6x jährlich informiert unsere Zeitschrift, das FriedensForum, über Aktionen und Kampagnen der Friedensbewegung. Gerne schicken wir dir ein kostenfreies Probeexemplar zu.
Antwort auf das Weißbuch
Friedenspolitische Forderungen und Perspektiven
von
Als bekannt wurde, dass das Bundesverteidigungsministerium ein neues sicherheitspolitisches Weißbuch vorlegen wird, entschied der Kooprat der Kooperation für den Frieden (KoFrie), mit einer eigenen Stellungnahme darauf zu reagieren. Dabei sollte zweigleisig verfahren werden: Der Text sollte Kritik an den vermuteten Inhalten des Weißbuchs umfassen, und darüber hinaus sollten friedenspolitische Alternativen formuliert werden. Im Januar 2016 lag ein erster Entwurf vor, der nach Eingaben von Mitgliedsorganisationen mehrfach überarbeitet wurde.
Am 13. Juli, am selben Tag, als das Weißbuch der Bundesregierung veröffentlicht wurde, wurde das KoFrie-Papier auf einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt. Mit den Friedenspolitischen Forderungen und Perspektiven der Kooperation für den Frieden - Unsere Antwort auf das „Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“ will die Kooperation Friedenspolitik mitgestalten.
Das Medienecho auf die friedenspolitischen Forderungen war ausgesprochen erfreulich. So brachte katholisch.de unter der Überschrift „Wo bleibt die Moral“ unsere Kritik am steigenden Rüstungshaushalt, an der Anschaffung der völkerrechtlich zweifelhaften Drohnen und an einer Bundeswehr, die Flüchtlinge abhalten soll, aber auch die Forderung nach mehr Kooperation. Der MDR berichtete ebenfalls über die KoFrie-Kritik. Die Zeitschrift und Online-portal Hintergrund schrieb: „Bündnis der Friedensbewegung warnt vor neuen Aufgaben der Bundeswehr und einer Spirale der Aufrüstung [und weist darauf hin], dass Initiativen der Friedensbewegung vor einer schleichenden Veränderung der Rolle der Bundeswehr gewarnt hätten. So werde sie zunehmend für Aufgaben eingesetzt, die nicht als rein defensiv zu bezeichnen seien. Außerdem kritisieren die Initiativen, dass die Politik der Bundesregierung zunehmend konfrontativ gegenüber Russland auftritt. Im vorangegangenen Weißbuch 2006 war Russland noch als „Partner“ beschrieben worden. Im Weißbuch 2016 steht: „Russland wendet sich dabei von einer engen Partnerschaft mit dem Westen ab und betont strategische Rivalität.“ Die Junge Welt, Reuters und KNA berichteten ebenfalls über die KoFrie Kritik an einer weiteren Militarisierung.
Der zwölfseitige Text umfasst fünf Teile, eine Einleitung „Frieden stiften“, dann einen Teil „Kriegslogik und Konfrontation: Kritik am Bundeswehr-Weißbuch 2016“, danach „Die Erweiterung des Sicherheitsbegriffs und die Entgrenzung des Militärischen“. Darauf folgen: „An Alternativen weiterarbeiten: Aufgaben für die Kooperation für den Frieden“ und schließlich „Friedenspolitische Forderungen und Perspektiven: Verantwortung zu Abrüstung und internationaler Gerechtigkeit“. Im Folgenden werden nun die beiden letzten Teile grob skizziert.Die Kooperation für den Frieden sieht reale Alternativen zu der im Bundeswehr-Weißbuch festgeschriebenen Politik, die sich dem Primat von Frieden, ziviler Konfliktbearbeitung und Abrüstung verschreibt. Notwendig sei eine umfassende Information, Aufklärung und Diskussion über die Kerninhalte des Weißbuches. Es setzt den Trend der letzten 25 Jahre fort: Die Erweiterung des Sicherheitsbegriffes zu „vernetztem Handeln“, was sich in der „Entgrenzung des Militärischen“ niederschlägt. Dargelegt werden sollten die sozialpolitischen und wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Politik. Entlarvt werden müssen Feindbilder. Verlogen ist auch eine Kriegsführung, um den Schutz von Menschenrechten zu gewährleisten. Die Einführung eines Menschenrechts auf Frieden sollte dazu beitragen, Menschen vor Krieg zu schützen.
