Redebeitrag für den Ostermarsch Eschwege am 20. April 2019

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Das Friedensforum Werra-Meissner hat sich gegründet. Als hätte der Wunsch nach Frieden in unseren Herzen nur ein wenig geschlafen, kommen wir doch alle irgendwie aus der Friedensbewegung der 80er oder träumen immerhin davon ...

Heute wie damals machen wir uns Sorgen über die zunehmende Militarisierung in den internationalen Beziehungen.

„Wir werden angemessen zurückschlagen...“ wird erklärt, wenn Palästina Raketen auf Tel Aviv abfeuert. Trump erklärt gar nicht lange, er lässt gleich mal feuern, bevor er redet.

Nordkorea droht mit Atombomben, der Iran baut an Trägern für die Bombe. Die Waffen im Iran stammen aus zentralasiatischen Republiken der Ex-Sowjetunion. Laut der in Paris erscheinenden arabischen Wochenzeitung „Al-Watan al-Arabi sind neben Nordkora und China hier auch deutsche Firmen beteiligt, Chinas Rüstungsindustrie wächst und holt technologisch auf. China knallt die sog. Neue Seidenstraße quer durch alle Länder Zentralasiens und Europas ob das einer will oder nicht, um seine rücksichtslose Marktwirtschaft mitten in Europa weiter aufzubauen...

Wir hier in Deutschland ducken uns unter dem dräuenden Unheil weg.

Und wir haben eine Verteidigungsarmee, über die gelacht wird.

Aber das soll sich jetzt ändern: weitere Milliarden – jährlich 2% mehr - sollen in die Rüstung investiert werden, das fordern unsere NATO Bündnispartner.

Wozu Bildung? Kindergärten? Schulen? Sozialer Wohnungsbau? Krankenhäuser, der Aufbau strukturschwacher Gebiete? Humanitäre Hilfe? Hauptsache, die Wirtschaft brummt, und besonders diejenige, die schon immer am Krieg verdient hat.

Rüstungsgüter werden hergestellt um das öffentliche Gut Landesverteidigung zu gewährleisten.

Deutschland zählt zu den wichtigsten Waffenexporteuren der Welt. Gleichwohl sind die deutschen Produzenten von Rüstungsgütern unzufrieden. 2018 konnten sie Rüstungsgüter im Wert von rund 4,8 Milliarden Euro ausführen. Im Jahr zuvor waren es noch 6,2 Milliarden Euro und 2015 fast 7,9 Milliarden Euro. Die Industrie reagiert - und zwar mit Vorwürfen an die Bundesregierung. Denn ohne staatliche Genehmigung dürfen in Deutschland keine Waffen exportiert werden.

Weltweit steigen die Ausgaben für Waffen, Militär, Krieg. Ein neues Wettrüsten ist in vollem Gange. Insgesamt betrugen die weltweiten Militärausgaben im Jahr 2017 rund 1,74 Billionen Dollar.

  1. USA, 610 Milliarden Dollar.
  2. China, 228 Milliarden Dollar.
  3. Saudi-Arabien, 69,4 Milliarden Dollar.
  4. Russland, 66,3 Milliarden Dollar.
  5. Indien, 63,9 Milliarden Dollar.
  6. Frankreich, 57,8 Milliarden Dollar.
  7. Großbritannien, 47,2 Milliarden Dollar.
  8. Japan, 45,4 Milliarden Dollar.
  9. Deutschland, 44,3 Milliarden Dollar.
  10. Südkorea, 39,2 Milliarden Dollar.

Können mit Aufrüstung die Probleme unserer gemeinsamen Welt gelöst werden?

In den Reihen der Friedensbewegung, in der Friedensforschung und auch in den Gewerkschaften werden seit den 1980er Jahren Konzepte entwickelt, wie der Übergang von militärischer zu ziviler Produktion gestaltet werden kann. Diese Konzepte werden nicht umgesetzt, es ist teilweise eher der gegenläufige Trend zu beobachten. Im Zuge des Kriegs gegen den Terror seit 2001 expandierte die Rüstungsindustrie. So stieg der Jahresdurchschnitt des internationalen Handels mit schweren konventionellen Waffen in den Jahren 2005 bis 2009 um 22 Prozent im Vergleich zum Jahresdurchschnitt für die Jahre davor (2000–2004).

Am 12. Dezember 1979 beschlossen die NATO-Staaten in Brüssel die Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenwaffen in Europa Die Friedensbewegung lehnte den Doppelbeschluss insgesamt ab, weil sie die angekündigten Raketen als qualitativ neuen Aufrüstungsschritt für eine offensive Atomkriegsstrategie ansah und das Wettrüsten beider Blöcke beenden wollte. Dieses drohe der politischen Kontrolle zu entgleiten und in einen

Atomkrieg zu münden. Deshalb forderte der Krefelder Appell vom November 1980 den Verzicht auf die Aufstellung neuer Atomraketen, die Abkehr von der militärischen Gleichgewichtsdoktrin und ein atomwaffenfreies Europa.

