Redebeitrag für den Ostermarsch Ausgburg am 3. April 2021

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir vom Klimacamp stehen seit über 270 Tagen für eine klimagerechte Politik hier in Augsburg ein und protestieren dafür Tag und Nacht. Das Thema Klima steht dabei für uns nicht isoliert da, sondern geht mit vielen Themen einher – Sexismus, Rassismus, Systemwandel und Konsum und eben Krieg und Frieden.

Klimagerechtigkeit bedeutet die gemeinsame Verantwortung und die besondere Verantwortung der stärksten Verursacher, bereits verursachte Schäden des Klimawandels wiedergutzumachen und weitere zu verhindern.
Denn die heute spürbaren und die zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels treffen am härtesten diejenigen, die besonders wenig zur globalen Erwärmung beigetragen haben. – Und die größten Verursacher der Klimakrise – zu denen wir ganz massiv dazugehören – haben die meisten Ressourcen, um sich dagegen abzusichern.

Der Klimawandel ist eine Bedrohung für die Sicherheit und Stabilität aller Staaten und Gesellschaften, besonders aber für die Länder, die bereits von Konflikt oder Bürgerkrieg betroffen sind.

Die Verantwortung für diese Kriege liegt keinesfalls nur in den Händen der Menschen dort, sondern auch bei uns, denn durch eine lange Tradition der Ausbeutung, durch unsere Waffenexporte und durch unser unerschöpfliches Verlangen nach Ressourcen aus Konfliktregionen wie Erdöl, tragen Deutschland und andere Industrienationen massiven Anteil daran.

Und um es am Erdöl einmal ganz vereinfacht zu zeigen: Unser Verlangen nach Erdöl befördert Konflikte, unser Verbrauch an Erdöl befördert den Klimawandel und die Klimakrise befeuert wiederum Konflikte. - Ich glaube der Zusammenhang wird deutlich.

Wir stehen heute hier mit verschiedenen Ausgangspunkten – und alle von euch mit eigenem Engagement-Schwerpunkt. Und doch stehen wir hier zusammen denn – wer für den Frieden ist, für die oder den sind auch Klimafragen von Bedeutung.

Der Klimawandel nimmt die Lebensgrundlage vieler Menschen und

  • verschärft so Verteilungskämpfe und verursacht bzw. verstärkt Migrationsbewegungen.

Um das in Zahlen zu verdeutlichen:

Aktuell sind weltweit über 80 Millionen Menschen auf der Flucht, bereits das sind unglaublich viele und es wird bei uns oft von einer Flüchtlingskrise gesprochen.

Expert*innen beschreiben aber, dass bis zum Jahr 2050 geschätzt allein 200 Millionen Menschen auf der Flucht sein werden - nur in engerem Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Und das lässt die reichen Nationen ihr Land zu Festungen ausbauen und führt so zu weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen, Rüstungsanstrengungen und humanitären Katastrophen.

Und um es umgekehrt zu betrachten:

Wer sich besonders für Klimagerechtigkeit einsetzt, muss auch gegen Krieg sein denn

  • Rüstung trägt massiv zu Umweltschäden bei und behindert den Kampf für Klimagerechtigkeit. Staaten stecken immense Mengen an Geld, Rohstoffen und Anstrengungen in die Produktion und den Kauf von Rüstungsgütern. Dabei werden diese Kapazitäten dringend benötigt für eine klima- und sozialgerechte Verkehrswende, für den Ausbau von erneuerbaren Energien oder um ausgelaugte Ökosysteme wieder herzustellen.
  • Und kriegerische Auseinandersetzungen gehen immer mit massiver Zerstörung der Umwelt, Beeinträchtigung der Artenvielfalt, Vergiftung von Wasser und Boden bis hin zur Auslöschung ganzer Landstriche einher. So schädigen sie die Umwelt langfristig und unumkehrbar.

