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Redebeitrag für die Veranstaltung zum Antikriegstag in Fürth am 1. September 2018
- Es gilt das gesprochene Wort -
Liebe Friedensfreundinnen und -Freunde,
In Christa Wolfs Erzählung "Kassandra" steht die Seherin im Hof von Agamemnons Burg und denkt über den Untergang Trojas nach. Sie warnte lange davor, aber sie war mit dem Fluch belegt, dass sie zwar die Wahrheit sprach, aber niemand sie hören würde. So musste sie sehenden Auges mit in die Katastrophe gehen. Bei ihren Überlegungen kommt sie zu einer wichtigen Erkenntnis:
"Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg?
Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen, In Ton, in Stein eingraben, überliefern.
Was stünde da?
Da stünde, unter andern Sätzen: Lasst euch nicht von den Eignen täuschen."
Was passiert, wenn man sich von den Eigenen täuschen lässt, das zeigt der Beginn des 2. Weltkriegs deutlich. Deutsche in polnischen Uniformen überfielen den Sender Gleiwitz, so dass ein Anlass gefunden war, "zurückzuschießen". Aber getäuscht und gelogen wurde schon vorher: "Volk ohne Raum", hieß es da, und man erfand Feinde im außen und im innen, warnte vor den Bolschewiken und den bösen Kommunisten, und grenzte erbarmungslos jeden aus, der etwas anders war als das braune Volk. Man machte Teile des eigenen Volkes, die einem anderen politischen oder religiösen Teil angehörten, zu "Volksverrätern", verfemte die Juden zu den Quellen allen Übels, und viele wollten das nur zu gern glauben, ist das Leben doch so einfach, wenn jemand anders Schuld hat.
Der zweite Weltkrieg ging zu Ende, mit 60 Millionen Toten, aber das, was zu ihm führte, wird leider langsam wieder lebendig.
Nun kämpft man nicht mehr für die Reinheit des Blutes, obwohl es auch da noch genug der Ewiggestrigen gibt. Der moderne Kriegstreiber kommt nicht mehr so altmodisch daher. Heute kämpft man für die Menschenrechte, für Freiheit und Demokratie, dabei steckt unter dem Mantel der Samariter doch wieder nur die altbekannte Gier. Wehe dem Land, das Rohstoffe hat. Wenn es sie nicht freiwillig rausrückt, dann holen wir uns, was wir haben wollen. Das war schon in ‚echten‘ Kolonialzeiten so – und es ist heute leider nicht so viel anders. Eine Regierung, die sich nicht fügt, wird fügsam gemacht oder ausgetauscht, und für einen Angriff findet sich dann schon ein Grund, z. B. als Kriegsgrund gegen Jugoslawien der Hufeisenplan, der sich nachher genauso in Luft aufgelöst hat wie Saddams Massenvernichtungswaffen.
Die Lügen der Mächtigen blieben natürlich folgenlos, Cheney ist genauso ein freier Mann wie Bush, Clinton, Albright, Scharping und Fischer, oder Obama. Und sie täuschen weiter, aktuell geht es im Nahen Osten gegen den Iran, gegen Kurden im Irak, gegen Syrien, und wieder ein Mal gegen Russland.
Dafür wird weltweit aufgerüstet, die Rüstungsausgaben der USA von irrsinnigen 610 Milliarden $ sollen gesteigert werden auf 700 Milliarden, auch die eh schon aberwitzig hohen Rüstungsausgaben Deutschlands von 44,3 Milliarden $ sollen um 32 Mrd erhöht werden. Was könnte und müsste angesichts der vielfältigen Probleme, z.B. Erderwärmung, Armut, schlechtes Bildungssystem, vor denen wir stehen, mit diesen Milliarden nicht Sinnvolles geschehen! Aber „wir“ stecken das Geld lieber in die Rüstungsindustrie um uns vor dem bedrohlichen Russland zu schützen, das seine Verteidigungsausgaben letztes Jahr um 20 Mrd gesenkt hat, auf 60 Mrd. $ Das sind natürlich auch 60 Mrd. zu viel. Es nutzt aber nichts, wenn wir Russland kritisieren und den großen dicken Balken im Auge der westlichen Wertegemeinschaft übersehen.
