Redebeitrag für den Ostermarsch Sachsen-Anhalt in Dolle am 18. April 2022

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und liebe Friedensfreunde,

ich freue mich heute hier mit am 343. Friedensweg und am Ostermarsch teilzunehmen und gemeinsam laut und deutlich zu fordern, den Teufelskreis Klimawandel, Militär und Krieg zu durchbrechen!

Es tut gut, das heute hier gemeinsam und entschlossen zu tun, denn die Kriegseuphorie, die uns gerade umgibt, ist alleine nicht zu ertragen!

Die Forderung Abrüstung, Deeskalation und Frieden sind dringlich und wichtig. Und sie werden Tag für Tag wichtiger und dringlicher, denn die Lage ist ernst.

Die Nachrichten über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben andere wesentliche Meldungen in den Hintergrund gedrängt. Dazu zählt der Bericht vom Weltklimarat, in dem die Wissenschaftler*innen betonen, dass sich das Zeitfenster, das uns noch bleibt, um die Emissionen drastisch zu senken und somit unseren Planeten lebenswert zu erhalten, sich langsam schließt. Wir haben noch dieses Jahrzehnt, noch acht Jahre, um das Ruder herumzureißen und nicht weiter auf die Katastrophe zu zusteuern.

Sonst drohen wir alles zu verlieren.

Sonst sind wir konfrontiert mit noch mehr Hitzewellen, mit noch mehr Stürmen, noch mehr Waldbränden, noch mehr Dürren und noch mehr Überschwemmungen, wie in Ahrtal oder ganz aktuell in Südafrika, wo die schlimmste Überschwemmung der Geschichte des Landes wütet und mehr als 400 Menschen ihr Leben verloren haben.

 

Liebe Friedensfreundinnen und liebe Friedensfreunde,

die großen Gefahren unserer Zeit sind der Klimawandel, das Artensterben und ein möglicher Atomkrieg. Die umweltschädliche, energieintensive und eskalierend wirkende Aufrüstung verschlimmert gleich alle drei dieser Krisen!

Und dennoch tritt die Bundesregierung eine historische Aufrüstungswelle los, mit dem Sondervermögen von 100 Mrd Euro und das 2% Ziel des BIPs der NATO soll noch dieses Jahr eingehalten werden. Und dann die Waffenlieferungen an die Ukraine, die direkt in den Krieg geliefert werden. Erst am Freitag hieß es, der Bund stockt die Militärausgaben für Krisenländer auf 2 Mrd auf – ein Großteil soll an die Ukraine gehen. Geld für den Krieg und das Töten.

 

Liebe Friedensfreundinnen und liebe Friedensfreunde,

diese Politik der Aufrüstung, der Militärlogik und der Militarisierung ist Wahnsinn!

Wir fordern eine Rückkehr zu Verhandlungen und Diplomatie und eine Abkehr vom Krieg und der Zerstörung. Krieg schafft nur Verlierer*innen auf beiden Seiten. Nur sehr wenige profitieren – in der Rüstungsindustrie oder auch in den Energieunternehmen, die auf fossile Brennstoffe setzen, denn die Energiewende hat durch den Krieg auch verloren.

 

Liebe Friedensfreundinnen und liebe Friedensfreunde,

Krieg beschleunigt den Klimawandel. Es ist ein Skandal, dass die Emissionen, die die weltweiten Militärapparate verursachen, nicht dokumentiert und nicht reduziert werden müssen. Doch wir wissen, dass diese Emissionen enorm sind und etwa 6% aller weltweiten Emissionen ausmachen. Das Militär zählt zu den Hauptverursachern des Klimawandels. Das US-Militär verursacht so viele Emissionen wie die Industriestaaten Portugal oder Schweden. Ein Leopard 2 Panzer verbraucht 500 l Treibstoff auf 100 km im Gelände und der Eurofighter 3.500 kg pro Stunde. Im Jahr 2017 verbrachten die Eurofighter der Bundeswehr, also nur dieser Typ an Kriegsgerät, 10.000 Stunden in der Luft. Um diese Emissionen auszugleichen, müssten wir 9 Millionen Bäume pflanzen.

Dieses militärische Großgerät ist nicht nur im Krieg im Einsatz, sondern auch in den fast täglich stattfindenden Militärübungen. Und dem nicht genug, geht bei den klimakillenden Übungen auch ständig etwas schief!

Denken wir an den Moorbrand von Meppen, im Jahr 2018. Es herrschte Waldbrandgefahr, sie sagten uns, wir sollen im Wald nicht rauchen. Aber die Bundeswehr, die durfte eine Rakete aus einem Hubschrauber auf den trockenen Boden schießen und sie schossen die Rakete in das Moor, das Unmengen an CO2 bindet. Und das Moor brannte, und wie es brannte – wochenlang. Der Brand setzte so viel CO2 frei, wie 50.000 Einwohner*innen der BRD im Jahr verbrauchen.

