Hinter Mauern wächst kein Frieden

Kampagne gegen den "Trennungszaun" in Palästina

von Matthias Jochheim
Friedensbewegung international
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In der europäischen Öffentlichkeit ist, wie kürzliche Umfragen ergaben, die Auffassung sehr verbreitet, dass der israelisch-palästinensische Konflikt weit über die Region hinausgehend den Weltfrieden belastet. Mit der enormen Kluft in den Lebens- und Einkommensverhältnissen zwischen Israelis und Palästinensern repräsentiert er Elemente des Nord-Süd-Konflikts, und ist mit ethnisch-kulturellen Feindbildern auf beiden Seiten hochgradig besetzt: Islam gegen christlich-jüdischen Okzident. Für die "dritte Welt" zeigt er exemplarisch die doppelte Moral westlicher Regierungen: Völkerrecht und Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen verlieren für diese offenbar an Bedeutung, wenn es um das Regierungshandeln eines Außenpostens des Westens geht.

Auch unsere politischen Freunde in der israelischen Friedensbewegung sehen die düsteren Parallelen, und sprechen von einem drohenden, in Teilen schon realisierten "Apartheids"-System in ihrer Region: der systematischen Entrechtung und Unterdrückung einer großen, ethnisch definierten Bevölkerungsgruppe innerhalb des israelischen staatlichen Machtbereichs.

Konzentrierter Ausdruck eines solchen verhängnisvollen Weges ist der geplante, in Teilen aber auch schon realisierte Bau eines "Trennungszauns", der allerdings nur zu 11% auf der "grünen Linie", der Grenze von vor 1967 verläuft, im übrigen mitten durch das Westbank-Territorium, und damit viel stärker Palästinenser von Palästinensern trennt, als von Israelis. Das verbleibende Territorium für die Palästinenser entspräche etwa 60% von West Bank und Gaza, d.h. noch etwa 12% des historischen Palästina.

Das Argument, es gehe bei diesem monströsen Projekt um Sicherheit vor Terroranschlägen, erscheint als Vorwand; die reale Wirkung ist die nachhaltige Verhinderung einer selbstbestimmten Entwicklung der palästinensischen Gesellschaft. Diese ist eben in einem System von Enklaven innerhalb eines von der israelischen Armee komplett kontrollierten Territoriums nicht vorstellbar (siehe Karte.)

Hier ist internationale Einmischung gefragt, wie uns unsere israelischen und palästinensischen Freundinnen und Freunde immer wieder versichern. Uri Avnery betont, eine Voraussetzung für einen gerechten Frieden sei, dass die "Europäer mehr Spinat essen", d.h. den Mut zu klarerer Einflussnahme fassen.

Hierzu will die Kampagne "Stoppt den Mauerbau in Palästina" beitragen, die bei der Strategiekonferenz der "Kooperation für den Frieden" Ende September in Dortmund als ein prioritäres Projekt mit verabschiedet wurde.

Ziel der Kampagne sind die Sensibilisierung und Aktivierung der deutschen Öffentlichkeit und die Unterstützung israelischer und palästinensischer Kräfte für eine friedliche Lösung des Konflikts, die ein Ende der israelischen Okkupation einschließen muss. In diesem Sinne soll auch auf die deutsche Bundesregierung Einfluss genommen werden.

Ein (deutscher) Aufruf gegen den Mauerbau wurde verfasst, und inzwischen vom "Aachener Friedenspreis", dem Bund für soziale Verteidigung, IPPNW, dem Komitee für Grundrechte und Demokratie sowie örtlichen Friedensgruppen und Einzelpersonen unterschrieben. Eine erste Annonce ist im "Freitag" erschienen, Unterstützung für weitere Veröffentlichungen wird gesammelt. (http://www.ippnw.de/frieden/israel/mauerbau.htm)

Am 29.11., dem Jahrestag des UNO-Beschlusses zur Teilung Palästinas und zur Schaffung zweier Staaten auf dessen Territorium, fanden in einer Reihe von deutschen Städten Informationsstände, Veranstaltungen und andere öffentliche Aktivitäten zum Thema statt. Diese dezentralen Aktionen sollen in den nächsten Monaten weitergehen, und durch eine gemeinsame Konferenz oder auch einen Kongress im Frühjahr des nächsten Jahres verstärkt und zusammengeführt werden. Unsere Anstrengungen sind Teil einer internationalen Kampagne, die von palästinensischen und israelischen Organisationen ausgeht. (siehe www.stopthewall.org)

Palästina-Solidaritäts-Gruppen wirken in dieser Kampagne mit Friedensbewegten zusammen, ohne dass die auch unterschiedlichen Ansätze unter den Tisch fallen sollen.

Wir meinen, dass die internationale Friedensbewegung sich noch stärker als bisher mit diesem Schlüsselkonflikt beschäftigen muß, damit Samuel Huntington`s Idee des "Kriegs der Kulturen" gestoppt werden kann.

Weitere Infos: www.freepalestine.de
 

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Matthias Jochheim ist ist Arzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapeut und wirkt im AK Süd / Nord der IPPNW mit.