Eine Woche vor Ostern rufen wir mit unserem Aufruf "Kriege stoppen - Frieden und Abrüstung jetzt! " in mehreren Zeitungen zur Teilnahme an den Ostermärschen 2025 auf. Hilf auch du mit bei der Mobiliserung!
Die schwedische Kampagne gegen das Abkommen über Verteidigungszusammenarbeit zwischen Schweden und den USA
„Zerreißt das Defense Cooperation Agreement“
vonDie Friedensbewegung ist in Schweden immer noch ein Faktor, während die schwedische Regierung eine Aufrüstungspolitik betreibt. Seit dem 19. Jahrhundert neutral, gehört das Land seit März 2024 der NATO an (Zustimmung der Bevölkerung ca. 65%, in Finnland ca. 90%). Schwedische Kampfflugzeuge nehmen an den NATO-Luftüberwachungsmissionen über den baltischen Staaten teil, im nächsten Jahr soll eine Brigade als Teil der NATO-Operation „Forward Land Forces“ in Lettland stationiert werden. Die Regierung plant, Truppen in Finnland zu stationieren, und erwägt wie Finnland den Kauf von geächteten Anti-Personen-Minen, obwohl beide Staaten bisher vehemente Befürworter des Ottawa-Abkommens von 1994 waren. Selbst eine Stationierung von US-Atomwaffen schließt die schwedische Regierung nicht aus. Das ist das Umfeld, in dem sich die beschriebene Kampagne bewegt. (G. Grünewald)
Im Oktober 2023 wurde bekannt, dass die Regierung im Begriff war, ein Abkommen über 17 US-Stützpunkte in Schweden zu unterzeichnen, das sogenannte Abkommen über Verteidigungszusammenarbeit (Defense Cooperation Agreement = DCA). Es gab einen kleinen Text auf der Website des Verteidigungsministeriums und einige gelegentliche Zeitungsartikel. Aber als wir ernsthaft erfuhren, was vor sich ging, war Eile geboten.
- Wir erkannten, dass dies viel größer und weitreichender war, als wir es uns vorstellen konnten.
- Wir lasen und verstanden, dass es so viel mehr beinhaltete, dass Schweden die Selbstbestimmung und einen Teil der Souveränität unseres Landes abgab.
- Wir sahen, dass die amerikanischen Soldat*innen und ihre Familienangehörigen in Schweden Rechte erhalten sollten, die schwedische Bürger*innen nicht haben.
- Wir erkannten, dass die Politiker*innen nicht wollten, dass wir es wissen, damit wir nicht protestieren konnten.
- Wir entdeckten, wollten aber nicht glauben, dass es auch um Atomwaffen in Schweden ging.
- Wir mussten erkennen, dass dies auch eine Bedrohung für die Demokratie in unserem Land war.
Die Regierung unterzeichnete das Abkommen mit den Vereinigten Staaten am 5. Dezember 2023. Vor den Fernsehkameras sahen wir den Verteidigungsminister Pål Johnson zusammen mit seinem amerikanischen Kollegen, die beide dabei waren, ein Exemplar des Abkommens über DCA zu unterzeichnen. Dann schaut Pål Johnson auf, blickt zu seinem Kollegen hinüber, um zu sehen, wo er seine Unterschrift setzen soll ... und das tut er auch. Ein bezeichnendes Bild der Unterwerfung unter die USA und damit der Militarisierung Schwedens, die mit der NATO-Mitgliedschaft begann.
Schweden gewährt den USA Zugang zu 17 Militärbasen und Truppenübungsplätzen, verstreut in ganz Schweden. Schweden muss für die Aufrüstung dieser Gebiete zahlen. Die USA erhalten das Recht, auf diesem Gelände eigene Anlagen zu errichten, zu denen das schwedische Militär keinen Zugang hat, so dass wir nicht wissen, was dort gelagert wird, z.B. Atomwaffen, wenn die USA es wollen!
Die Mobilisierung gegen das Abkommen begann
Das Abkommen war unterzeichnet, musste aber noch vom schwedischen Parlament ratifiziert werden. Es war noch Zeit zu reagieren, aber wie? In Göteborg nahm ich an einem kleinen Treffen teil, das die Schwedische Gesellschaft für Frieden und Schiedsgerichtsbarkeit (SPAS) jeden ersten Samstag im Monat veranstaltet - aber wie sollte man über DCA sprechen, wenn keine Zeitung darüber schrieb, wenn niemand wusste, was vor sich ging? Wir trafen nur eine einzige Person, die von der DCA-Bedrohung gehört hatte, von vielleicht 100, mit denen wir bei der Verteilung von Flugblättern sprachen!
Anfang Januar wurde von der kleinen Organisation „Folk och Fred“ (Menschen und Frieden) ein Web-Meeting organisiert. Es nahmen Menschen aus Finnland und Dänemark teil, die sich in einer ähnlichen Situation wie Schweden befinden, sowie aus Norwegen, das bereits im Sommer 2022 ein DCA-Abkommen über vier Basen unterzeichnet hatte. Während des Treffens wurde der Vorschlag unterbreitet, in Schweden ein Referendum über DCA zu fordern. In der darauffolgenden Woche trafen sich die Interessierten zu einem neuen Web-Meeting - und die Arbeit hatte begonnen! Als die Referendumskampagne ein paar Wochen später offiziell begann, wurde die Petition von 70 Personen von Kiruna im Norden bis Ystad im Süden unterzeichnet. Wir verteilten Unterschriftenlisten und Flugblätter - und die Petition konnte auch digital unterschrieben werden.
