsches Jugendrotkreuz, Kindernothilfe, Lutherischer Weltbund, missio, Netzwerk Afrika Deutschland, Plan International, Quäker-Hilfe Stiftung, terre des hommes, UNICEF Deutschland, World Vision. Gemeinsam mit ihnen forderte der Friedensrat Markgräflerland am Stationierungsort des Stabes der Deutsch Französischen Brigade in Müllheim:

1. „straight 18“:
Kinder unter 18 Jahren dürfen weder freiwillig noch zwangsweise rekrutiert oder als SoldatInnen eingesetzt werden. Dies gilt unabhängig von der Funktion und davon, ob sie eine Waffe tragen. Alle Mädchen und Jungen unter 18 Jahren müssen aus Armeen und bewaffneten Gruppen entlassen werden. Auch dürfen unter 18-Jährige prinzipiell nicht für Armeen oder bewaffnete Gruppen geworben werden. Dies gilt auch für die Bundeswehr, die weiter 17-Jährige rekrutiert und bei SchülerInnen wirbt.

2. Bestrafung der Verantwortlichen:
Personen, Staaten und bewaffnete Gruppen, die Kinder rekrutieren und als SoldatInnen einsetzen, müssen öffentlich benannt und bestraft werden.

3. Versorgung, Schutz und politisches Asyl:
Ehemalige KindersoldatInnen müssen medizinisch und psychologisch versorgt werden. Sie müssen eine schulische bzw. berufliche Ausbildung erhalten. Das gilt insbesondere für diejenigen, die als Flüchtlinge in Industrieländer wie Deutschland kommen. Sie müssen Schutz und politisches Asyl erhalten.

4. Mehr Geld für Hilfsprogramme:
Die staatlichen und internationalen Finanzmittel für Präventions- und Reintegrationsprogramme für KindersoldatInnen müssen deutlich erhöht werden.

5. Stopp von (deutschen) Waffenexporten:
Es dürfen keine Waffen (besonders Kleinwaffen), Einzelteile oder Munition in Krisenregionen exportiert werden, in denen es KindersoldatInnen gibt. Dies gilt besonders für Deutschland, den weltweit drittgrößten Waffenexporteur.

6. Friedenserziehung fördern:
Friedenserziehung sollte verbindlich in Lehrplänen und der Lehrerausbildung verankert werden.

Aktion in Müllheim
Bei der Diskussion um unser Auftreten vor der Kaserne der Deutsch-Französischen Brigade stießen wir auf manchen Widerspruch. (2) In dem Fakultativprotokoll über die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten wird ausdrücklich betont, dass "im Sinne des Übereinkommens ein Kind jeder Mensch ist, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat". Deutschland hat dieses Protokoll zwar unterzeichnet, aber gleichzeitig von der einschränkenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, "dass der Beginn des freiwilligen Dienstes als Soldatin oder Soldat in den Streitkräften der Bundesrepublik Deutschland vom vollendeten 17. Lebensjahr an zulässig ist". (3)

Und so kommt es zu solch absurden Situation, dass zwar auch die Kinderkommission des Bundestages sich an Aktionen zum "Red Hand Day" beteiligt und es dabei fertig bringt, von den über 2.000 minderjährigen Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr zu schweigen.

Wie es überhaupt auffällig ist, dass PolitikerInnen, die sich nicht vor dem Einsatz kriegerischer Gewalt scheuen, am Red Hand Day ihr Herz für Kinder entdecken.

1999 kündigte die damalige Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul (SPD) an, dass die entsprechende Rechtsgrundlage im Einklang mit dem Verteidigungsministerium geändert werden solle, so dass Minderjährige zukünftig nicht mehr zur Bundeswehr dürften; 2017 erklärte die SPD Fraktion, "Minderjährige gehören nicht an die Waffe" (4), aber geändert hat sich bisher an der Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr nichts. Im Gegenteil. 1999 waren es 250 17-Jährige, die in der Bundeswehr zum Kriegführen ausgebildet wurden, 2017 waren es 2.128.

Der Friedensrat Markgräflerland hat den diesjährigen "Red Hand Day" zum Anlass genommen, die allgemeinen Forderungen dieses Tages zu konkretisieren und bei der Deutsch-Französischen Brigade um Information gebeten, wie viele Minderjährige in diesem militärischen Großverband Dienst tun.

Beim deutsche Anteil, so lautete die Antwort der Pressestelle, waren es 27. Für den Friedensrat Markgräflerland 27 Argumente, um darauf aufmerksam zu machen, dass 17-Jährige zwar nicht für fähig gehalten werden, an den Wahlen zum Bundestag teilzunehmen, der Bundestag selbst allerdings diese jungen Menschen für fähig hält, für den Krieg ausgebildet zu werden.

In der Region entspann sich durch die Aktion des Friedensrates auch eine öffentliche Diskussion um die Problematik des Einsatzes von Minderjährigen als SoldatInnen. Mancher war zunächst versucht, die damit verknüpften sozialen und politischen Fragen hinter der formalen juristischen Auseinandersetzung um den Jugendschutz zu verstecken.

Und auch hier kamen wir vom Friedensrat nicht umhin zu betonen, dass der beste Schutz von Kindern und Minderjährigen vor Beteiligung an Kriegen ist, zivile Konfliktlösungen zu befördern, statt immer neue Krieg anzuzetteln. Und wir brauchen dazu - nicht nur von den im Deutschen Bündnis Kindersoldaten versammelten Organisationen - Engagement für den Frieden über den Red Hand Day hinaus.

Anmerkungen
http://www.kindersoldaten.info/Jugendschutz.html

2 Bericht über den Red Hand Day in Müllheim auf der Friedensratsseite: http://www.friedensrat.org/pages/aktionen/2018/red-hand-day.php

3 http://www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar54263anlage1-dbgbl.pdf

4 https://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/minderjaehrige-geho...

Ausgabe

Rubrik

Initiativen