Redebeitrag für den Ostermarsch Fürth am 22. April 2019

 

- Sperrfrist: 22. April 2019, Redebeginn: 12.30 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Kolleg*innen,
liebe Mitstreiter*innen für eine friedlichere Welt!

Hört uns jemand?

Hören uns die Mächtigen der Welt, die Rüstungslobbyisten, die Politik? Ja - sie hören uns und unsere Mahnungen werden Jahr um Jahr auch wohlwollend von der Presse aufgenommen. All die kleineren und größeren Erfolge der Vergangenheit: Glaubt jemand ernsthaft, dass ohne das Zutun der Zivilgesellschaft Abrüstungsverträge zustande gekommen wären. Der Atomwaffensperrvertrag 1968 und die ABM-Verträge 1972 waren auch Ergebnis der sogenannten 68er-Bewegung. Und – auch wenn die Massenproteste der Friedensbewegung gegen den Nato-Doppelbeschluss 1979 vordergründig zunächst erfolglos blieben: Ohne jene wäre die INF-Verträge 1987 wohl kaum zustande gekommen. Alleine aus höherer Erkenntnis haben damals weder Michail Gorbatschow und erst recht nicht Ronald Reagan gehandelt und die Vernichtung aller landgestützten Flugkörper mit kürzerer und mittlerer Reichweite vereinbart!

Es lohnt sich also, wenn wir auch in diesem Jahr unsere Stimme erheben. Erst recht weil die aktuelle Lage alles Andere als Mut macht:

Rüstung und Krieg statt Entwicklung und Zusammenarbeit?!

Die Stimmen der Verständigung im internationalen Zusammenleben der Staaten werden heute immer leiser – stattdessen regiert das Herumfuchteln mit immer neuen Drohungen. Cyberkriege und ferngesteuerte Waffen lassen Tod und Elend als - nur scheinbar - sauberes Bildschirmereignis erscheinen und Aufrüstung scheint – nahezu unwidersprochen - das Gebot der Stunde.

2% unseres Bruttoinlandsproduktes sollen wir nun endlich in die sogenannte Verteidigung stecken, mit 60 Mrd Euro pro Jahr nahezu eine Verdoppelung der heutigen Ausgaben. Nur mal zum Vergleich: Für Entwicklungshilfe haben wir 2018 gerade mal 0,58 % unseres BIP ausgegeben – und an diesem groben Missverhältnis scheint sich niemand in diesem Land zu stören?!

Wer nach dem Zerfall der Blöcke in den 90er Jahren auf eine friedlichere Welt gehofft hat, sieht sich heute schwer enttäuscht: Ein neues Wettrüsten ist in dieser multipolaren Welt in vollem Gange. Der schwer erkämpfte INF-Vertrag zwischen den USA und Russland steht vor dem Aus. Alle Nuklearmächte rüsten auf. Auch die in Büchel stationierten 20 US-Atomwaffen sollen durch zielgenauere ersetzt werden. Neue Atomwaffen in Europa drohen und mit ihnen der nukleare Overkill. Weltweit steigen die Ausgaben für Krieg und Militär. Die Militarisierung Europas schreitet dramatisch voran. Gleichzeitig exportiert Deutschland weiterhin Rüstungsgüter in Staaten, die Kriege führen und Menschenrechte verletzen, wie z.B. Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate.

Chauvinismus im eigenen Land

Falsche Heilsbotschaften und Chauvinismen bleiben Grundlage für Krieg und Zerstörung. Und daher ist es auch heute wichtig den Blick nicht nur auf den Frieden zwischen Nationen zu legen, sondern auch auf den Frieden im Lande. Und wenn es da seit einigen Jahren eine Partei gibt, die systematisch und mit einigem Erfolg alle Menschen mit Migrationshintergrund verunglimpft, hat das sehr wohl was mit Frieden zu tun. Andere Kulturen haben laut Grundsatzprogramm der AfD hier in Deutschland schlicht keinen Platz. Das bedeutet laut Höcke und Co. nichts Anderes, als dass rund 25% der Menschen bundesweit mit Migrationshintergrund, in Fürth sogar über 33% zu unerwünschten Personen erklärt werden. Nun – die werden natürlich nicht freiwillig gehen – erst recht nicht da sie mehrheitlich einen deutschen Pass besitzen und seit Jahrzehnten hier leben. Das ist der AfD jedoch egal – es zählen hier nur „Biodeutsche“. Was die AfD in letzter Konsequenz daher mit ihrer Diffamierungskampagne gegen MigrantInnen auch im aktuellen Europawahlkampf plant, ist nichts Anderes als deren gewaltsame, kriegerische Vertreibung. Das ist exakt der gleiche Nährboden des Hasses, der zur Rechtfertigung von Kriegen zwischen Nationen dient! Und schon längst wirkt diese Partei in die breite Gesellschaft hinein – sonst wäre so ein unwürdiges, menschenverachtender Gesetzentwurf von Innenminister Seehofer wie jetzt das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ undenkbar!

Zur Bundeswehr

Lasst also die nun wieder drohende Vernebelung unserer Gehirne nicht zu: Genauso wie damals die Behauptung eines drohenden Überfalls der Sowjetunion nach dem zweiten Weltkrieg auf den Westen ist heute die Behauptung einer nicht einsatzfähigen Bundeswehr schlichte Propaganda. An 14 Auslandseinsätzen ist jene derzeit laut eigener Website beteiligt - obwohl der Wortlaut des Grundgesetzes nach wie vor ihren Einsatz nur zur Verteidigung zulässt. Und gleichzeitig wird das Bild von der Karriereschmiede Bundeswehr, vom ganz normalen, sogar besonders familienfreundlichen Arbeitgeber, von der Bundeswehr als Selbstfindungstrip oder Abenteuerspielplatz auf Plakatwänden vermittelt.

Nein! Die Bundeswehr trainiert wie jede andere Armee weiterhin Töten, Gewalt und Unterdrückung im staatlichen Auftrag. Darum ist es auch heute wichtig zu sagen: Nein zum Werben für‘s Sterben – sei es auf Plakatwänden und erst recht nicht in Schulen!

Forderungen

Fürth ist neben Nürnberg und Erlangen in der Region Mitglied der internationalen Initiative „Mayors for Peace“, die sich für die weltweite Ächtung von Atomwaffen einsetzt. Das ist eine wichtige Initiative. Es reicht allerdings keinesfalls aus, wenn sich diese hier darauf beschränkt, alljährlich am 08. Juli ein hübsche grüne Flagge vor das Rathaus zu hängen.

Unsere Forderungen richten sich demnach nicht nur an Regierung und Staatengemeinschaft, sondern  auch an alle Akteur*innen vor Ort:

  • Nein zum Ausstieg aus dem INF-Vertrag!
  • Nein zu Rüstungsexporten der EU in Drittstaaten – egal ob Krisengebiet oder nicht! Legt die Rüstungskonzerne endlich an die Kette!
  • Nein zur Erhöhung der Rüstungsausgaben auf 2% des Bruttoinlandsproduktes.
  • JA zu neuen Abrüstungsverhandlungen!
  • JA zu nachhaltiger Entwicklungshilfe!
  • JA zu einem friedlichen Miteinander der Kulturen und internationaler Solidarität!

Dafür kämpfen wir. Glückauf.

 

Ulli Schneeweiß ist Gewerkschaftssekretär beim ver.di Bezirk Mittelfranken.