Kandidat*innencheck
Was haben die Kandidat*innen für den SPD-Vorsitz zum Thema Atomwaffen zu sagen? Die Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt" hat nachgefragt.
Was haben die Kandidat*innen für den SPD-Vorsitz zum Thema Atomwaffen zu sagen? Die Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt" hat nachgefragt.

Die SPD ist derzeit auf der Suche nach einer neuen Parteispitze. Bei insgesamt 23 Regionalkonferenzen stellen sich die sieben Duos, die sich auf den Parteivorsitz bewerben, derzeit den Fragen der Parteibasis. Ab dem 14. Oktober können SPD-Parteimitglieder ihre Stimmen abgeben. Das Ergebnis wird dann am 26. Oktober bekanntgegeben. Klimakrise, Vermögensverteilung, Bildung – die Kandidierenden müssen sich in dieser Zeit zu etlichen Themen positionieren. Doch das Thema Abrüstung steht dabei nur selten oben auf der Tagesordnung.

Deshalb hat die vom Netzwerk Friedenskooperative mitgetragene Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“ die Kandidat*innen nach ihren abrüstungspolitischen Standpunkten befragt. Konkret wollten wir von den Kandidierenden wissen, ob sie sich:

  • für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einsetzen werden.
  • für den Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbot einsetzen werden.
  • für den Kauf eines neuen Atombombers für die Bundeswehr einsetzen werden.

Die Anfragen an die Kandidierenden wurden am 18. September per Mail verschickt. Im Folgenden finden sich die Antworten der sieben Duos.

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Team Hilde Mattheis & Dierk Hirschel

Als Reaktion auf unsere Anfragen erhielten wir folgende Antwort:

„Wie Sie bereits gesehen haben in unserem Positionspapier, fordern wir beide mehr Engagement der SPD für eine weltweite Abrüstung. Deshalb unterstützt bspw. Hilde Mattheis, MdB auch die Forderung von ICAN einer Ratifizierung Deutschlands des Atomwaffenverbotsvertrags.
Wir lehnen deshalb ebenso die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Deutschland ab, die als Drohpotential dienen sollen und unserer Meinung nach einen verhängnisvollen Kreislauf zur immer stärkeren Aufrüstung weiter anheizen. Auch der Kauf neuer atomwaffenfähiger Kampfflugzeuge muss vor diesem Hintergrund kritisch hinterfragt werden.“

Das Positionspapier ist hier einzusehen.
 

Fazit: Hilde Mattheis und Dierk Hirschel setzen sich für den Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbot ein. Explizit zu den bereits jetzt in Deutschland stationierten Atomwaffen äußern sie sich nicht (jedoch wäre ein Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbot nicht mit der weiteren Stationierung der Atomwaffen in Büchel vereinbar). Die Beschaffung eines Tornadonachfolgers müsste „kritisch hinterfragt werden“ – warum das Bewerberduo auf diese Frage keine eindeutige Antwort gibt allerdings auch. Sie sind die einzigen Bewerber, die ein eigenes Positionspapier zum Themenkomplex Frieden und Abrüstung veröffentlicht haben.

Mattheis/Hirschel
Mattheis/Hirschel

 

Team Petra Köpping & Boris Pistorius

Als Antwort auf unsere Fragen erhielten wir folgende Stellungnahme:

„Internationale Politik ist in den letzen Jahren zunehmend komplizierter geworden. Einfache Antworten gibt es nicht. Die Kündigung des INF Vertrages und des Iran-Abkommens oder das Auslaufen des New START Abkommens sind Vorgänge, die rückwärts in die Welt des vorigen Jahrhunderts weisen. Das erfüllt uns mit Sorge und wir sehen die Gefahr, dass die internationale Rüstungskontrollarchitektur vor dem Zusammenbruch steht.
Wir setzen uns daher in erster Linie dafür ein, dass die bestehenden Abkommen erhalten bleiben. Und wir wollen eine Rückkehr zu einem kooperativen internationalen Miteinander, indem wir die bewährten internationalen Organisationen wieder stärken, die UNO, die OSZE, die EU und die NATO.
Wir setzen uns für ein Verbot von Mittelstreckenraketen ein und zwar weltweit.
Wir setzen uns dafür ein dass die Nuklearstaaten endlich konkrete Verhandlungen über den Abrüstungs- und Rüstungskontrollprozess bei den sogenannten taktischen Atomwaffen aufnehmen. Das würde den Weg für einen Abzug der noch in Deutschland und anderen europäisches Staaten stationierten Atomwaffen ebnen.“

Auch wenn wir an dieser Stellungnahme viele Punkte teilen können, so bleiben Frau Köpping und Herr Pistorius Antworten auf die Fragen zum Abzug der Atomwaffen aus Deutschland, dem Beitritt zum UN-Atomwaffenverbot und der Anschaffung eines Tornado-Nachfolgers (weitgehend) schuldig.
 

