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Einleitung
Streifzug durch den Rechtspopulismus in Europa
vonSeit der Koalition der Österreichischen Volkspartei ÖVP, jetzt „Neue Volkspartei“, mit der populistischen, rechtsextremen FPÖ im Jahr 2017 droht auch Österreich eine illiberale Demokratie zu werden. Zahlreiche öffentliche Skandale, wie z.B. Liederbücher mit Naziliedern bei schlagenden Burschenschaften, förderten die Normalisierung von rechtsextremen Ideologien, wie autoritärer Führungsstil, traditionelle Geschlechterpolitik, historischer Revisionismus und abgeriegelte Grenzen, so die Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak. Der Schutz der nationalen Identität ist ein politischer Dauerbrenner in mittlerweile vielen europäischen Ländern, wie aktuell in Ungarn und anderen illiberalen Demokratien. Autoritäre Akteure und rechtspopulistische Parteien betreiben den Abbau von Rechtsstaatlichkeit durch Verfassungsänderungen und Wahlrechtsmodifikationen: Dort schwächt die Orbán-Regierung mit der Einleitung von Reformen gezielt das Verfassungsgericht und die Gewaltenteilung. In Polen werden Richter des Obersten Gerichts in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Nicht etwa, wie von der regierenden PiS (für „Recht und Gerechtigkeit“) behauptet, um den Staat von postkommunistischen Strukturen zu säubern, sondern um ungehindert Wahlrechtsänderungen durchzusetzen. Verfassungsändernde Mehrheiten sind das Ziel.
Bemerkenswert ist auch die zunehmende europäische Kooperation rechtsradikaler Akteure verschiedener Nationalitäten. Ein Beispiel ist der Austausch der neonazistischen Musikszene bei gemeinsamen Konzerten oder die Identitäre Bewegung (IB). Der IB geht es um eine „Befreiung Europas von nichteuropäischen Immigranten“ (siehe Christine Schweitzers Artikel). Kern all dieser Ideologien ist die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (vgl. Studie Heitmeyer 2002-2011). Sie ist Kennzeichen von vielfältigen Formen menschenverachtender Verhaltensweisen und rechtsradikaler Strategien.
Die gesellschaftlichen Ursachen und Motivlagen für die rechtspopulistischen Entwicklungen stimmen in den europäischen Ländern überwiegend in ihrem Grundmuster überein. In der Wiener Wochenzeitung „Falter“ spricht der deutsche Politologe Philip Manow von einer Kombination aus Sozialstaatswandel und Migration, die beide als bedrohlich erlebt werden.
Der Protest richte sich gegen die grenzüberschreitende Bewegung von Gütern und Geld (Globalisierung), gegen grenzüberschreitende Bewegungen von Personen (Migration) sowie gegen eine als prekär wahrgenommene soziale Gerechtigkeit. (2) Deshalb stoßen rechtspopulistische Diskurse auch auf das Interesse einer breiten Bevölkerung. Rechtsradikale Deutungsmuster fallen dann auf fruchtbaren Boden, wenn Wut, tiefe Enttäuschung, Zukunftsängste wie auch Entmutigung zunehmen. Hass erfahren die etablierten politischen Eliten, „die da oben“. Gerade hier ist die Politik mit demokratischen Gegenstrategien gefragt. Unerlässlich ist auch die Mobilisierung von sozialen Bewegungen sowie das Engagement von politischen Initiativen in zivilgesellschaftlicher Anstrengung.
1 Holtmann, Everhard: Völkische Feindbilder. Ursprünge und Erscheinungsformen des Rechtspopulismus in Deutschland. Hrsg.: bpb, Bonn 2018
2 Interwiev von Nina Noraczek mit Philip Manow: Populismus ist Protest gegen Globalisierung, in: Falter 10/2019, Falter Zeitschriften GmbH, Wien