Redebeitrag für den Ostermarsch Frankfurt/Oder am 31. März 2024

 

- Sperrfrist: 31. März, Redebeginn: 14 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens,

in Vorbereitung auf unseren heutigen Ostermarsch erinnerte ich mich, dass am 24. März 1999, vor genau 25 Jahren, der erste Angriffskrieg in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg begann. NATO–Streitkräfte bombardierten ohne UN-Mandat Jugoslawien.

Die USA hatten zu diesem Krieg gedrängt und die deutsche Bundeswehr machte mit bei den massiven Luftangriffen. Deutsche Politiker rechtfertigten die Kriegsbeteiligung.

Der Außenminister Joschka Fischer (Grüne) behauptete infam, man müsse „ein neues Auschwitz“ verhindern und Verteidigungsminister Scharping (SPD) belog die Öffentlichkeit, man hätte einen serbischen Vertreibungsplan stoppen müssen.

In der Zeitung war zu lesen, dass der Luftkrieg jeden Tag 70 Millionen Dollar verschlinge. Die deutsche Bevölkerung wurde über die Medien aufgefordert, für Flüchtende zu spenden. Die Menschen flohen vor NATO-Bomben und wurden deren Opfer.

Der grausame Krieg dauerte 75 Tage, die Zerstörung staatlicher Infrastruktur war gewollt und enorm. 15.000 Tote gehörten zur Bilanz.

In meinem Tagebuch fand ich die Aufzeichnung, dass ich mich am 25. März 1999 an einer von Reinhard Schülzke initiierten Mahnwache hier in Frankfurt (Oder) beteiligte. Wir zogen vom Synagogengedenkstein zum Rathausplatz, um Stadtverordnete zu treffen, die sich im Rathaus zur Sitzung zusammenfanden. Von einem wurde ich erstaunt gefragt, ob ich nichts zum Unterschreiben hätte gegen die Schließung des Kleist-Theaters. Die Ahnungslosigkeit entsetzte mich. Über eine Verurteilung des Krieges war mit ihm nicht zu reden.

Wir machten in dieser Zeit jeden Montag eine Mahnwache gegen den Krieg der NATO in Jugoslawien und vertraten dabei unsere feste Überzeugung „über Krieg führt kein Weg zum Frieden!“ Die damals einzige Antikriegspartei, die PDS, vertrieb ein Plakat „Bomben brauchen keinen Mut!“

Es hätte die Lektion gelernt werden müssen, dass die NATO kein Verteidigungsbündnis ist.

Die 25 Jahre seitdem beweisen, dass die Lektion nicht gelernt wurde. Extrem Gegenteiliges ist zu erleben. Der politische Wille, Konflikte mit Verhandlungen zu lösen, scheint keine Option mehr zu sein.

Unsere Tage sind randvoll mit Gemeinheiten und dazu gehören die gegenwärtig erbarmungslos geführten Kriege und für alle Kriege gibt es ein „Vor dem Krieg“ und einen Kontext. Beide Prämissen sind erschreckend, weil wie die Kriege, bar jeder Vernunft. Das darf nicht übersehen oder vergessen werden.

Der „wertebasierte Westen“ behauptet, Friede sei durch Waffen zu schaffen und befördert durch irrsinnigen Waffen- und Munitionsexport die Spirale der Eskalation. Panzer, Jagdbomber, Drohnen, Granaten und so sehr dringend Marschflugkörper vom Typ Taurus [einer davon ist schlicht eine Million Euro wert] werden gefordert. Ohne dieses Areal sei Frieden nicht möglich wird behauptet. Die Gefahren der Eskalation durchaus erkennend, wird uns klarzumachen versucht, dass wir wehrhaft und „kriegstüchtig“ zu werden haben, dass „wir“ - wer bitte ist denn „wir“-? „glaubhaft abschreckend“ werden müssten. Da muss rechtzeitig begonnen werden, weshalb die Bildungsministerin „Zivilschutz im Kriegsfall“ in den Unterricht an Schulen, in denen überall ordentlich ausgebildete Lehrkräfte fehlen, aufnehmen will. Damit alles fachgerecht passiert, übernimmt die Bundeswehr – hoffentlich „glaubhaft abschreckend“.

Einhundert Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr reichen nicht, heißt es. Instabile Industrie und Landwirtschaft, marode Infrastruktur, fehlende Mittel für zivile Wissenschaft, Bildung, Kultur und Soziales, kritischer Zustand des Gesundheitswesens, Pflegenotstand, Kinderarmut … sind Themen, die bei der Kriegseuphorie auf der Strecke bleiben und sich verschärfen werden.

Das ist der unvollständige, egoistische Blick nur auf Deutschland.

Jegliche Regung, Vernunft anzumahnen, ganz gleich ob vom Papst, vom UNO Generalsekretär oder gar vom SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag wird mit unglaublicher Frechheit und unverschämter Arroganz abgebügelt.

Unter diesen Bedingungen als „Lumpenpazifisten“ oder als „mit der Friedenstaube herumlaufende gefallene Engel“ am Ostermarsch 2024 teilzunehmen, ist ehrenhaft.

Wir vom Bund der Antifaschisten nehmen diese Ehre gern in Anspruch.

Wir unterschreiben jedes Wort des diesjährigen Aufrufs zum Ostermarsch vom Friedensnetz Frankfurt (Oder). Vernunft ist das Einzige, was zählt. Es geht nicht darum, Recht zu behalten, sondern nur darum, dass das Richtige geschieht. Über Krieg führt nun mal kein Weg zum Frieden und nur den wollen wir.

 

Gerhard Hoffmann ist aktiv bei der VVN-BdA Frankfurt/Oder.