Fazit: Auch wenn es erfreulich ist, dass Petra Köpping und Boris Pistorius „endlich konkrete Verhandlungen über den Abrüstungsprozess bei den sogenannten taktischen Atomwaffen aufnehmen“ wollen, umschiffen sie die Beantwortung unserer Fragen ziemlich konsequent. Bedauerlich!

Köpping/Pistorius
Köpping/Pistorius

Team Gesine Schwan & Ralf Stegner

Als Reaktion auf unsere Anfragen erhielten wir folgende Antwort:

„1. Die Forderung, die US-Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen, haben wir bereits im letzten Bundestagswahlkampf erhoben, ich habe entsprechende Aufrufe unterschrieben.
Auch bei den Regionalkonferenzen haben wir uns jetzt so geäußert und halten selbstverständlich an dieser Position fest. Das Thema (atomare) Abrüstung muss deutlich mehr Priorität in der internationalen Politik und bei der außenpolitischen Positionierung der SPD haben und wir werden uns als Parteivorsitzende dafür einsetzen, dass dies geschieht.
2. Auch für die Unterzeichnung und Ratifizierung des UN Atomwaffenverbotsvertrages haben wir uns bereits öffentlich ausgesprochen. Das entspricht im übrigen der Logik unserer öffentlich klar geäußerten Positionen zur Friedenspolitik und Stärkung der Vereinten Nationen.
3. Wer gegen die nukleare Teilhabe argumentiert, kann nicht für die Beschaffung von Flugzeugtypen eintreten, die ausschließlich diesem Zweck dienen.
Insofern teilen wir auch in diesem Punkt Ihre Position.“

Fazit: Erfreulich ist, dass sich das Team Schwan/Stegner für den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland und für den Beitritt zum UN-Atomwaffenverbot ausspricht. Auch die Haltung zu einer möglichen Anschaffung eines neuen Flugzeugs, damit Deutschland auch in Zukunft bei der nuklearen Teilhabe mitmachen kann, klingt zunächst erfreulich. Doch: Gibt es überhaupt ein Flugzeug, das ausschließlich diesem Zweck dient? Auf die beiden derzeit möglichen Tornado-Nachfolger, den Eurofighter und die F/A-18 trifft dies jedenfalls nicht zu.

Schwan/Stegner
Schwan/Stegner

Team Nina Scheer & Karl Lauterbach

Eine Antwort haben wir trotz Nachhakens nicht erhalten. Nina Scheer hat in der Vergangenheit die ICAN-Abgeordnetenerklärung unterzeichnet und sich damit für den Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbot ausgesprochen.

Fazit: Diesem Bewerberduo scheint das Thema nukleare Abrüstung derzeit nicht wichtig zu sein.

Scheer/Lauterbach
Scheer/Lauterbach

 
Team Saskia Esken & Norbert Walter-Borjans

Eine Antwort haben wir trotz Nachhakens nicht erhalten.

Fazit: Diesem Bewerberduo scheint das Thema nukleare Abrüstung nicht wichtig zu sein.

Esken/Walter-Borjans
Esken/Walter-Borjans

Team Klara Geywitz & Olaf Scholz

Als Reaktion erhielten wir, dass das Duo derzeit nicht auf Anfragen von NGOs, Vereinen, Verbänden und Einzelpersonen außerhalb der SPD antworten würde.
Als Landtagsabgeordnete hatte Klara Geywitz am 9. August noch öffentlichkeitswirksam die ICAN-Abgeordnetenerklärung unterzeichnet. Bei der Wahl zum neuen Landtag in Brandenburg am 1. September wurde sie nicht wieder gewählt.

Fazit: Diesem Bewerberduo scheint der Austausch zum Thema nukleare Abrüstung mit einer kritischen Öffentlichkeit außerhalb der SPD derzeit nicht wichtig zu sein.

Geywith/Scholz
Geywith/Scholz

Team Christina Kampmann & Michael Roth

Eine Antwort haben wir nicht erhalten. Bei einer Veranstaltung mit allen Kandidierenden in Potsdam brachte Roth das Thema in der Schlussrunde kurz zur Sprache.

Fazit: Für dieses Bewerberduo scheint das Thema nukleare Abrüstung keine hohe Priorität zu haben.

Kampmann/Roth
Kampmann/Roth