 

Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter,

und uns erzählen sie, dass das Militär einen Beitrag zum Umweltschutz leiste, dass seltene Arten auf den Übungsplätzen leben. Doch diese Arten leben nicht dank sondern trotz der Bundeswehr auf den Übungsplätzen!

Das Militär schützt die Umwelt nicht, sondern wir müssen die Umwelt vor dem Militär schützen. Und an diesem Punkt schicke ich einen solidarischen Gruß an die Menschen in Sinjajevina in Montenegro, wo sie ihr Weideland im Jahr 2020 davor geschützt haben, zu einem NATO-Militärübungsplatz zu werden!

Und es ist mir eine Ehre und eine Freude, hier mit Euch von der BI Offene Heide zu sein. Ich bewundere Eure Beharrlichkeit und Ausdauer, da ihr seit drei Jahrzehnten gegen die militärische Nutzung der Colbitz Letzlinger Heide kämpft. Ich danke Euch, ihr seid inspirierend und ein Lichtblick!

 

Liebe Friedensfreundinnen und liebe Friedensfreunde,

sie sagen uns, sie versuchen das Militör grün zu machen, indem sie Solarpaneels auf den Kasernendächern installieren und Hybridpanzer einsetzen wollen. Doch das ist Quatsch! Das Militär mag gründe Uniformen tragen, aber es ist nicht grün, denn es dient der Zerstörung und Zerstörung kann nie grün sein.

Und sie sagen uns, wir bräuchten das Militär, um die Folgen des Klimawandels in den Griff zu kriegen.

Doch das Militär ist als Hauptverursacher des Klimawandels Teil des Problems und kann damit nicht Teil der Lösung sein.

 

Liebe Mitstreiterinnen und liebe Mitstreiter,

wir haben aus der Geschichte immer wieder und wieder gelernt, dass Krieg und Waffen keinen Frieden schaffen.

Wir fordern ein politisches Umdenken, das auf Kooperation und nicht auf Konkurrenz setzt, denn wir haben noch acht Jahre und können uns diese Konkurrenz nicht mehr leisten!

Keine weitere Emissionen, keine weiteren Ressourcen und keinen weiteren Cent für Aufrüstung und Tod!

Was wir brauchen sind Gelder für Klimaschutzmaßnahmen. Es ist eine Schande, dass die Industriestaaten versprochen haben, ab 2020 jährlich 100 Mrd für den Globalen Süden zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen zu zahlen – und sie halten ihr Versprechen nicht. Dabei machen die Unternehmen dieser Industriestaaten ihren Profit durch Emissionen und durch die Umweltwetzerstörung auf Kosten der Menschen des Globalen Südens! Es ist vor allem westliche Unternehmen die den Amazonas, die grüne Lunge der Welt, abholzen!

Wir brauchen Gelder, um die nahende Hungerkatastrophe in Afghanistan und in Jemen aufzuhalten. Die Geberkonferenzen dafür fallen beschämend aus. Oftmals wurde nur die die Hälfte oder auch nur ein Drittel der benötigten Gelder bei diesen Konferenzen zusammengebracht. Geld für Tod und Zerstörung ist da, aber nicht für das Leben und die Zukunft der Menschen!

In Tupamaros Lied hieß es „Ich sehe nur blendendes Licht – kein Ende in Sicht“. Dieser Satz spricht mir aus der Seele. Aber es gibt auch ein paar positive Lichtblicke:

Deshalb lasst uns einen solidarischen Gruß schicken, an alle mutigen Menschen, die in Russland und in der Ukraine desertieren, die viel riskieren und sich weigern zu den Waffen zu greifen! An die mutigen Menschen, die gegen den Krieg demonstrieren trotz der drohenden Repression! An die Hafenarbeiter*innen von Genua, die sich wieder gegen ein mit Rüstung beladenes Schiff gestellt haben! An die Flughafenarbeiter*innen von Pisa, die sich geweigert haben ein Flugzeug in die Ukraine mit Waffen zu beladen! An die Schienenarbeiter*innen aus Belarus, die sich gegen die Kriegszüge aus Russland gewandt haben! An die Friedensfreund*innen, die kurz nach Kriegsbeginn Rheinmetall in Unterlüß blockiert haben, da Rheinmetall zu den großen Gewinnern des Krieges zählt!

Frieden ist nötig und auch möglich!

 

Jacqueline (Jack) Andres ist aktive für die Informationsstelle Militarisierung (IMI) in Tübingen.