Redebeitrag von Maik Schluroff für die Antikriegstagsveranstaltung am 1. September 2017 in Konstanz

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Die gute Nachricht zuerst: Im Jahr 2015 hungerten 170 Millionen. Menschen weniger als 1990. Die schlechte Nachricht: Nach Angaben der Vereinten Nationen galten im Jahr 2015 noch immer 842 Millionen Menschen auf dieser Welt als unterernährt. Man muss kein frommer Christ, Moslem oder Jude sein, um diese Zahl skandalös zu finden. Schließlich ist nach dem Recht auf Leben das Recht auf Nahrung und Zugang zu Trinkwasser das grundlegendste Menschenrecht überhaupt. Der Skandal des weltweiten Hungers wird noch größer, wenn man dem Hunger in der Welt die Rüstungsausgaben entgegenstellt: Kriege sind die ungeheuerlichste Verschwendung menschlicher Ressourcen – ein Beispiel:

Der Wirtschaftsnobelpreisträger Josef Stiglitz hat berechnet, wie viel der Irak-Krieg tatsächlich gekostet hat. Er ist dabei auf die Summe von drei Billionen US-Dollar gekommen. Drei Billionen.

Sie sind kein Banker und können sich das nicht vorstellen? Ich auch nicht. Deshalb habe ich mal nachgerechnet: Ein 50-Euro-Schein wiegt 0,92 Gramm; ein Standard-Güterwagen fasst etwa 25 Tonnen. Wie lang wäre dann ein Zug, der die drei Billionen für den Irak-Krieg in 50-Euro-Scheinen transportieren könnte? Es wären 2200 Waggons, vollgestopft mit 50-Euro-Scheinen!

Aber das ist immer noch schwer vorstellbar. Machen wir es also etwas plastischer: Der Irak hat rund 36 Millionen Einwohner. Drei Billionen, verteilt auf 36 Millionen Einwohner, ergibt rund 83 000 Euro pro Kopf: Für jede irakische Familie also ein Luxushaus, zwei Mercedes, und eine Segelyacht.

Die ungeheuerlichste Verschwendung menschlicher Ressourcen

Deutschland ist der fünftgrößte Waffenexporteur der Welt, nach den USA, Russland, China, und knapp hinter Frankreich. Damit hat Deutschland einen erheblichen Anteil an dieser Verschwendung und dem daraus resultierenden Elend.

Die Waffenfirma Heckler & Koch aus Oberndorf am Neckar ist Europas tödlichstes Unternehmen: Seit der Firmengründung 1949 verloren mehr als anderthalb Millionen Menschen ihr Leben durch eine Kugel aus dem Lauf einer H&K-Waffe, weitaus mehr wurden zeitlebens verstümmelt. Das heißt, alle 14 Minuten verliert ein Mensch sein Leben durch eine H & K-Waffe.

Deshalb kann die Kern-Forderung nur heißen: Waffenexportverbot ins Grundgesetz Ja, man mag schier verzweifeln ob dieser ungerechten, unsinnigen und mörderischen Verschwendung menschlicher Ressourcen. Aber es gibt auch Lichtblicke, nämlich: Führende Ex-Mitarbeiter von Heckler & Koch, Europas tödlichstem Unternehmen, stehen demnächst vor einem Stuttgarter Gericht, weil sie laut Anklageschrift – man höre und staune – „gewerbsmässig und als Mitglied einer Bande … vorsätzlich Kriegswaffen ausgeführt haben“. Dies ist vor allem den jahrzehntelangen Recherchen und den zahlreichen Aktionen der Friedensbewegung zu danken, allen voran Jürgen Grässlin, der auch die Anzeige erstattete.

Dank der Aufklärungsarbeit der Friedensbewegung haben im vergangenen Monat Vorstand und Aufsichtsrat von H&K beschlossen, keine neuen Lieferverträge mit menschenrechtsverletzenden und undemokratischen Ländern abzuschließen. Also beispielsweise Saudi Arabien (H&K hat sein profitables Büro in Saudi Arabien bereits geschlossen) und sogar das NATO-Land Türkei. Kaum zu glauben, aber dieser radikale Politikwechsel wurde von dem neuen Vorstand auf Anfrage bestätigt.

Sicher, das ist nur ein kleiner Schritt. Er zeigt aber, dass beharrliche Arbeit auch etwas erreichen kann. Das kann uns ermutigen. Denn wir wissen: Wir sprechen für die Mehrheit der deutschen Bevölkerung: Kriege sind die ungeheuerlichste Verschwendung menschlicher Ressourcen. Waffenexportverbot ins Grundgesetz.

 

Maik Schluroff ist aktive Friedensinitiative Konstanz.