Redebeitrag für die Kundgebung gegen den Russland-Ukraine-Krieg am 13. März 2022 in Frankfurt

 

- Es gilt das gesprochen Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Entsprechend haben wir sofort Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine und Präsident Putins Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen verurteilt. Wir verurteilen seinen Einsatz von Streumunition sowie den Beschuss eines ukrainischen Atomkraftwerks und mehrerer Städte. Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und den Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine.

Zeitgleich zur beeindruckenden und ermutigenden Berliner Kundgebung der Hunderttausenden hat Kanzler Scholz eine massive Aufrüstung angekündigt. Sie nützt der Ukraine nichts. Und selbst im Rahmen einer militärischen Abschreckungslogik sind die 100 Milliarden Euro auch nicht annähernd nachvollziehbar: Eine weitere Aufrüstung der osteuropäischen Nato-Staaten kostet nie und nimmer eine solche Summe.

Bereits in den letzten zehn Jahren ist der Militär-Etat von knapp 32 Milliarden auf gut 50 Milliarden Euro gewachsen – ein Plus von 58 Prozent. Schon diese bisherige Hochrüstung sorgte nicht für Sicherheit: Der Etat aller NATO-Staaten zusammen ist schon heute 16-Mal höher als der Russlands. Das hat aber die massiven konventionellen und atomaren Streitkräfte Russlands nicht weniger gefährlich gemacht.

Diese 100 Milliarden sind nicht Sicherheit neu denken, sondern altes Denken, um mit Gorbatschow zu sprechen. Militärische Scheinlösungen haben in Afghanistan, Mali und gegen den Terror versagt.

Es gibt eine große Hilflosigkeit und Angst in der Gesellschaft, auch unter Kindern und in Pflegeheimen. Dagegen hilft Orientierung: Stimmt es, dass die Diplomatie ihre Grenzen erreicht hat?

Nein, die Möglichkeiten der Diplomatie, so engagiert sie betrieben wurde, wurden nicht ausgereizt. Der Westen hat Putins Kernforderungen nach Sicherheitsgarantien abgewiesen. Es wäre immer noch möglich, das zu revidieren, etwa zu sagen: Die Nato greift Präsident Selenskyjs Angebot der Neutralität der Ukraine auf und macht sie sich zu eigen, schließt also einen Nato-Beitritt aus.

Schon vorher hat der Westen Fehler gemacht, indem er seit 1990 Russland nicht als gleichberechtigten Partner in die europäische Friedensordnung einbezog. Und indem er 2008 der Ukraine und Georgien die Nato-Mitgliedschaft in Aussicht stellte, damit Präsident Putins ausdrückliche rote Linie überschritt und ihn demütigte.

Das alles rechtfertigt nicht den brutalen russischen Einmarsch und dass sich Putin äußerst brutal zu nehmen versucht, was er vorher gefordert hat.

Es gibt mehrere Anlässe zur Hoffnung: 1,5 Millionen Menschen haben die Petition der russischen Antikriegsbewegung unterschrieben. Sie und die ukrainische Friedensbewegung gilt es zu unterstützen, auch Einzelpersonen wie den Chefredakteur der Nowaja Gaseta und die russische Kriegsdienstverweigerer-Organisation OVD, denen wir unsere Solidarität versichert haben. Ermutigend ist außerdem, dass die russische Regierung international nahezu vollständig geächtet ist.

Beeindruckend ist die Solidarität hierzulande mit Geflüchteten. Wir fordern auch Asyl für alle Menschen aus Russland, Belarus und der Ukraine, die den Kriegsdienst verweigern oder desertieren.

Ich komme zum Schluss. Hoffnung gibt, dass sich die junge Generation das Thema Krieg und Frieden zu eigen macht. Eine unerwartet hohe Anzahl junger Menschen sich für unsere Friedensmentor:innenausbildung angemeldet. Und vorletzten Donnerstag haben 170 Tausend an den Friedensdemos von Fridays for Future teilgenommen. Im Rahmen dessen haben Schüler:innen und Studierende geschrieben: "Wenn wie geplant jedes Jahr mehr als 2% in die Bundeswehr fließen, sind wir bald der drittgrößte Militärstaat, vor Russland. Wir wollen nicht in einer Welt voller Waffen leben, sondern in einer Zukunft ohne Krieg, Klimakrise, Armut und Hunger."

In diesem Sinne: Vielen Dank für eure Langmut und Teilnahme an dieser großartigen Demonstration.

Vielen Dank!

 

Thomas Carl Schwoerer ist Bundessprecher der DFG-VK.