Redebeitrag für den Ostermarsch Wedel am 20. April 2019

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

mein Name ist Peer Asmussen und ich engagiere mich in der Seebrücke Kreis Pinneberg.

Die Seebrücke ist ein überparteiliches Bündnis.

Wir haben uns hier im Kreis Pinneberg im September 2018 gegründet, um die Menschen in unseren Städten auf die Tragödie im Mittelmeer aufmerksam zu machen und die verantwortlichen Politiker zum Handeln aufzufordern. Viele von uns waren bisher nicht politisch aktiv. Wir sind Menschen aus allen Schichten und Altersgruppen. Uns eint das Engagement und die Überzeugung, dass kein Mensch dem Ertrinken überlassen werden darf!

Vor ungefähr 5 Jahren, am 03. Oktober 2013, ertranken über 360 Menschen vor Lampedusa. Damals löste dies einen humanitären Aufschrei aus. Die europäischen Staaten verpflichteten sich freiwillig, solche Tragödien in Zukunft zu verhindern. Es wurde die Seenotrettungsmission Mare Nostrum ins Leben gerufen. Eine Operation der italienischen Marine und Küstenwache, zur Rettung von flüchtenden Menschen in Seenot. Doch diese Operation ist Geschichte.

Die Situation heute sieht ganz anders aus. Innerhalb von nur 5 Jahren hat sich die Politik der EU in dieser Hinsicht komplett gewandelt. Dies liegt auch daran, dass Italien zwar Unterstützung bei der Seenotrettung bekam. Leider verhielten sich die anderen EU-Staaten, auch Deutschland, unsolidarisch, wenn es um die Aufnahme von Geflüchteten ging. Solange keine Geflüchteten in Deutschland ankamen, ignorierte man die italienischen Hilferufe. Es ist nicht verwunderlich, dass 2015 der Appell der deutschen Regierung an die anderen EU-Staaten, verhallte. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es hinaus. Dass die Italiener erst eine rechtsnationale Regierung wählen mussten, damit man ihnen in Europa zuhört, ist ein fatales Signal und stärkt die Rechtspopulisten in Europa. Lasst uns den Spieß umdrehen und dem Europa des Egoismus ein Europa der Solidarität entgegensetzen!

Heute werden die Menschen kriminalisiert, die versuchen Menschenleben zu retten. NGO-Schiffe werden durch europäische Regierungen unter fadenscheinigen Anschuldigungen in Häfen festgehalten und am Auslaufen gehindert.

Allen voran der italienische Innenminister Salvini, der persönlich in Panama angerufen hat, um der Aquarius die Flagge entziehen zu lassen.

Die Bedingungen werden für die NGOs immer weiter erschwert. Ehrenamtliche Retter und Retterinnen müssen Angst haben, angeklagt zu werden. In was für einem Europa leben wir momentan? Wie kann es sein, dass sich ein so wohlhabender Kontinent, um jeden Preis weiter abschottet und dafür das Sterben von Menschen in Kauf nimmt?

Wir sprechen von unschuldigen Menschen. Menschen, die der totbringenden Abschottungspolitik der EU zum Opfer fallen.

Menschen aus Lybien, berichten von unsagbaren, unmenschlichen Zuständen, von Folter, Misshandlungen, Vergewaltigung und Sklaverei. Libyen ist daher alles andere als ein sicherer Hafen. Nach internationalem Recht dürfen gerettete Menschen nur in einen sicheren Hafen gebracht werden. Da die EU mit der lybischen Küstenwache zusammenarbeitet, verstößt sie damit gegen internationales Recht und gegen die Menschenrechte.

Laut Aussage des Seenotretters und Hamburgers Dariush, handelt es sich bei der lybischen Küstenwache, um eine Miliz, die von der EU ausgerüstet und finanziert wird. Diese Miliz verdiene doppelt: einerseits an der Schlepperei und andererseits stelle sie die sogenannte lybische Küstenwache. Er räumt auch mit dem Gerücht auf, die Menschen würden freiwillig in die nicht hochseetauglichen Boote steigen. Wer sich weigere einzusteigen, werde von den Schleppern erschossen. Im November 2018 feuerten Angehörige der lybischen Küstenwache mit Gummigeschossen auf Flüchtlinge und 11 Menschen wurden in ein Krankenhaus eingeliefert.

