Redebeitrag für den Ostermarsch Wedel am 16. April 2022

 

- Sperrfrist: 16. April 2022, Redebeginn: 10 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinen und Freunde,

Als ich vor 61 Jahren die ersten Ostermärsche mitmachte, war vieles anders. Aber vieles blieb leider: Kriege werden geführt, Rüstung, die Leid und Elend bringt, wird profitabel produziert, und es drohte und droht bis heute die existenzielle Vernichtung der Natur und allen Lebens durch den Einsatz von Massenvernichtungswaffen. Heute sind die Klimakrise und die Bedrohung durch die weltweite Corona-Pandemie mit katastrophalen Folgen für die Menschheit hinzugekommen.

Der Krieg in der Ukraine in dieser bedrohlichen internationalen Situation ist ein Brandbeschleuniger, objektiv ist er ein verwerfliches völkerrechtswidriges Verbrechen! Putin und die russischen Eliten in Wirtschaft und Politik Russlands sind verantwortlich. Wir fordern von der russischen Regierung ohne Wenn und Aber: Beendet diesen Krieg! Ermöglicht Verhandlungen auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen mit dem Ziel von völkerrechtlich verbindlichen Verträgen!

Dieser Krieg zwischen zwei kapitalistischen Ländern birgt die Gefahr einer weiteren Konfrontation zwischen Völkern auch auf verschiedenen Kontinenten. Gegner wie die Volksrepublik China sind von der Nato längst ins Visier genommen.

Menschen in möglichst vielen Teilen der Welt, aber vor allem in den hochentwickelten kapitalistischen Nato – Ländern, müssen jetzt Verantwortung zeigen und gegen diesen Krieg protestieren.

Fordern wir gemeinsam:

  • Alle kriegerischen Konflikte weltweit stoppen – es sind mehr als 50!
  • Die Waffen nieder! Sofortiger Waffenstillstand in der Ukraine!
  • Stoppt die wahnsinnige Rüstungsproduktion, und die auch in den Betrieben im Kreis Pinneberg! Abrüstung jetzt!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

als wir vor 61 Jahren die Ostermärsche starteten, wussten wir, dass es verdammt dicke Bretter waren, die wir bohren wollten. Allerdings hofften wir auf Besserung noch in unserer Lebenszeit. Wir erlebten und erleben stattdessen die weitere Kannibalisierung der internationalen Verhältnisse. Macht und Profit sind die entscheidenden Faktoren auch bei der Entscheidung über Krieg oder Frieden. Der französische Sozialist Jean Jaures formulierte: „Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen!“ Rechtfertigungsbehauptungen für Kriege sind durchschaubare Lügen und Heuchelei, sie entlarven sich als Missbrauch des Humanismus und der unveräußerlichen Menschenrechte.

Die Lügen der USA, der Nato, und ihrer Verbündeten zur Begründung der Kriege gegen Jugoslawien, den Irak, Syrien und Libyen sind entlarvt.

Nun behauptet Putin die Notwendigkeit dieses Kriegs mit einer kruden Ableitung der Geschichte Russlands und der Ukraine und einer antikommunistischen Denunziation der Nationalitätenpolitik Lenins.

Er versucht den Krieg als Kampf gegen Faschismus in der Ukraine zu legitimieren. Der faschistische Einfluss in der Ukraine ist leider Realität, wie wir aus vielen Beispielen wissen, und er muss überwunden werden. Das bleibt vor allem eine Aufgabe der ukrainischen Bevölkerung mit internationaler Unterstützung.

Das komplizierte Problem des Umgangs mit den entstandenen Volksrepubliken Luhansk und Donezk muss durch Verträge auf der Grundlage des Völkerrechts durch die UNO gelöst werden. Politische Probleme lassen sich nur im Frieden dauerhaft lösen.

Zur Wahrheit der Kriegsursachen gehört das aggressive Einkreisen Russlands durch die NATO, die ständige auch militärische Bedrohung und die Erweiterung der NATO. Die Forderung der Friedensbewegung nach Auflösung der NATO wird auch durch die aktuelle Situation unterstrichen.

