Afghanen lehnen die US-Eskalation ab und fordern eine Verhandlungslösung

von Gabriel Carlyle

Eine Umfrage, die zu Beginn des Jahres in Afghanistan durchgeführt wurde, ergab, dass eine Mehrheit die westlichen Luftangriffe auf das Land verurteilt und eine Verhandlungslösung mit den Taliban fordert.

Eskalation
Unterdessen setzt US-Präsident Barack Obama seine Eskalation des Konflikts in Afghanistan fort. Am 17. Februar autorisierte er die Stationierung von bis zu 17.000 zusätzlichen SoldatInnen in Afghanistan. Gemäß einer Umfrage des BBC war dies eine sehr unpopuläre Maßnahme: 73% meinen, dass die US-geführten Truppen im Lande entweder verkleinert (44%) oder „auf dem gegenwärtigen Niveau gehalten“ (29%) werden sollten. Nur 18% der afghanischen Bevölkerung ist für eine Vergrößerung.

Es wird auch eine Vergrößerung der Zahl britischer Truppen geben – die Zahlen werden erst noch bekannt gegeben. Nach einer Umfrage von Harris /FT Mitte Januar lehnen rund 57% der Briten den Ruf nach mehr britischen Truppen ab.

Die US-Eskalation wird wahrscheinlich die gegenwärtigen Friedensverhandlungen gefährden, meint Abdul Hakim Mujahid, ein früherer Gesandter der Taliban, der von dem afghanischen Präsidenten Hamid Karzai eingeladen wurde, einen nationalen Versöhnungsprozess zu organisieren helfen. Mujahid glaubt, dass es „große Probleme“ für die von Saudi-Arabien angeführten Friedensbemühungen geben wird, falls die Amerikaner diese große Offensive auf falsche Weise angehen. Der daraus entstehende Ärger könnte „denen bei den Taliban helfen, die nicht an irgendeine Form von Verhandlungen glauben.“

Eine härtere Linie
Hochrangige Beamte der Verwaltung haben der Washington Post gegenüber erklärt, dass Obama eine härtere Linie gegenüber Karzai einschlagen werden, was Teil einer neuen Herangehensweise der USA an Afghanistan sei, die „Krieg führen mehr betont als Entwicklung fördern.“ Die Realität ist, wie ein erfahrener US-Unternehmer, der in Afghanistan arbeitet, dem Guardian gegenüber mitteilte, dass „Entwicklung ein Hintergedanke“ bei der Invasion von 2001 war.

Mehr als 40% der Entwicklungshilfe geht angeblich als Profite von Unternehmen zurück an die Geberländer – geschätzt sind dies 6 Milliarden USD seit dem Beginn des Wiederaufbaus vor sieben Jahren. Die Profitspannbreite für ausländische Unternehmen beträgt manchmal satte 50%.

Die Ausgaben des US-Militärs für Sicherheit in Afghanistan betragen rund 100 Mio USD /Tag. Die durchschnittlichen Ausgaben für Entwicklung von allen Geberländern zusammen genommen sind weniger als 7 Mio USD pro Tag. Präsident Obama plant, Entwicklungshilfe zurückzufahren.

Verhandlungen gefordert
Die kürzliche Umfrage von BBC und anderen internationalen Medien in Afghanistan fand, dass die Mehrheit (60%) die Präsenz der US-geführten Koalition im Land unterstützt, dass eine überwältigende Mehrheit aber die Anwendung von Luftschlägen durch die Koalition ablehnt und eine Verhandlungslösung fordert, die die Taliban mit einbezieht. 77% sagten, dass die Luftschläge durch die USA oder die unter NATO-Kommando stehende ISAF (International Security Assistance Force) „unakzeptabel ist, weil sie zu viele unschuldige Zivilisten gefährdet“. 68% sagten, dass sie die USA / NATO /ISAF (41%) allein oder „beiden Seiten“ (27% die Schuld für die Todesopfer solcher Angriffe gaben. Nur 28% sahen die Schuld allein bei „Anti-Regierungs-Kräften“.

Die Zahl der Afghanen, die Angriffe auf US-geführte Truppen gesehen haben, hat sich seit 2006 auf 25% verdoppelt. Und mehr Afghanen (36%) sehen die Verantwortung für die Probleme des Landes hauptsächlich bei den USA und ihren Verbündeten als in erster Linie bei den Taliban (27%). Trotzdem betrachtet eine klare Mehrheit von 58% die Taliban als die größte Gefahr für das Land. Dennoch meinen 64%, dass die Regierung in Kabul „eine Konfliktregelung mit den afghanischen Taliban verhandeln solle“. Interessanter Weise, meinen 71% von diesen, dass die Regierung „nur dann verhandeln sollte, wenn die Taliban zuvor ihren Kampf einstellen“.

Der Artikel wurde der britischen Zeitschrift Peace News, Issue 2507, Februar 2009 entnommen. Übersetzung: Redaktion

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Gabriel Carlyle ist Mitarbeiter von Peace News. Siehe http://www.peacenews.info/issues/2507/25070202.html.