Ende Oktober 2018 kam heraus, dass im Juni ein Schiff der amerikanischen Marine sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig machte und die Hilferufe von 117 Menschen, die sich auf dem Mittelmeer in Seenot befanden, ignorierte. 76 Menschen ertranken. Viele Handelsschiffe verhalten sich derzeit ähnlich, da die Reedereien nicht bereit sind, Verzögerungen und damit finanzielle Verluste, für die Seenotrettung in Kauf zu nehmen. Seit wann ist der europäischen Union der Profit wichtiger als Menschenleben? Einer EU die ein Friedensprojekt sein sollte und dafür ausgezeichnet wurde!

Derzeit befindet sich das Schiff „Alan Kurdi“ mit 63 geretteten Menschen auf dem Mittelmeer und sucht nach einem Hafen. Eine ähnliche Situation haben wir schon über Weihnachten erlebt, als ein Schiff wochenlang nach einer sicheren Bleibe für die Menschen suchte. Wie lange wird es diesmal dauern? In Deutschland haben sich bereits über 40 Kreise, Städte und Kommunen bereit erklärt, die Menschen aufzunehmen. Horst Seehofer muss nur sein Einverständnis geben.

Im Bundestag haben sich in einem „Osterappell“ über 200 Abgeordnete der Fraktionen CDU, SPD, FDP, Grüne und Linke an Horst Seehofer gewandt und den Innenminister aufgefordert, die zivile Seenotrettung zu unterstützen und eine Aufnahme der Menschen in Deutschland und in der EU zu ermöglichen.

Unsere wochenlagen Seebrücken-Proteste scheinen endlich Wirkung zu zeigen! Nun ist es umso wichtiger, dass wir weiterhin unsere Stimme erheben und auf die Straße gehen!

Wir leben in Freiheit, Wohlstand und genießen immer noch die Vorzüge einer der stabilsten Demokratien auf diesem Planeten. Wie oft wird mir gesagt, ich solle aufhören, mich für die Nöte anderer einzusetzen. Anderer die vermeintlich meines Engagements nicht würdig wären oder die sich selbst helfen sollten, da sie keine Menschen wie du und ich wären. Wie oft versuchen Menschen mir einzureden, ich wäre nicht verantwortlich, dass Menschen ertrinken. Sie sagen, wir wären nicht verantwortlich für Hunger oder Krieg. Diesen Menschen sage ich: Weil ich die Privilegien in diesem Land und in Europa, genieße, trage ich eine Verantwortung. Unsere Aufgabe ist es, von unserer Verantwortung auch Gebrauch zu machen und uns zu engagieren, um die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen. Ich möchte meinen Kindern und Enkeln später nicht kleinlaut sagen müssen, dass ich von nichts gewusst hätte oder mir meine Karriere oder mein Konsum wichtiger waren.

An der Situation im Mittelmeer entscheidet sich die Frage, ob unser Kontinent ein Kontinent der Menschlichkeit oder der Unmenschlichkeit werden wird. Ich könnte mich morgens nicht mehr im Spiegel ansehen, wenn ich hier nicht Position beziehen würde. Ich bin dankbar, dass ihr das offensichtlich genauso seht und deshalb heute hier seid!

Es ist wichtig, dass wir hier in Schleswig-Holstein unsere Bürgermeister, Kreispräsidenten und Landräte dazu bewegen, Stellung zu beziehen und zu handeln. Orientieren können wir uns alle an Lübeck, Flensburg und vor allem Kiel, die mit positivem Beispiel voran gehen und ihre Stadt bereits zum sicheren Hafen erklärt haben.

Wir fordern die Kreistagsabgeordneten auf, sich an Ihren Parteifreunden aus dem Bundestag ein Beispiel zu nehmen und den Kreis Pinneberg ebenfalls als sicheren Hafen zu erklären! Das Land Schleswig-Holstein hat ebenfalls schon angeboten, 22 gerettete Menschen aufzunehmen.

Um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen, liegen an unserem Stand frankierte und schon beschriftete Postkarten aus, die ihr an unsere Kreistagsabgeordneten schicken könnt. Kommt vorbei, holt euch eine Postkarte und unterschreibt unsere Petition!

Vielen Dank, dass ihr heute mit uns hier seid!

 

Peer Asmussen engagiere sich in der Seebrücke Kreis Pinneberg.