Redebeitrag für die Protestkundgebung zur Rheinmetall-Hauptversammlung 2021 am 11. Mai 2021 in Düsseldorf

 

- Sperrfrist: 11.05., Redebeginn: 11 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort-

 

Liebe Aktivist*innen,
liebe Kritiker*innen von Rheinmetall,

es ist so wichtig, dass ihr auch in Zeiten dieser Pandemie den Protest in einem verantwortlichen Rahmen vor den Sitz von Rheinmetall sichtbar macht! Ich bin Tilman Massa vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Wir müssen weiter öffentlich machen, wie dieser Rüstungskonzern ohne Skrupel Exportverbote umgeht und den Krieg im Jemen maßgeblich mit anheizt.

Rheinmetall erlaubt keine direkten Statements oder Videobotschaften auf der heutigen virtuellen Hauptversammlung, obwohl dies technisch möglich wäre. Während andere Konzerne auch kritischen Stimmen wie die unseren auch auf den virtuellen Aktionärstreffen nicht gänzlich verstummen lassen, so kommt es Rheinmetall doch aktuell sehr gelegen, nur Fragen zu beantworten, die im Vorfeld schriftlich eingereicht wurden. Und davon haben wir auch Gebrauch gemacht. In unserem Gegenantrag begründen wir, warum wir heute den Vorstand von Rheinmetall nicht entlasten werden.

Rheinmetall will die Rüstungssparte zukünftig weiter ausbauen und den Anteil am Gesamtumsatz auf 70 Prozent steigern. Das ist mit Kriterien für ein ökologisch und sozial nachhaltiges Geschäftsmodell völlig unvereinbar.

Es kommt aber vor allem auf eine verantwortungsvolle Exportpolitik an, um dem Verhalten von Rheinmetall den nötigen Einhalt zu gebieten.

Rheinmetall hat durch seine globale Waffenlieferkette die Rüstungsexportkontrolle in Bezug auf den Krieg im Jemen bedeutungslos gemacht. So wichtig der aktuelle Stopp der deutschen Bundesregierung für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien auch ist – die Politik darf die offensichtlichen Schlupflöcher nicht länger tolerieren und muss Tochterunternehmen mit einbeziehen. Dass der Gesetzgeber endlich ein eindeutiges Rüstungsexportkontrollgesetz auf den Weg bringen muss, zeigt auch das Urteil des Bundesgerichtshofs gegen Heckler & Koch.

Ich soll euch ausdrücklich Grüße und Dank von der südafrikanischen Menschenrechtsorganisation Open Secrets ausrichten. Open Secrets hat in ihrem neuen Bericht „Profiting from Misery: South Africa’s Complicity in War Crimes in Yemen“ beschrieben, wie auch die Tochtergesellschaft Rheinmetall Denel Munition (RDM) vom Verkauf von Waffen an Saudi-Arabien und an die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) profitiert hat, zwei der zentralen Akteure im Krieg im Jemen. Open Secrets hat nun neue Belege präsentiert, die darauf hindeuten, dass Rheinmetall-Munition auch bei Angriffen auf Zivilist*innen im Jemen eingesetzt wurde.

So kamen bei einem Angriff auf einen Fischereihafen und ein nahegelegenes Krankenhaus in Hodeidah am 2. August 2018 mindestens 60 Menschen ums Leben, mehr als 100 Menschen wurden verwundet. Die vorliegenden Hinweise legen nahe, dass bei dem Angriff wahrscheinlich Munition aus der saudi-arabischen Munitionsfabrik benutzt wurde, die Rheinmetall Denel Munition 2016 schlüsselfertig übergeben hatte.

Rheinmetall muss dafür sorgen, nicht in völkerrechtswidrige Angriffe auf Zivilisten verwickelt zu sein. Rheinmetall muss sicherstellen, sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen. Das fordern der UN Global Compact, die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und das bereits vom Bundeskabinett verabschiedete Sorgfaltspflichtengesetz bzw. das Lieferkettengesetz.

Rheinmetall ist nun dem UN Global Compact beigetreten. Das muss in den Ohren der Betroffenen wie blanker Hohn klingen. Politik und Investor*innen sind jetzt gefordert, nicht länger wegzuschauen, sondern den menschenrechtsverachtenden Machenschaften des Konzerns einen Riegel vorzuschieben.

Italien hat Ende Januar, wie kurz zuvor bereits die Bundesregierung, die Genehmigung bereits erteilter Ausfuhrlizenzen widerrufen sowie die Ausstellung neuer Genehmigungen ausgesetzt. Zugleich ist weiter eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft in Rom anhängig, die das Bündnis der Menschenrechtsorganisationen European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Rete Italiana Pace e Disarmo aus Italien und Mwatana for Human Rights aus dem Jemen gestellt haben. Das zeigt: Wenn wir über Grenzen hinweg zusammenarbeiten, können wir effektiv gegen Rheinmetall vorgehen.

Im Herbst 2020 hat sich der Großinvestor Janus Hendersen von einem Großteil seiner Rheinmetall-Aktien getrennt. Das löste – zumindest kurzfristig – einen Sturz des Aktienkurses von Rheinmetall aus. Noch gibt es aber nach wie vor auch große, angeblich nachhaltig orientierte Vermögensverwaltungen, welche die Aktie von Rheinmetall ohne Bedenken kaufen. Doch das muss nicht so bleiben: Das norwegische Parlament wird demnächst über eine Regierungsvorlage entscheiden, künftig beim staatlichen Pensionsfonds Unternehmen auszuschließen, die Parteien in bewaffneten Konflikten beliefern und sich an Menschenrechtsverletzungen schuldig machen. Ein solches Kriterium dürfte dann auch zu einem Verkauf von Aktien von Rheinmetall und anderen Unternehmen führen, die Waffen für den Krieg im Jemen liefern.

Wir müssen gemeinsam weiter den politischen Druck erhöhen und Rheinmetall zur Rechenschaft ziehen. Nur so schaffen wir es, dass die bisherigen Restriktionen bei Rüstungsexporten auch wirklich eine Wirkung entfalten können.

Ich danke euch, dass ihr eure Stimme gegen das fatale Geschäftsmodell von Rheinmetall Defence erhebt.

 

Tilman Massa ist arbeitet für den Dachverband Kritischen Aktionäre in Köln.