Wir verstehen deutsche Verantwortung als Verantwortung zu mehr Gerechtigkeit und Frieden auf der Welt. Solidarität zu ermöglichen anstelle von Konfrontation, Feindbildern und einer Globalisierung der Gleichgültigkeit, ist die Grundlage für eine Politik (basierend auf menschlichem Handeln), die globale soziale Gerechtigkeit und Frieden mit der Natur anstrebt. In der Einhaltung von Völkerrecht, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und den Menschenrechtspakten sehen wir ein Fundament für den Frieden.
Wir treten ein für eine Welt ohne Militärblöcke. Die Überwindung der NATO durch kooperative Friedens- und Sicherheitsstrukturen wird angestrebt. Wir legen eine besondere Bedeutung auf die Stärkung der OSZE, der Vereinten Nationen und auf eine Fortschreibung des Helsinki-Prozesses unter Beteiligung der internationalen Friedensbewegung. Europa soll eine gemeinsame Friedenspolitik beginnen, die auf der Einhaltung von Menschenrechten und Völkerrecht basiert.
Konzeptionelle Überlegungen für eine Umrüstung auf Defensivsysteme werden als vertrauensbildende Maßnahme vorangetrieben. Die neu aufgetretenen Spannungen in Europa müssen durch eine neue Entspannungspolitik überwunden werden. Kern dieser Entspannungspolitik ist die Rückkehr zu einer Politik der gemeinsamen Sicherheit und der internationalen Kooperation. Deutsche Friedenspolitik sollte sich auch an den globalen ökologischen Grenzwerten („planetary bounderies“) sowie den politischen Herausforderungen der vollständigen Dekarbonisierung (Co2-freie Welt) orientieren. Ziel sollte eine mit Frieden zu vereinbarende demokratische Wirtschaftsordnung sein, die solidarisches Wirtschaften und gerechte Handelsstrukturen gebietet.
Alle Rüstungsbeschaffungen, die in den verschiedenen Investitionsplänen der Bundeswehr vorgesehen sind und die einer offensiven Ausrichtung der Bundeswehr entsprechen, müssen gestoppt werden. Durch Rüstungsexporte kommen Staaten und Milizen, die selber nicht in der Lage wären, Waffen herzustellen, in den Besitz von Waffen und erhalten somit die Möglichkeit, Krieg zu führen. In einem ersten Schritt fordern wir einen sofortigen Stopp jeglicher Rüstungsexporte in Nicht-NATO-Länder. Jegliche militärische Zusammenarbeit mit der Türkei und mit Israel wird gestoppt und Verhandlungen zur Lösung des Konflikts mit den KurdInnen in der Türkei bzw. mit den PalästinenserInnen im besetzten Palästina werden gefordert und unterstützt.
Zivile Konflikttransformation wird zum Leitmotiv der Außenpolitik. Dazu gehören auch Prävention und Nachsorge. Jegliche Form zivil-militärischer Zusammenarbeit wird beendet. Defensive Strukturen könnten durch Soziale Verteidigung ersetzt werden. Diese Überlegungen sollen in die neuen Leitlinien des Auswärtigen Amtes zum zivilen Krisenmanagement einfließen. Friedensbildung wird zum integralen Bestandteil im Schulunterricht sowie der LehrerInnenfortbildung. Das Ende von Bundeswehrauftritten an Schulen wird durch Beschlüsse der Länderparlamente fixiert. In den Bildungsplänen der Bundesländer sollen Konzepte der zivilen Konfliktbearbeitung und Sichtweisen der Friedensbewegung berücksichtigt werden. Die Zivilklausel, mit der ausschließlich zivile Forschung an den Hochschulen gefordert wird, wird durch ein Rahmengesetz des Bundes bundeseinheitlich verpflichtend festgeschrieben.
Deutschland hat eine neue Rolle in der Welt. Aus dem ökonomischen Hegemon in Europa, dem immer selbstbewussteren Juniorpartner der USA, wird ein solidarischer Partner mit gleichberechtigten sowie fairen sozialen, ökonomischen und ökologischen Beziehungen zu allen Staaten der Welt.
Auf der KoFrie-Mitgliederversammlung muss nun entschieden werden, wie mit unseren Forderungen und dem Gesamttext weiter verfahren werden soll.
Das Papier kann online bei der Kooperation für den Frieden eingesehen werden (http://bit.ly/29Xr01p).