Tagung der Rüstungsindustrie in Berlin

24. Juni: Protest gegen Lobbyarbeit für den Krieg

Der größte Lobbyverband der deutschen Rüstungsindustrie, der Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. (BDSV), führt am 24. Juni 2014 seine 2. Strategiekonferenz im „Hotel de Rome“ in Berlin Mitte durch. Unter dem Motto „Souveränität, Sicherheit, Verantwortung“ versammeln sich VertreterInnen des Militärisch-industriellen Komplexes, um für mehr deutsche Rüstungsproduktion und mehr deutsche Rüstungsexporte in alle Welt zu werben. Der BDSV umfasst 42 Mitgliedsfirmen der deutschen Rüstungsindustrie.

Der Vorstand des eingetragenen Vereins setzt sich zusammen aus den Chefs der größten Rüstungskonzerne in Deutschland: ThyssenKrupp (Vorsitzender), Krauss-Maffei Wegmann (Stellv. Vorsitz), Rheinmetall (Stellv. Vorsitz), Lürssen-Werften (Schatzmeister), Airbus Group Defence & Space (früher EADS Cassidian), Diehl Defence und ESG. Mit Airbus, Rheinmetall, ThyssenKrupp, KMW und Diehl sind die fünf größten Rüstungsfirmen in Deutschland repräsentiert. Obwohl die mittelständischen Betriebe nach Auskunft des BDSV etwa 50 Prozent zum Umsatz der deutschen Rüstungsbranche beitragen, sind sie im Vorstand unterrepräsentiert. Es ist somit ein Verband der Größten der Branche.

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI platziert Deutschland mit seinem Großwaffenexport in den Jahren 2009 bis 2013 weltweit auf Rang 3, ist allerdings 2013 auf Platz 6 abgerutscht. Ist das ein Grund zur Entwarnung? Ganz und gar nicht! Das macht sich an zwei Dingen fest. Erstens sind die Auftragsbücher der beiden größten deutschen Rüstungskonzerne ThyssenKrupp (mit 9 Mrd. €) und Rheinmetall (mit 6 Mrd. €) so voll wie nie. Über die Hälfte davon wird exportiert. Und zweitens ergeben die öffentlich bekannt gewordenen Exportprojekte, bei denen die deutschen Rüstungsfirmen noch im Rennen sind, wofür es jedoch keine abschließende Ausfuhrgenehmigung gibt, eine geschätzte Summe von 25 Mrd. Euro. Im Einzelnen sind das:

  • ThyssenKrupp: 12 U-Boote nach Australien (6 Mrd. €), 3 Fregatten nach Brasilien (1,5 Mrd. €), 1 U-Boot nach Marokko (200 Mio. €), 6 U-Boote nach Norwegen (2-3 Mrd. €), 3 U-Boote nach Polen (2 Mrd. €)
  • Lürssen: 6 bis 8 Patrouillenboote nach Angola (150 Mio. €), bis zu 100 Küstenschutz- und Patrouillenboote nach Saudi-Arabien (1,5 Mrd. €)
  • Lürssen oder ThyssenKrupp: 3-4 Raketenschnellboote für Israel (1 Mrd. €)
  • Krauss-Maffei Wegmann/Rheinmetall: 24 Haubitzen nach Australien (200 Mio. €), 118 Leopard 2 + 16 Panzerhaubitzen nach Katar (1,5 Mrd. €), 600 Radpanzer BOXER in die Emirate (1,5 Mrd. €), 270 Leopard 2 A7+ nach Saudi-Arabien (5 Mrd. €), über 200 BOXER nach Saudi-Arabien (700 Mio. €), bis zu 100 ABC-Panzer DINGO für Saudi-Arabien (300 Mio. €)
  • Airbus: 24 Kampfhubschrauber TIGER nach Katar (1 Mrd. €)

Beide Exportwerte zusammengenommen (32 Mrd. €) sind etwa das Vierfache dessen, was Deutschland in den letzten fünf Jahren zusammen an Großwaffensystemen exportiert hat. Kein Grund zur Entwarnung, sondern zum Massenprotest!

Die Zielländer liegen zum Teil in Spannungsgebieten, in die entsprechend der „Politischen Grundsätze“ für den Kriegswaffenexport keine Waffen geliefert werden dürfen:

„Die Lieferung von […] Rüstungsgütern wird nicht genehmigt in Länder,

  • die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht,
  • in denen ein Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen droht oder bestehende Spannungen und
  • Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würden.“

Die Bundesregierung hat sich jedoch eine Hintertür offengehalten: Geliefert darf werden, wenn „im Einzelfall besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen“ für den Export sprechen. Der BDSV wirbt für Rüstungsexporte, um damit „regionale Partner zur Wahrnehmung von sicherheitspolitischen Aufgaben zu befähigen“. Das entspricht der „Merkel-Doktrin“, wonach strategische regionale Partner durch Ausrüstung und Ausbildung „ertüchtigt“ werden sollen. Zweck und Ziel: Waffen gegen Rohstoffe. Dabei heißt es in den „Politischen Grundsätzen“ auch: „Der Beachtung der Menschenrechte im Bestimmungsland wird bei den Entscheidungen über Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern besonderes Gewicht beigemessen.“ Um Rohstoffzugänge zu sichern, tut die Regierung alles, auch Waffen in Zielländer liefern wie Saudi-Arabien, Katar, Marokko und die Emirate. Diese Regime sind repressiv und verletzen die Menschenrechte.

Der BDSV gibt an, dass die Branche Rüstungsgüter im Wert von 12,5 Mrd. Euro exportiert hat. Das ist knapp 1 Prozent vom Gesamtexport - eine marginale Größe. Volkswirtschaftlich wäre der Verzicht auf den Rüstungsexport leicht verkraftbar.

Rüstungsproduktion führt zu Waffenexporten, Waffenexporte führen zu Aufrüstung, Aufrüstung führt zu Konfrontation, Konfrontation führt zu Kriegen. Waffenexporte müssen verboten werden!

Das Berliner Bündnis „Legt den Leo an die Kette“ ruft auf zur Kundgebung am Dienstag, den 24. Juni 2014, 9:30 Uhr, Bebelplatz, Berlin-Mitte.

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