Vor kurzem kam ich zurück von einer Reise durch Russland, Zentralasien, den Iran, Anatolien, aus den Ländern, in die wir Waffen liefern, um sogenannte Regierungsfeinde zu bekämpfen. Als ich dort die Menschen um Hilfe gebeten habe, für technische Probleme mit dem Motorrad, weil ich verwundet war, Wasser brauchte zum Trinken, Hilfe bei der Verlängerung des Visum... haben sie mir geholfen, ohne zu fragen und ohne Bedingungen. Trotz Hitze und Schnee, kaputten Pisten und mangelnder Infrastruktur: es war großartig, den Menschen in diesen Ländern zu begegnen und sich mit ihnen auszutauschen.

Diejenigen, die unsere Waffen töten sollen, sind unsere Brüder und Schwestern.

Wenn dort Krieg herrscht, haben wir das vor Jahrzehnten mit verursacht durch Eingriffe in funktionierende Systeme...

Wenn die Menschen aus diesen Krisengebieten flüchten, um zu überleben, sind dies auch die Folgen ausbeuterischer Kolonialisierungspolitik.

Wer sich dort auf den IS einlässt und Terroranschläge verübt, hat aus seiner Sicht nichts mehr zu verlieren.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch, Analphabetentum auch. Ausbildung? Ein Arbeitsplatz? Wie sollte ein junger Mann eine Familie ernähren? Sie stehen am Rande der staubigen Pisten, sehen uns durchfahren mit unseren guten Fahrrädern, glänzenden Motorrädern, teurer Ausrüstung, für den Preis eines Motorrad Helms könnten sie mehrere Monate lang leben...

Die jungen Männer, die eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe von Fahrradfahrern, die gemeinsam durch das Gebiet des Wakhan Corridors reisen wollten, angriffen, und vier Menschen brutal töteten, wurden bei der Fahndung erschossen.

Hass und Angst waren noch nie gute Berater.

Was wir brauchen ist der Dialog. Was wir wollen ist eine Kultur der Verständigung.

Die Argumente für höhere Verteidigungsetats sind plausibel, mehr Waffen lösen aber die drängenden Probleme nicht. Deutschland sollte echte Verantwortung übernehmen. „Frieden schaffen ohne Waffen“, zugegeben, der Spruch klingt verdammt altmodisch.

Aber es gäbe ja andere, wirkungsvolle Mittel, jenseits der Milliarden für Aufrüstung. Damit das Leben auch in ärmeren Ländern besser wird, müsste Europa seine Handelspolitik ernsthaft ändern, faire Abkommen mit diesen Ländern schließen, die Wirtschaft mit aufbauen, in Bildung investieren. Die Bundesregierung müsste den Klimawandel nicht mehr nur mit Worten bekämpfen, denn der führt schon heute dazu, dass immer mehr Menschen ihre verdorrten Felder und damit ihre Heimat verlassen.

Wir sind gegen die Aufrüstung in Deutschland. Gegen die Aufrüstung in der EU und in der gesamten Welt.

Es sind unsere Steuergelder mit denen weitere Milliarden in die Rüstung fließen sollen.

Also ist es auch unsere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sich an deren Verwendung etwas ändert.

Wegducken hat noch nie geholfen.

Übrigens, wenn unsere Jugendlichen freitags auf die Straßen gehen um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, Lehrer: geht mit!

Wo besser können die Kids lernen, sich zu organisieren, im Team gute Entscheidungen zu treffen, kompetent zu delegieren, Veranstaltungsplanung zu erlernen, erfolgreiche Pressearbeit zu machen und künstlerische Gestaltung beim Erstellen der Plakate zu realisieren?

Gemeinschaftskunde oder Sozialkunde ist ein Unterrichtsfach, das man etwa ab 1960 an den allgemeinbildenden Schulen in der Bundesrepublik Deutschland einführte. Darin sollen die Gesellschaft, das politische System sowie die Wirtschafts- und Rechtsordnung der Bundesrepublik unter soziologischer, politikwissenschaftlicher, wirtschaftlicher und rechtlicher Perspektive beleuchtet werden. Zudem wird das Ziel verfolgt, zur politischen Bildung der Schüler beizutragen. Wie jetzt?

Die Freitagsdemos passen doch exact in das Schulfach?

Ich wäre dafür, die Freitagsdemos in den Unterricht zu integrieren und dann auch gleich die Friedensbewegung als Projekt mit aufzunehmen

In meiner Rede habe ich übrigens mitunter auch aus dem Internet zitiert.

Hier noch ein Zitat von Udo Lindenberg: "Das ist meine Botschaft an die großen Politik-Deppen da draußen. Krieg ist unnötiger Schwachsinn. Lasst uns gemeinsam aus dem Traum von Frieden endlich eine Tatsache machen“

Wir sind nicht allein. Neue Friedenskooperativen haben sich gebildet. Wir zusammen – eine starke Friedensbewegung im Kollektiv. Mal wieder richtig was bewegen.

Wir träumen vom Frieden in der Welt - Give peace a chance.

Vielen Dank!

 

Margot Flügel-Anhalt ist aktiv beim Friedensforum Werra-Meißner in Eschwege.