Einseitige Darstellungen in vielen Medien unseres Landes vernebeln die tatsächlichen Ursachen und verschweigen Zusammenhänge, so z.B.:

  • Die Sektkorken knallen bei Thyssen-Krupp, Rheinmetall, Krauss Maffei, während Leichenberge wachsen. Mehr als 84 Millionen Flüchtlinge auf der Welt (Stand 11.11.2021, UNO) und inzwischen fast 5 Millionen aus der Ukraine sind Opfer. Die meisten weltweiten Flüchtlinge müssen unter unmenschlichen Bedingungen vegetieren, Nicht wenige bezahlen die Flucht mit ihrem Leben.
  • Die Mineralölindustrie ist ein weiter Profiteur, sie hat nachweislich die höchsten Profitraten seit langem. Nebenbei wird Fracking-Gas aus den USA zum Energie-Exportschlager entwickelt.
  • Kernenergie ist aus Sicht multinationaler Energiekonzerne und ihrer politischen Vertretungen in Regierungen, bei entsprechender Profitrate eine Option.

Auch wenn uns momentan besonders der Krieg in der Ukraine beschäftigt, vergessen wir nicht, was auf die Menschheit zukommen kann. Besonders aus den USA, aber auch aus der EU und dem politischen und wirtschaftlichen Establishment in Deutschland wird ein möglicher Krieg mit China bereits thematisiert und von manchen auch publizistisch vorbereitet.

In den USA werden Szenarien des Krieges in der Ukraine analysiert und zur Vorbereitung nächster Kriege genutzt. Die ökonomischen und politischen Machteliten der USA und der NATO-Länder werden vermutlich die Nutznießer des Krieges in Osteuropa werden. Die Rohstoffe in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und vor allem Russlands bleiben bei denen fest im Visier. Der „Regime Changing“ von einem speziellen oligarchischen Kapitalismus zu einem NATO- hörigen Regime in Russland und der Ukraine sind ihr Plan. US- Präsident Biden hat sich nicht versprochen, als er den Sturz Putins als alternativlos erklärte.

Die aktuelle NATO-Nord- und Osterweiterung kann die Weltlage weiter erschüttern. Es lohnt sich, wissenschaftlich fundierte Beiträge zur Beschreibung neuer Machtszenarien in der Welt zu studieren und zu diskutieren. Aus Erkenntnissen und Wissen kann auch Mut zum Widerstand und zur Aktion erwachsen, das beweisen gerade auch eindrucksvoll Aktivistinnen und Aktivisten der Klimaschutzbewegung.

Jetzt ist nötig, standhaft auf Antikriegs- und Friedenspositionen zu bleiben, diese durch neue Erkenntnisse zu erweitern, größere Teile der Bevölkerung einzubeziehen und das bereits vorhandene Antikriegsbewusstsein miteinander weiterzuentwickeln. Dabei nicht auf Parteien, Institutionen und Parlamente zu hoffen, die es schon richten werden, sondern auf breite Bewegungen, Allianzen und Aktivitäten aller Art zu orientieren.

Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!

Die Hafenarbeiter in einigen Häfen Italiens und Griechenlands zeigen auch einen möglichen Weg: Boykott der Verladung von Kriegsgerät. Unsere Sympathie gehört diesen Kollegen. Wir unterstützen die Initiative der Friedensbewegung in Hamburg, alle Rüstungsexporte im Hafen möglichst zu behindern.

Mit aller Kraft unterstützen wir die noch zaghaften Versuche der IG-Metall, gegen Rüstungsproduktion zu kämpfen. IG-Metall und auch andere fordern Rüstungskonversion hin zu Friedensprodukten.

Wir unterstützen die Forderungen der Friedensbewegung unseres Landes:

  • Stoppt das Programm, mit 100 Milliarden Euro die Bundeswehr noch kriegsfähiger zu machen!
  • Stoppt die grundgesetzwidrigen Waffenexporte in Spannungs- und Kriegsgebiete!
  • Statt neuer Waffensysteme, wie z.B. bewaffnete Drohnen, brauchen wir Luftfilter in allen Schulräumen.
  • Der nächste Covid - Herbst kommt!
  • Alles für das 1,5 Grad Klimaziel. Dafür das Rüstungsprogramm umfunktionieren. 100 Milliarden für unser Klima jetzt!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

unser Freund und Genosse, der Liedermacher Hannes Stütz, verstarb vor kurzem. Er schrieb auch den Song „Unser Marsch ist eine gute Sache!“

Auch in Gedenken an ihn wünsche ich uns einen erfolgreichen Ostermarsch!

 

Heinz Stehr ist aktiv beim Friedensnetzwerk Kreis Pinneberg.