Die Emissionen der Rüstungsindustrie und des Militärs werden gerne totgeschwiegen. Es gibt kaum Daten dazu und wenn geschickt verteilt in verschiedenen Wirtschaftszweigen und das Thema wird im Zuge von CO2-Emissionsverringerungen nie adressiert. Dabei sind diese enorm. Von der Produktion und Instandhaltung von Waffen, Fahrzeugen und Fliegern über deren Kraftstoffverbrauch bei Übungen, im Training und in Einsätzen.
Und während diese Probleme doch eigentlich bekannt und präsent sind, ist in der Politik statt handeln nur Auf- und Verschieben zu sehen.

So verschob der Stadtrat hier in Augsburg seit Beginn des Jahres folgendes:

  • Erst den Beschluss eines CO2-Budgets in Augsburg
  • dann aktuell eine Sondersitzung zum Thema Klimaschutz
  • und auch erst kürzlich durch einen Antrag der bürgerlichen Mitte mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern ein Beschluss, sich einem Städteappell an die Bundesregierung anzuschließen.

In diesem Appell wird von der Bundesregierung gefordert, sich dem ICAN-Atomwaffenverbotsvertrag anzuschließen, einem UN-Vertrag, der es Staaten verbietet, Atomwaffen zu entwickeln und zu besitzen und sie einzusetzen.

– Und das passiert in einer Friedensstadt mit einem deutschlandweit einzigartigen Feiertag dazu, in einer Stadt die weiterhin zu den "Mayors for Peace" (also den Bürgermeister*innen für den Frieden) gehört, einer Organisation, die die Abschaffung von Atomwaffen erreichen will.

Doch offensichtlich: alles nur symbolisch, denn wenn wirklich mal etwas getan werden kann -- so einfach wie ein Apell – dann wird vertagt...

Doch genau so kann und darf es nicht weitergehen.

Unsere Politik hängt so oft daran fest genau so weiterzumachen wie bisher und für einen Wandel braucht sie unglaublich viel Zeit. Manchmal haben wir die Zeit aber einfach nicht.

Klimagerechtigkeit und damit verbunden Abrüstung ist so dringend und trotzdem geht es so langsam voran.

Es braucht also Menschen, die auf die Straße gehen und sagen: Wir können hier nicht verschieben, wir können nicht verzögern. Wir fordern ein, dass gehandelt wird und nicht nur leere Versprechungen getätigt werden.

Dafür braucht es aber auch Aktivist*innen, die bereit sind, an konkreten Punkten Widerstand gegen Krieg und Klimabelastung und fehlenden Handlungswillen der Politiker*innen zu leisten.

Doch nicht alle Menschen können das. Es ist deshalb zwingend notwendig, die Stimme zu erheben, um klarzustellen, dass nur Taten Veränderung bringen und nicht nur Zielsetzungen, die dann vermutlich sowieso nicht eingehalten werden.

Nun ist Krieg sofern er nicht im eigenen Land stattfindet für uns ausblendbar, die Klimakrise allerdings wird alle betreffen, auch hier.

Das heißt der Druck wird immer größer und da das Thema Frieden so eng damit verwoben ist, sind wir mehr denn je in der Situation unser Handeln ändern zu müssen.

Die drohende Klimakrise zwingt uns dazu auch die Abrüstung endlich richtig anzugehen!

Und wenn demonstrieren nicht mehr reicht; wenn wir alle Petitionen unterschrieben, alle Politiker*innen kontaktiert haben; wenn wir laut und unnachgiebig Frieden eingefordert haben. Wenn trotz allem immer noch nicht gehandelt wird?

Wenn uns die Politik und Wirtschaft deutlich machen, dass ihnen all das egal ist, was werden wir tun?

Wie wollen wir als Bewegung damit umgehen? Sind wir bereit mehr zu tun, als all das, was bisher scheinbar nicht ausreicht? Sind wir bereit zivilen Ungehorsam zu leisten und die Verantwortlichen zu blockieren?

Oder werden wir es dabei belassen in dem Wissen, dass wir es versucht haben?

Unsere Themen bedingen sich: Also lasst uns in Aktion gehen!

Ohne Frieden wird es keine Klimagerechtigkeit geben und ohne Klimagerechtigkeit keinen Frieden.

Vielen Dank.

 

Charlotte Lauter ist aktiv beim Klimacamp.