Redebeitrag für den Ostermarsch Kiel am 16. April 2022

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Wir sind immer noch entsetzt und manchmal sprachlos über den unter Bruch des Völkerrechts geführten Krieg in der Ukraine. Die entsetzlichen Bilder verfolgen uns bis in den Schlaf. Wir wollen uns nicht daran gewöhnen. Auch die Bilder aus den jüngeren Kriegen (Afghanistan, Syrien Jemen) zeigen, Krieg ist ein Verbrechen und gebiert Unrecht

Deshalb waren und sind wir der Überzeugung: Krieg kann kein Mittel der Politik sein. Mit Bertha von Suttner sagen wir: Die Waffen nieder!

Krieg ist auch immer eine Niederlage der Diplomatie. Wir fordern alle Seiten auf, zur Diplomatie und zum Völkerrecht zurückzukehren. Die Kriegshandlungen müssen gestoppt werden – sofort, auf beiden Seiten.

Stattdessen liefern Deutschland und andere Staaten Kriegsgerät in die Region, jetzt wird sogar die Lieferung schweren Gerätes diskutiert. Deutschland ist oder wird damit Kriegspartei in diesem Konflikt! Das ist ein dilettantisches und leichtfertiges Spiel mit dem Feuer. Unsere Solidarität und Hochachtung gilt den italienischen Frachtarbeitern, die sich weigerten, Kriegsgerät für die Ukraine zu verladen.

Die deutsche Haltung trägt nicht zur Deeskalation bei und das beunruhigt uns. Es genügt ein Funke, um Europa in eine apokalyptische Situation zu bringen. Mit den Waffenlieferungen wird der Krieg zunehmend eine militärische Auseinandersetzung zwischen der NATO und Russland.

Der Ukraine-Krieg war für Deutschland willkommener Anlass, ein gigantisches Militärprojekt aufzulegen. Für Projekte, die wegen ihrer Gefährlichkeit und Kosten vorher schwer zu vermitteln gewesen wären

  • F-35 Kampfbomber, zur Aufrechterhaltung der Nuklearen Teilhabe
  • ein superteures neues Raketenabwehrsystem (Iron Dome)
  • bewaffnete Drohnen
  • teure Kriegsschiffe, Hubschrauber  - insgesamt ein gigantisches Konjunkturprogramm für die Militärindustrie. Aber sie sind gefährlich, sinnlos teuer.

Es ist doch Unsinn, zu glauben, dass mehr Waffen die Welt sicherer macht. Unser Problem ist doch nicht, dass es zu wenig Waffen gibt, sondern zu viel.

Das zu schaffende Sondervermögen von 100 Mrd. Euro ist nichts anderes als eine Militarisierung mit Verfassungsrang. Das dürfen wir nicht zulassen. Das sind Steuergelder, das ist unser Geld, das überall gebraucht wird, im Gesundheitswesen, Schulen, zu Armutsbekämpfung, aber zur Entwicklung neuer Technologien wie die Wasserstofftechnologie

Aber das meinte Scholz nicht als er von einer Zeitenwende sprach und sich feiern im Bundestag ließ für diesen Aufrüstungsschub. Gleichzeitig greift man uns schamlos ins Portemonnaie mit ungerechtfertigten Preiserhöhungen bei Lebensmitteln, Energiekosten und allem, was zum Lebensunterhalt wichtig ist.

Zum Glück formiert sich Widerstand, von gewerkschaftlicher Seite aber auch aus dem Bundestag. Der Appell Nein zum Krieg – keine Hochrüstung ins Grundgesetz wurde von 600 mehr oder weniger prominannten Menschen erstunterzeichnet, mittlerweile haben ihn an die 50.000. Menschen unterschrieben.

Wir wollen Abrüstung statt immer mehr Waffen. Es kann nicht sein, dass Parteien, die wir mal als Friedensparteien gewählt haben, jetzt für eine Erhöhung des Rüstungshaushalts und für das 100 Milliarden Projekt stimmen.

Zum Schluss noch eine Bemerkung zu einer beunruhigenden Entwicklung, was die Stimmung in unserem Land angeht: Die verständliche Wut und das Entsetzen über den Krieg in der Ukraine nehmen zu - die grausamen Taten nehmen kein Ende. Unsere Gedanken und unser Mitgefühlt gilt den Opfern auf allen Seiten.

Leider richtet sich die Wut nicht immer an die Verantwortlichen. Die vor allem von den Medien geschürte einseitige Parteinahme in dem aktuellen Krieg führt zu einer zunehmend antislawische und russenfeindliche Stimmung, die teilweise rassistische Züge annimmt. Es ist schon zu Übergriffen und Anpöbelungen von unter uns lebenden russischstämmigen Menschen gekommen. Das dürfen wir nicht zulassen. 

Die diesjährigen Ostermärsche wurden im Vorfeld diffamiert - wegen ihrer vermeintlichen Parteinahme für Russland: Graf Lambsdorff bezeichnete die Ostermarschierer als Fünfte Kolonne Wladimir Putins. Aber wir sind Diffamierungen gewohnt, sie zeigen auch, wie ernst man uns nimmt und wie wichtig wir sind. 

Von den diesjährigen Ostermärschen geht das Signal aus: Wir fordern jetzt und sofort das Ende aller Kampfhandlungen für alle Kriege, die wir derzeit erleben müssen.

Ich schließe mit einem Wort der großen Esther Bejarano:

„Nie mehr schweigen, wenn Unrecht geschieht. Seid solidarisch! Helft einander! 

Achtet auf die Schwächsten! Bleibt mutig!. Ich vertraue auf die Jugend,

ich vertraue auf euch! Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“

Vielen Dank.

 

Benno Stahn ist aktiv beim Kieler Friedensforum.