Ein Rückblick

Widerstand gegen den Falkland-Krieg

von Bill Hetherington

Vor dem März 1982 hatten die meisten Leute in England noch nie von den Falkland-Inseln gehört. Dann wurden in einem zehnwöchigen Krieg 900 Soldaten getötet.

Der Falkland-Archipel war bis ins späte 17. Jahrhundert unbewohnt, als Menschen aus Französisch-Kanada die Inseln besiedelten und sie Malouines nannten, nach St. Malo. In den nächsten 140 Jahren wechselten sich französische, britische und spanische Siedlungen ab bzw. überlagerten sich. 1833 beanspruchte Großbritannien Souveränität über die Inseln und eine andauernde Besiedlung durch Briten begann. 1982 lebten rund 1800 Menschen auf den Inseln. (Siehe auch den Beitrag von Jörgen Johansen in diesem Heft.)

Als die argentinische Junta von General Leopoldo Galtieri, die 1976 durch einen Putsch an die Macht gekommen war, anfing, Unterstützung durch ihren „schmutzigen Krieg“ gegen die eigene Bevölkerung zu verlieren, entschied sie sich für das populistische Ziel der „Rückgewinnung der Malwinen“. Am 2. April 1982 landete überraschend eine argentinische Invasionstruppe und übernahm die Kontrolle – eine Verteidigung durch die kleine britische Militärpräsenz war nicht möglich.

Margaret Thatcher, britische Premierministerin seit 1979, hatte auch Schwierigkeiten; ihr rechtsgerichteter Monetarismus war unpopulär. In einer eigens einberufenen Sitzung am Samstag begeisterte sie das Parlament dafür, eine schnell zusammengestellte maritime und militärische Task Force auf die 8000-Meilen-Reise zu schicken, um „die Falkland-Inseln zurückzuerobern“. Menschenmengen schwangen Fahnen in Portsmouth, als die Schiffe zwei Tage später ablegten. Unterdessen hatte der UN-Sicherheitsrat die beiden Regierungen aufgerufen, „eine diplomatische Lösung ihrer Differenzen zu suchen“, aber er dachte nicht daran, die Einwohner der Falkland-Inseln selbst in Verhandlungen mit einzubeziehen.

Antwort der Friedensbewegung
Die Peace Pledge Union (PPU) begann ihre eigenen Verhandlungen mit dem Ziel einer gemeinsamen Erklärung von britischen und argentinischen PazifistInnen. Dies stellte sich als unmöglich heraus. Der am leichtesten zugängliche argentinische Pazifist, Adolfo Perez Esquivel, Friedensnobelpreisträger von 1980, verurteilte das militärische Vorgehen beider Seiten, aber weigerte sich, ein Statement zu unterzeichnen, das den argentinischen Anspruch zugunsten von Selbstbestimmung der Inselbewohner zurückwies. Die PPU veröffentlichte daraufhin eine Erklärung gemeinsam mit dem britischen Versöhnungsbund, in der sie die Kämpfe beider Seiten verurteilten und fragten, ob historische Argumente bezüglich rechtlichen Besitzes wichtiger seien als die Sichtweise der Einwohner. „Wir sind mehr an den Wünschen der Menschen, ihr eigenes Leben zu organisieren, interessiert, als daran, wessen Fahne über einem bestimmten Stück Land weht“. Diese Erklärung bekam dann eine globale Dimension durch die Mitunterzeichnung durch die War Resisters International und den Internationalen Versöhnungsbund.

Ein Ad-Hoc-Komitee für Frieden auf den Falkland-Inseln wurde gegründet, an dem sich breite Kreise der britischen Friedensbewegung beteiligten. Die Campaign for Nuclear Disarmament machte mit angesichts der Annahme, dass einige Kriegsschiffe angeblich Atomwaffen transportierten. Die Campaign Against Arms Trade dokumentierte, wie viele Waffen Großbritannien an die argentinische Junta geliefert hatte. Das Ad-Hoc-Komitee organisierte Demonstrationen in London, und lokale Initiativen veranstalteten Treffen, Mahnwachen und andere Ereignisse im ganzen Land, besonders am 1. Mai, der von der PPU als Aktionstag ausgerufen worden war. Die PPU wurde die Hauptquelle für Flugblätter für all diese Aktivitäten; freiwillige Fahrradkuriere brachten sie wortwörtlich noch feucht von der Druckerei zu Aktionen auf dem Parlamentsplatz. Das Flugblatt wurde ständig überarbeitet, als die ersten Warnungen über die Folgen militärischer Aktionen durch die blutige Realität ersetzt wurden: ganze Schiffe, die von beiden Seiten in die Luft gesprengt wurden. Margaret Thatcher wurde im Radio von einem Friedensaktivisten wegen ihres persönlichen Befehls kritisiert, ein nach Argentinien zurückkehrendes Schiff zu versenken, das 300 Seeleuten das Leben kostete. Die britische Navy bombardierte auch ein Haus und tötete drei einheimische Frauen – die Argentinier haben keine Inselbewohner getötet.

Gewaltfreie AktivistInnen erhielten Geldstrafen dafür, angebliches Blut auf den Stufen des Verteidigungsministeriums ausgeschüttet zu haben; selbst ein nachgebauter Sarg wurde „festgenommen“. Es wurde berichtet, dass die EinwohnerInnen der Falklandinseln sich weigerten, argentinische Befehle zu befolgen, auf der rechten statt auf der traditionellen britischen linken Seite der Straße zu fahren; auf der anderen Seite gaben sie hungrigen jungen argentinischen Wehrpflichtigen zu essen, die überrascht waren, dass die „Landsleute“, die zu „befreien“ sie gekommen waren, kein Spanisch sprachen. In Argentinien riskierten Adolfo Perez Esquivel und Servicio Paz y Justicia den Ärger der Regierung, weil sie sich, ohne den argentinischen Anspruch zu verurteilen, für Diplomatie statt für militärische Aktion einsetzten. War Resisters‘ International versuchten, gegen den Widerstand der britischen Regierung, ein Einreisevisum für  Esquivel zu bekommen, damit er Großbritannien besuchen und öffentlich über gewaltfreie Alternativen zur Beilegung des Disputs sprechen könnte.

Die britischen Medien ignorierten Antikriegsaktivitäten während des Krieges  weitgehend, aber anschließend gab es so viel Reaktion, dass ein Gottesdienst in der St. Pauls-Kathedrale im Juli, der ursprünglich als „Dankgottesdienst für den Sieg“ geplant war, einen fast büßerischen Ton annahm. Im Oktober veranstaltete Frau Thatcher ihre „Siegesparade“, von der verwundete Soldaten als unpassende Erinnerung an die Realitäten von Krieg praktisch ausgeschlossen wurden. Rund 250 britische Soldaten, darunter zwei 17-jährige und ein dritter Mann an seinem 18. Geburtstag, und rund 650 argentinische, manche vermutlich nur 16 Jahre alt, waren getötet worden.

Die Friedensbewegung war in der Lage, intensive Aktivitäten während des Falkland-Krieges zu entfalten, weil dieser so kurz war – im Gegensatz zu Kriegen der jüngeren Zeit.

Übersetzung: Redaktion.

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Hintergrund
Bill Hetherington war in der beschriebenen Zeit Vorsitzender der PPU.