Persönlich-politische Erinnerungen

Bilder der Freundschaft

von Hartmut Löschke

Walter Benjamin schrieb einmal: „Das wahre Bild der Vergangenheit huscht vorbei. Vergangenes artikulieren heißt nicht, es erkennen, wie es denn wirklich gewesen ist. Nur als Bild, das auf Nimmerwiedersehen im Augenblick seiner Erkennbarkeit eben aufblitzt, ist die Vergangenheit festzuhalten.

So können wir hier nur ein paar Bilder aufblitzen lassen, die unsere Freundschaft zu Mani spiegeln mögen.

Mani, der uns Fußballer des Samstags in der 3. Halbzeit im „Südbahnhof“ beim Nachschwitzen und dem Tore-weg-diskutieren tatkräftig unterstützt hat, was Luise nicht immer gutheißen mochte. Obwohl er selbst nie gegen einen Ball trat, überraschte er uns immer wieder mit fundierten Kommentaren zur Bundesliga, indem er die Süddeutsche Zeitung zitierte.

Mani, der mehrere Jahre Vorsitzender des „NordSüdbahnhof“ e.V. war – eine Wortschöpfung von ihm. Er verband mit dieser Namensgebung nicht nur die Rettung der Kneipe und ihres Wirtes, Walter Steffens, sondern auch ein kulturpolitisches Ziel.

Mit Walter hat er viele Sträuße ausgefochten, ob der vielen Nachlässigkeiten gegen sich und die Kneipe. Er war oft sauer auf ihn, hat mit ihm geschimpft und hat doch immer wieder den Spülboy in der heimischen Badewanne geduscht, damit die Gäste am nächsten Tag saubere Gläser hatten.

Das Walter-Gedächtnis-Bier am 6. Dezember hat er nie ausgelassen.

Mani, der mit Leidenschaft, Spielwitz und Übermut, also mit Licht und Schatten, Doppelkopf spielte; manchmal in die Urlaubskasse von Jürgen, manchmal reichte der Gewinn für den abendlichen Deckel. Auf Terminabsprachen zum Doppelkopf: Ich melde mich nur zurück, wenn ich nicht kommen kann – was eher selten geschah.

Mani, der Claus, Volker und mir sein geliebtes irisches Carna am Atlantik zeigte: hier die beste Fischsuppe, dort die besten Muscheln, das der beste irische Whisky, dort das beste Lamm ... Von gleicher Schlichtheit wie Durchschlagskraft sein Rezept gegen das „Four Seasons the Day“ Wetter. Aber in einer Freundschaft muss es auch Geheimnisse geben.

Mani, mit dem wir Jungs in den letzten Jahren die Tradition des Segelurlaubs begründet haben. Der sich am Fender, an der Winsch, am Steuer bewährte, aber am liebsten auf dem Markt und unter Deck verschwand, um für das Abendessen zu sorgen.

Entspannen konnte er nur, wenn er Ewald oder Didi am Kochtopf wusste und Heinz am Ruder stand.

Und Mani, der das Für und Wider über die als nächste anzusteuernde Insel als quasi dialektische Aufsätze wie gedruckt zu Wort brachte. Zur Entscheidungsfindung trug das nicht immer bei.

Und der nicht zuletzt auf zwei DIN A7 Seiten eine nur von ihm zu durchschauende, aber korrekte Bordkasse führte.

Mani, der überhaupt sein Lebtag gutes Essen liebte und gerne kochte. Wenn Mani eine Kleinigkeit ankündigte, kam man selten bis zum Hauptgang, nach den Vorspeisen waren alle pappsatt. Man konnte sicher sein, dass er die im Rezept bzw. im Kopf stehende Flasche Wein, die zwischen ihm und dem Risotto aufzuteilen war, mehr dem Risotto zuschlug, damit auch Lutz auf elegante Weise zu seinem vegetarischen Recht kam.

Unnachahmlich der Mani, der neben allen friedenspolitischen Aufgaben ein internationalistisches Herz für die landwirtschaftlichen Kooperativen in San Ramon in Nicaragua hatte. Beim alljährlichen Fußballturnier der Nicaragua-Hilfe Bonn sorgte er für das kulinarische Wohl von manchmal bis zu 200 Menschen. Man mag die Paellas, Sauerbraten, Lammsteaks, Suppen mit und ohne Würstchen gar nicht mehr alle aufzählen, das musste man erlebt haben.

Im Vorfeld des Turniers gab es Anfragen von Mannschaften, ob denn Mani wieder koche. Auch deshalb hatte Christian immer genügend Anmeldungen.

Aber es war nicht nur die Solidarität mit Nicaragua, die ihn dazu trieb: Er fand den Kartoffelsalat aus der Metro bei den ersten Turnieren einfach unmöglich.

Lieber Mani,

wenn ich mir vorstelle, hier würden gleich sechs Halb-Uniformierte mit Mütze und Gleichschritt antreten ... Da bin ich doch froh über Luises Wunsch, Dich uns schwankenden Gestalten anzuvertrauen. Und Du bist es ja vom Boot gewohnt, dass es ein bisschen schaukelt ...

Uns allen aber bleiben immerhin die aufblitzenden Bilder der Erinnerung an eine gute Zeit mit Dir, für die wir zutiefst dankbar sind.

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