Redebeitrag für den Ostermarsch Limburg am 16. April 2022

 

- Sperrfrist: 16. April 2022, Redebeginn: 13 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

"Schwerter zu Pflugscharen“
(aus dem Buch des Propheten Micha Kapitel 4, Vers 3)

 

Liebe Ostermarschierende, liebe Frieden-Suchende,

der brutale, völkerrechtswidrige Angriffskrieg der russischen Führung und ihrer Militärmacht gegen die Ukraine wird bis auf wenige Ausnahmen von allen Ländern verurteilt. Die Einigkeit in der UNO-Vollversammlung war groß und ein wichtiges Zeichen. Die Solidarität mit den notleidenden Menschen in den Kriegsgebieten ist ebenfalls groß. Menschen gingen in großer Zahl zu den Mahnwachen, Sach- und Geldspenden lindern Not, die Aufnahme von Millionen von Geflüchteten wird – gerade auch in unseren östlichen Nachbarländern- bisher möglich gemacht. Soweit, so einig. Aber das alles scheint immer weniger zu zählen, seitdem die Bitte oder zunehmend die Forderung aus der Ukraine nach Waffenlieferungen, nun auch nach sogenannten „schweren“ Waffen an die NATO und im Besonderen an Deutschland gerichtet wurde. Bei uns sind es ausgerechnet grüne Politiker-Innen, die sich diese Forderungen zu eigen machen. Aber auch in der evangelischen Kirche mehren sich die Stimmen, die Waffen-lieferungen in das ukrainische Kriegsgebiet befürworten. Ich persönlich kann mich dem nicht anschließen. Ich habe kein Vertrauen in die Anwendung todbringender Waffen als einem Weg zum Frieden. Frieden kann erst entstehen, wenn die Waffen schweigen. Das Recht auf Selbstverteidigung kann niemandem abgesprochen werden, wohl auch nicht einem Staat. Aber ob es Sinn macht, sich solange selbst zu verteidi-gen bis alles zerstört ist, was eigentlich verteidigt werden wollte, diese Frage sollte ebenfalls mitbedacht werden. Gerade wenn unterschiedliche Auffassungen aufeinander stoßen, lasst uns im Gespräch bleiben, lasst uns offen und kritisch neue Informationen aufnehmen und prüfen. Und gestehen wir uns einander zu, dass vielleicht auch der oder die andere Recht haben könnte. Niemand von uns weiß, welche Entscheidungen sich am Ende als richtig erweisen werden.

Dennoch sehe ich den Auftrag der Kirchen darin, die Botschaft des Friedens an allen Orten und zu allen Zeiten zu verkünden und zu stärken. Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein. Es hat ihn nie gegeben, den sogenannten „gerechten Krieg“. Wir können nicht verstehen, dass der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill das Vorgehen des russischen Militärs gutheißt. Hunderte von Priestern haben sich gegen ihn gestellt, ein mutiges Zeichen. Das letzte Mal, als in Deutschland viele Pfarrer und Gemeindeglieder gegen eine militarisierte und inhumane Obrigkeit Stellung bezogen haben, war in der Zeit der 80er Jahre in der ehemaligen DDR vor der friedlichen Revolution.

„Schwerter zu Pflugscharen“, so lautete damals das biblische Motto. Ein Wort, das sich im Buch des Propheten Micha findet. Ein starkes Symbol. Eine wahre Zeitenwende, wenn aus der Waffenschmiede ein Handwerk wird, das dem Ackerbau und damit dem friedlichen Zusammenleben der Menschen dient.

Was viele nicht wissen: Dieses Bildmotiv geht auf die Bronze-Skulptur eines russischen Bildhauers zurück (Jewgeni Wiktorowith Wutschetisch). Und diese Skulptur wurde Ende der 50er Jahre von der Sowjetunion der UNO geschenkt. Seitdem steht sie im Garten des UNO Hauptgebäudes in New York.

In Zeiten wie diesen, wo uns die Bilder des Grauens und der Zerstörung über-fluten, brauchen wir Hoffnungsbilder. Bilder wie das vom Schmied, der alle seine Kraft in die Umgestaltung der Welt setzt, damit diese nicht mehr das Töten lernt, sondern das Leben fördert. Wenn Sie den Schmied und den dazugehörenden Bibelspruch mit zu sich nach Hause nehmen wollen, dann kommen Sie einfach zu mir – ich gebe alle bedruckten Bierdeckel an Sie weiter, die ich habe. Und Sie geben dafür den Frieden weiter – das ist schon mal ein guter Anfang!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Joachim Naurath ist Pfarrer im Ev. Dekanat an der Lahn, Profilstellen Bildung und Gesellschaftliche Verantwortung.