Redebeitrag für den Ostermarsch Bremen am 3. April 2021

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

wir stehen am Beginn einer neuen Systemkonfrontation. Die USA und China stehen sich immer feindlicher gegenüber. Es deutet vieles darauf hin, dass die neue Systemkonkurrenz genauso wie die alte zwischen den USA und der ehemaligen Sowjetunion politisch, wirtschaftlich aber auch militärisch ausgetragen werden wird.

Das hat Konsequenzen für Deutschland und Europa. Europa soll mehr Verantwortung für die eigene Sicherheit übernehmen, weil sich die USA stärker auf die pazifische Region konzentrieren.

Und die EU hat mit Unterstützung von Deutschland und Frankreich begonnen, mehr Verantwortung zu übernehmen. Aber was heißt Verantwortung. Es gibt die Chance, eine neue Konzeption von Friedens- und Sicherheitspolitik zu entwerfen,

  • die an den zivilen Möglichkeiten der EU anknüpft,
  • und Entspannung, Abrüstung und die Beseitigung von Konfliktursachen in den Mittelpunkt stellt.

Aber zur Zeit wird diese Chance nicht genutzt. Die EU und die europäischen Staaten definieren Verantwortung als Fortsetzung des alten Weges. Zurückgehendes amerikanisches Engagement soll durch verstärkte europäische Anstrengungen ersetzt werden.

Unter dem Stichwort European Peace Facility werden von der EU erste gemeinschaftliche Militäreinsätze und Rüstungsexporte organisiert. Mit Hilfe eines europäischen Verteidigungsfonds wird versucht, eine eigenständige europäische Rüstungsforschung voranzutreiben und die Rüstungsindustrie zu europäisieren. Und die überwiegende Mehrzahl der Mitgliedstaaten der EU folgt dem von der NATO ausgegebenen Ziel, 2 % des Bruttoinlandsproduktes für Militär und Verteidigung auszugeben.

Ich glaube, dass es angesichts der veränderten Weltlage richtig ist, dass Europa mehr Verantwortung für Frieden und Sicherheit in Europa und den angrenzenden Regionen übernimmt. Aber es ist falsch, dabei in alte Handlungsmuster zu verfallen. Notwendig ist eine neue europäische Friedenspolitik,

  • die Konfliktursachen bekämpft,
  • die Rüstungsexporte drastisch reduziert,
  • die nachhaltige Entwicklung massiv unterstützt,
  • die ihren Einfluss in der arabischen Welt und den afrikanischen Staaten nutzt, um dort eine friedliche und demokratische Entwicklung zu fördern.

Abrüstung und der Verzicht auf Atomwaffen sind daher nicht nur wichtige Forderungen an Deutschland. Abrüstung und Verzicht auf Atomwaffen müssen auch zur Leitlinie für die EU und die anderen 26 Mitgliedstaaten werden.

 

Joachim Schuster ist Mitglied des Europäischen Parlaments für die SPD.