Denn der Westen ist es, der die Nato nach Osten ausgedehnt hat und jetzt direkt an der russischen Grenze steht und dort Manöver abhält, die immer größer und gefährlicher werden. Das nächste „Trident Juncture“ soll vom 25. Oktober bis 9. November stattfinden, in Norwegen, mit 40.000 Soldaten, es ist das größte Manöver seit Ende des kalten Kriegs.
Und wenn jetzt jemand sagt, ja die USA … dann ist das nur die halbe Wahrheit. Denn auch Deutschland mischt mit, schickt 8000 Soldaten und entsprechende Waffen und Panzer, genauso wie die Bundeswehr inzwischen die deutsche Freiheit nicht nur am Hindukusch, sondern aktuell in 19 Auslandseinsätzen verteidigt, wie z.B. in Mali und im Irak.
Deutschland mischt mit, lässt die US-Drohnen von Ramstein aus steuern und liefert Waffen in alle Welt, in Krisengebiete und zu Kriegsverbrechern wie den Saudis, die damit ihren Massenmord im Jemen begehen können. Und wenn sich jetzt ein bisschen gekabbelt wird mit den USA, dann hat das nur etwas damit zu tun, dass die deutsche Wirtschaft sich nicht so gern von Trump an die Leine nehmen lässt und dass deutsche Politiker immer gern den alten Traum von Adenauer wieder ausgraben: Die vereinigten Staaten von Europa unter deutscher Führung und mit deutscher Atombombe. Strauss, der es auch schon versucht hat, hat es nicht geschafft, nun versuchen es Merkel und von der Leihen.
Damit das Volk nichts merkt, gibt es auch wieder ein paar Sündenböcke. Zur Zeit sind es die Flüchtlinge, vorher waren es die Griechen, und HartzIV- Empfänger-Bashing ist ja immer beliebt. Und wieder sind es genug, die über die hingehaltenen Stöckchen springen, statt mal die Augen aufzumachen und sich zu fragen, wer sie gegeneinander ausspielt und warum. Da würde es nämlich schnell klar, die Kluft zwischen arm und reich wird immer größer, das Leben für Viele immer schwieriger, gierige Konzerne fressen jede Menschlichkeit, die neoliberale Konzernokratie lässt dem Einzelnen immer weniger Entfaltungsmöglichkeiten. Dass es uns hier noch nicht so schlecht geht wie Menschen in anderen Ländern, das hängt von der Gnade der Herrschenden ab, die aber schon kräftig dabei sind, die Reste des Sozialstaats abzubauen und mit dem Polizeiaufgabengesetz auch die Freiheit einzuschränken.
Auch deswegen müssen wir diesen Irrsinn von Krieg und Ausbeutung beenden. Wir dürfen uns nicht von den Eigenen täuschen lassen. Glaubt ihnen nicht, wenn sie sagen, dass wir Krieg und Rüstung brauchen. Glaubt ihnen nicht, dass Neoliberalismus alternativlos ist. Frieden muß alternativlos sein. Stehen wir zusammen und fordern Abrüsten statt Aufrüstung. Wir brauchen Bündnisse für den Frieden, und wir müssen Russland wieder als Partner sehen. Da kann Deutschland mal mit gutem Beispiel vorangehen und z.B. den Atomwaffenverzicht unterzeichnen und in Soziales und Kultur investieren statt in die Rüstung. Für Rassismus und Ausbeutung darf es keine Unterstützung mehr geben. Wir müssen uns einsetzen für eine gerechte Welt, in der alle leben können ohne Angst und Not.
Wenn wir endlich eine friedliche Welt haben wollen, müssen wir nicht nur aufhören, den Herrschenden zu glauben, sondern wir müssen auch aktiv Widerstand leisten. Wer sich unserem Fürther Friedensforum anschließen möchte, ist herzlich willkommen. Wir treffen uns jeden 2. Montag im Monat – das nächste Mal also am 10. September – ab 18.30 im Welthaus in der Gustavstrasse. Kommt einfach dazu. Denn der Frieden ist keine Selbstverständlichkeit, wir müssen ständig etwas dafür tun.
Marion Denk ist aktiv beim Fürther Friedensforum.