Kriegsdienst-Geflüchtete aus Russland, Belarus und Ukraine unterstützen!

Kriegsdienstverweigerung im Krieg gegen die Ukraine

von Rudi Friedrich
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Das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung wird in Russland, Belarus und der Ukraine beschränkt. Das Asylrecht für Kriegsdienst-Geflüchtete aus diesen Ländern ist in Europa fraglich. Auch in Deutschland können sich Flüchtlinge nicht darauf verlassen, Asylrecht zu erhalten, weil sie in ihrem Herkunftsland nicht als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden und ihnen eine Rekrutierung droht.

In Russland werden Anträge auf Kriegsdienstverweigerung von den Militärkommissariaten überprüft, die die betroffenen Bürger*innen auch schon mal an Psychiatrien überstellen. In Belarus gab es Anfang März umfangreiche Rekrutierungen für den Kriegseinsatz. Nur Männer mit einer religiös-pazifistischen Haltung können anerkannt werden – de facto nur wenige. In der Ukraine wurde die Wehrpflicht 2015 wieder eingeführt. Kriegsdienstverweigerer werden nur anerkannt, wenn sie einer von zehn kleinen Religionsgemeinschaften angehören – also nur eine kleine exklusive Gruppe – die Mehrheit der orthodoxen Christen ist ausgeschlossen. Die schärfste Beschränkung: In allen drei Ländern können Menschen, die aktuell Soldat*innen oder Reservist*innen sind, überhaupt gar keinen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen! Nur wer rechtzeitig vorher alle Formalitäten erfüllt, hat eine Chance auf Anerkennung. Durch diese bürokratischen Hürden werden die meisten de jure zu Militärangehörigen – und wer dann notgedrungen ohne juristischen Schutz verweigert, wird mit (Gefängnis-)Strafen bedroht.

Erste Berichte über Kriegsdienst-Flüchtende gibt es bereits aus Belarus: Nach Informationen der Menschenrechtsorganisation Nash Dom aus Belarus haben sich etwa 3000 von Militärdienst bedrohte Belarussen nach Litauen geflüchtet und brauchen Unterstützung. Sehr wahrscheinlich sind in Georgien bereits russische Kriegsdienst-Flüchtende angekommen und suchen nach einer Perspektive und Auswegen. Da Ukrainer*innen in Deutschland ein Jahr Aufenthaltsrecht haben, haben sich vermutlich hunderte ukrainische Kriegsdienst-Flüchtende schon vor Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffs des russischen Militärs in der Bundesrepublik in Sicherheit zu bringen versucht. Da ihr Aufenthaltsrecht aber nur zwölf Monate gilt, könnten sie bald vor der Wahl zwischen Rückkehr und Kriegsdienst oder Asylantrag und Ablehnung stehen.

Connection e.V. hat Erfahrung mit transnationaler Solidaritätsarbeit und Kontakte zu Nichtregierungs-Organisationen, die Kriegsdienstverweigerung unterstützen. Der Verein baut darauf ein Netzwerk auf, um Kriegsdienst-Flüchtenden zusammen mit Nichtregierungs-Organisationen (NGO) zu helfen, wenn sie sich nicht an dem Krieg um die Ukraine beteiligen möchten. Mögliche Partnerorganisationen in Finnland, Litauen, Belarus, Georgien, Serbien und der Türkei sind durch Connection e.V. bereits kontaktiert.

Die ersten Hilfen zur Kriegsdienstverweigerung rund um den Ukraine-Krieg sind angestoßen:

  • Das Projekt „No Means No“ der belarussischen NGO Nash Dom kommt belarussischen Kriegsdienst-Flüchtenden zugute und wird von Connection e.V. unterstützt.
  • Mitte März 2022 konnte eine Beratungshotline eröffnen. Unter der Telefonnummer und eMail-Adresse werden Fragen von betroffenen Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren in Russisch, Englisch und Deutsch beantwortet.
  • Kurzinfos für kritische Soldaten: Zugleich hat Connection e.V. Kurzinfos für unzufriedene Soldaten und Soldatinnen aus Russland, Belarus und der Ukraine in Deutsch, Englisch und Russisch zur Verfügung gestellt. Diese beinhalten Informationen zu Kriegsdienstverweigerung oder einer Asylantragstellung im westeuropäischen Ausland.
  • Antrag an den Bundestag: Ende März haben etwa 50 Nichtregierungs-Organisationen zusammen mit Connection e.V. den Fraktionen sowie Abgeordneten des Deutschen Bundestages einen Antrag zum Schutz von Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern aus Russland, Belarus und Ukraine vorgelegt.

Für alle gilt, dass das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung, wie es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2011 festgestellt hat, Gültigkeit haben muss. Wenn dieses Recht verletzt wird, müssen Verweigerer und Deserteure als Flüchtlinge geschützt werden, was ihnen bislang allzu oft verwehrt wird.

Mehr Infos unter www.Connection-eV.org/StopWarUkraine

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