Es waren örtliche Aktivist*innen, die die Kampagne starteten. Die großen Friedensorganisationen wie SPAS, die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit ( WILPF), der schwedische Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes (IFOR) und andere waren mit ihrer üblichen Arbeit beschäftigt und teilweise gelähmt durch die Nachricht, dass die staatliche Unterstützung für Friedensorganisationen, die seit 70 Jahren bestand, von der Regierung gerade eingestellt worden war. Die Gruppen von „Frauen für den Frieden“ waren zusammen mit den lokalen SPAS-Gruppen die ersten, die sich aktiv an der Kampagne beteiligten. Unsere „Nein zur NATO“-Bewegung setzte ihre laufende Kampagne gegen die NATO-Mitgliedschaft fort, bezog aber das DCA in die Arbeit ein - zu diesem Zeitpunkt war Schweden aufgrund der Opposition von der Türkei und Ungarn noch nicht als NATO-Mitglied aufgenommen worden.
Frauen für den Frieden und die lokalen SPAS-Gruppen organisierten Informationsveranstaltungen in ganz Schweden. Es gelang uns, lokale Bibliotheken dazu zu bringen, ihre Sitzungsräume für die ersten Treffen zur Verfügung zu stellen - in Lund kamen über 200 Personen, in Halmstad 150 Personen -, so dass Bibliothekar*innen in anderen Städten dasselbe tun wollten. Wir schrieben Beiträge und Diskussionsartikel in lokalen Zeitungen, die veröffentlicht wurden, während die wenigen überregionalen Zeitungen, die es in Schweden gibt, größtenteils für unsere Informationen gesperrt waren. Es ist bemerkenswert, wie wenige journalistische Hintergrundartikel veröffentlicht wurden. Als ein Abgeordneter im Parlament eine Frage über DCA stellte und vom Verteidigungsminister nur eine ausweichende Antwort erhielt, schrieb darüber keine Zeitung. Wir fragten, warum wir in Schweden „öffentlich-rechtliche“ Medien haben, wenn diese Medien der Öffentlichkeit keinen Dienst erweisen!
Die Kampagne dauerte bis zum 18. Juni 2024, als das Parlament beschloss, das Abkommen zu ratifizieren. Dies war die letzte Parlamentssitzung vor der Sommerpause. Zwei kleine Parteien, die Linkspartei und die Grünen, stimmten gegen das Abkommen, während alle anderen Parteien dafür stimmten - ohne dass das Thema unter den Mitgliedern ihrer Parteien diskutiert wurde.
Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts
Die Unterschriftensammlung erreichte knapp über 40.000 Personen, wurde aber weder in den Medien noch in der Parlamentsdebatte erwähnt. Das Meinungsforschungsinstitut Novus, das in der letzten Maiwoche 2024 eine Umfrage über das Wissen und die Meinung der Schweden zum Thema DCA durchführte, kam zu einem klaren Ergebnis: Die schwedische Bevölkerung will keine amerikanischen Stützpunkte in Schweden. Hier sind einige Detailergebnisse:
- Etwas mehr als fünf von sechs Befragten (84 %) sind der Meinung, dass es ausländischen Mächten nicht gestattet sein sollte, Militär- und Kriegsmaterial auf schwedischen Militärstützpunkten ohne schwedischen Zugang zu lagern.
- Etwas mehr als sieben von zehn (72%) sind der Meinung, dass Schweden keine militärischen Kooperationsvereinbarungen eingehen sollte, die auf das Recht verzichten, die Lagerung von Atomwaffen auf schwedischem Boden zu verweigern.
- Nur drei von zehn (29 %) sind der Meinung, dass es ausländischen Mächten erlaubt sein sollte, schwedisches Hoheitsgebiet für Angriffe auf Drittländer zu nutzen, während die Mehrheit - etwas mehr als fünf von zehn (53 %) - dies ablehnt. Etwa jeder Fünfte (18 %) gibt an, keine Meinung dazu zu haben.
- Etwas mehr als drei von vier Befragten (76 %) wissen nicht, was DCA ist.
„Zerreißt das DCA“
DCA ist ein klarer Teil der Militarisierung, die in Schweden und anderen Ländern im Gange ist. Im September 2024 legte die Regierung einen Vorschlag vor, wonach das schwedische Militär für den Umgang mit umweltgefährdenden Gütern bei Übungen keine Umweltgenehmigung mehr beantragen muss. Der Vorschlag stieß auf heftige Reaktionen von Gemeinden und Organisationen, als er zur Konsultation verschickt wurde. Die Regierung hat das Problem jedoch gelöst, indem sie die Frage nicht dem Parlament vorgelegt und eine weitere Debatte riskiert hat, sondern indem sie eine befristete „Verordnung“ erlassen hat, die besagt, dass das Militär keine Umweltgenehmigung beantragen muss. Dies gilt natürlich auch für die Vereinigten Staaten, wenn sich ihr Militär in unserem Land aufhält.
Das Netzwerk für ein Referendum lebt - jetzt unter dem neuen Namen „Menschen gegen DCA - für Frieden, Demokratie und Klimagerechtigkeit“. Wir machen neue Flugblätter, wir sammeln Unterschriften für die Petition „Zerreißt das DCA“. Wir haben uns intensiv gegen die oben erwähnte Verordnung zur Umweltgenehmigung eingesetzt. Das nächste Ziel ist der Aufbau lokaler Widerstandsgruppen an den 17 Standorten in ganz Schweden.
Der Beitrag wurde dem von Guido Grünewald herausgegebenen E-Newsletter „Informationen zur internationalen Friedensarbeit“ entnommen. Er kann bei g [dot] gruenewald [at] t-online [dot] de bestellt werden. Übersetzung aus dem Englischen: Guido Grünewald und DeepL.