Elmar Schmähling (Flotillenadmiral a. D.)

Redebeträge der Auftaktekundgebungen: Ost (Bonn-Beuel, Wasserwerk)

von Elmar Schmähling

Heute erleben wir in Deutschland eine neue Gewaltbereit­schaft des Staates, nach innen wie nach außen.

Die Einschränkung von Grundrechten und das Streben nach weltweiter Militärmacht kennzeichnet diese Politik. Krieg soll wieder ein Mittel egoistischer Machtpolitik sein.

Die Bundeswehr ist nach dem Wegfall jeglicher militärischer Bedrohung Westeuropas ohne Feind, ohne Legitimation und ohne glaubhaften Auftrag.

Die Bundeswehr soll nach dem Willen der Bundesregierung künftig deutsche Interessen, wirtschaftliche und politische Interessen mit militärischer Gewalt durchsetzen.

Dafür muß die Beschränkung des Grundgesetzes auf Vertei­digung fallen.

Die UNO als Dach für deutsche Kampfeinsätze ist längst als Mogeletikett entlarvt.

Die CDU will, daß deutsche Soldaten unter deutschem Kom­mando ohne den Auftrag oder Segen der UNO in aller Welt Kriege führen dürfen. Das ist ein Verstoß gegen die UN-Charta und damit Völkerrechtsbruch.

Eine solche Politik des vorsätzlichen Rechtsbruchs ist eine Zumutung für deutsche Soldaten, die in Kampfeinsätzen au­ßerhalb eines UNO-Mandats von vornherein zu Straftätern würden. Hinzu kommt: In jedem modernen Krieg werden An­greifer zwangsläufig zu Kriegsverbrechern. Die Wirkung mo­derner Waffentechnik auf Menschen und Infrastruktur kom­plexer und vernetzter Gesellschaften machen jeden Interven­tionskrieg zum vorbedachten und systematischen Bruch der Genfer Konvention.

Seit dem verbrecherischen Bombenterror gegen Guernica, Dresden und Coventry richtet sich die mörderische Zerstö­rungsmaschinerie moderner Armeen zuerst gegen die Bevöl­kerung und deren Lebensgrundlagen des Feindes.

Wer solche Kriegseinsätze plant und vorbereitet, begeht eine Straftat.

Worauf bereitet sich die Bundeswehr vor?

General Naumann ist bisher eine Erklärung dazu schuldig geblieben. Welche militärischen Aufgaben leitet er aus dem "Einwanderungsdruck verelendeter Massen" ab? Welche aus dem möglichen "Staatsterrorismus" in Nordafrika? Welche aus den Bürgerkriegen in und außerhalb Europas? Wir müssten mit Krieg zur "Sicherung, Schaffung und Erhaltung des Frie­dens" beitragen, Herr Schäuble? Bomben, Granaten, Massen­mord und Umweltvernichtung zur "Vorbeugung, Eindäm­mung von Konflikten jeder Art, Herr Naumann? "Frieden schaffen mit weniger Waffen", Herr Kohl?

Dieses "Frieden schaffen", das bedeutet Schaffen von Fried­hofsruhe, damit unsere "Weltordnung" der Ausbeutung und Unterdrückung erhalten bleibt.

Aber müssen wir verfolgte und gequälte Menschen nicht ge­gen Gewalt schützen?

Ja, aber Gewalt ist dafür kein taugliches Mittel. Gewalt gegen Gewalt ist wie Feuer gegen Feuer. Mit Krieg und Terror läßt sich Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung nicht herbeibomben.

Militärische Gewalt als ultima ratio gegen die Hitler und Sad­dam Husseins dieser Welt? Mit der Ermordung unschuldiger Menschen und der Verwüstung ihrer Wohnungen und Ar­beitsplätze?

Warum keine politisch moralische Isolation und warum kein Embargo für Waffen und militärische Aufrüstung der Diktato­ren vorher?

Diese Regierung verstärkt ihre vor den Bürgern geheimge­haltene Politik des rücksichtslosen Waffen- und Rüstungsex­ports. Erst rüstet sie autoritäre Machthaber in den sogenannten Krisenregionen aus, dann schickt sie Soldaten hin, zum Töten und Sterben durch deutsche Waffen.

Als Soldat und Staatsbürger in Uniform fordere ich die Sol­daten auf, sich auf ihre gesetzliche Pflicht zu besinnen. Sie machen sich bei Kampfeinsätzen strafbar.

Sie können sich nicht auf Befehle oder den politischen Auf­trag ihrer Regierung berufen, wenn sie schließlich - falls sie überlebt haben - vor einem Kriegsgericht stehen. Jeder Soldat ist - wie der Mauerschütze - für seine persönlichen Handlun­gen verantwortlich.

Ich frage die wehrpflichtigen jungen Männer, ob sie wirklich bereit sind, künftig auch für wirtschaftliche oder politische Interessen zu töten.

Ich bitte die Angehörigen von Soldaten und Wehrpflichtigen, darüber nachzudenken, ob es wirtschaftliche oder politische Inter­essen wert sind, das Leben ihrer Partner, Söhne und Brü­der zu opfern.

Ich fordere die Abgeordneten des deut­schen Bundestages auf, jeder Grundge­setzänderung und jedem Versuch des Ver­fassungsbruchs mit dem Ziel, Kampfein­sätze deutscher Sol­daten zu erlauben, eine Absage zu erteilen.

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Elmar Schmähling (Flotillenadmiral a. D.)