Rüstungsexport. Geschäft und Politik.

von Thomas Schmidt

Es ist wenig bekannt, daß seit dem Ende des 2. Weltkrieges 160 Kriege und bewaffnete Konflikte stattfanden, von denen heute noch 30 andauern. Die Kriegsschauplätze liegen zumeist in Ländern der "Dritten Welt". Es blieb auch weitgehend unbemerkt, daß in vielen dieser Kriege mit Waffen aus der Bundesrepublik Menschen getötet werden - etwa im Golfkrieg zwischen Iran und Irak. Deutsche Rüstungsgüter helfen aber auch etlichen Diktaturen in Ländern der "Dritten Welt", ihre blutige Herrschaft abzusichern - in Chile ebenso wie in Südafrika.

Die Rüstungsexporte deutscher Firmen haben vor allem in den siebziger Jahren stark zugenommen. Diese Tatsachen sind aus einem guten Grund wenig bekannt: sie werden verschwiegen. Nur gelegentlich machen einzelne Skandale Schlagzeilen, das alltägliche Geschäft mit dem Tod ist kaum ein Thema für Medien·und die breite Öffentlichkeit,

So ist der weitverbreitete Eindruck entstanden, daß der internationale Handel mit Kriegsgeräten von zwielichtigen Waffenschiebern im illegalen Raum kontrolliert wird. Doch das Gegenteil ist der Fall: Illegaler Waffenhandel ist die Ausnahme, die Regel sind völlig legale, von der Bundesregierung genehmigte Rüstungsexporte in alle Welt, mit Ausnahme der Staaten Osteuropas.

Die Bundesregierung muß alle Rüstungsexporte genehmigen, das gesetzliche Instrumentarium dafür ist sehr umfassend. Sie könnte jeden Rüstungsexport verhindern, doch ihr fehlt der politische Wille dazu. Weil die Bundesregierung nahezu jeden von Rüstungsfirmen beantragten Rüstungsexport genehmigt, ist sie die Hauptverantwortliche, wenn überall auf der Welt Menschen mit deutschen Waffen unterdrückt und getötet werden. Genaue Zahlen zu konkreten Rüstungsgeschäften sind allerdings nur schwer zu bekommen, denn dieser Bereich unterliegt weitgehend der Geheimhaltung.

Rüstungsexport ist nicht nur Geschäft. sondern auch Politik: Durch die Genehmigung von Rüstungslieferungen soll nicht nur den Interessen der Deutschen Wirtschaft gedient werden, sondern die Bundesregierung nimmt auch außenpolitischen Einfluß auf die Empfängerländer.

So hat die damalige SPD/FDP-Regierung den Export von Maschinengewehren nach Nicaragua (1977-78) genehmigt und dadurch die Diktatur der Somoza-Familie in ihrem Krieg gegen die eigene Bevölkerung unterstützt. So wurde durch Waffenlieferungen an Chile die dortige Militärdiktatur willentlich gestärkt oder durch Rüstungsexporte an den Iran und den Irak der Golfkrieg bewußt verlängert.

Mit Genehmigung der Bundesregierung wurden in den letzten Jahren beispielsweise folgende Rüstungsgeschäfte abgewickelt:

  • Leopard-Panzer an die Türkei
  • U-Boote an Chile (auch die Ausbildung chilenischer Marine-Offiziere fand in der Bundesrepublik statt)
  • U-Boote an Indonesien und Peru
  • Fregatten an Argentinien
  • Minenkampfboote und Unimogs an Südafrika
  • eine komplette Fabrik zur Produktion von Panzern- und Haubitzenmunition an Saudi-Arabien
  • Schnellboote an mehrere Staaten am Persischen Golf
  • eine komplette Munitionsfabrik an den Iran

Als angeblich zivile Güter durften genehmigungsfrei zum Beispiel Panzertransporte an die Kriegsgegner Irak und Iran exportiert werden oder Hubschrauber an die südafrikanische Polizei, die sie nach eigenen Angaben zur Aufstandsbekämpfung einsetzen wollte. An dieser Stelle muß auch die Ausfuhr sensitiver Atomtechnologien nach Südafrika, Pakistan, Argentinien und Brasilien erwähnt werden. Diese Länder wurden dadurch in die Lage versetzt, Atomwaffen herzustellen.

Dritte Welt

Für die Länder der Dritten Welt haben Rüstungsexporte schwerwiegende Folgen:

  • hohe Staatsverschuldung durch überproportionale Militärausgaben mit all ihren wirtschaftlichen, politischen und sozialen Folgen
  • Erzeugung einer Atmosphäre der Einschüchterung, Bedrohung und Angst, Verschärfung bestehender ethnischer und sozialer Konflikte
  • Verschärfung militärischer Konflikte mit Nachbarstaaten
  • Intensivierung von Menschenrechtsverletzungen
  • Anwachsen der Flüchtlingszahlen, Flüchtlinge fliehen vor militärischer Eskalation.

Forderungen zum Stopp der Rüstungsexporte!

  • Umstellung von Rüstungsproduktion auf alternative Fertigung
  • Offenlegung der Rüstungsexporte, d.h. aller bisherigen und zukünftigen Anträge und Genehmigungen
  • keine Ausrüstungs und Ausbildungsbeihilfen für ausländische Militärs und Polizei
  • keine Rüstungs und Militärwerbung, keine Messen dieser Art, keine Beteiligung deutscher Firmen an ausländischen Militärmessen
  • keine staatlichen Subventionen für Rüstungsexporte

Durch vielfältige Aktivitäten von Gruppen und Einzelpersonen ist es gelungen, die bundesdeutschen Rüstungsexporte etwas mehr in das öffentliche Bewußtsein zu rücken. Ein konkreter Erfolg der kontinuierlichen Arbeit von Aktionsgruppen war sicherlich, daß Manager der Rüstungsfirma Rheinmetall als erste wegen illegalen Waffenlieferungen verurteilt wurden. Die inhaltlichen Schwerpunkte der Kampagnen sind zur Zeit die Rüstungs- und Atomexporte nach Südafrika, nach Iran und Irak und die militärische Zusammenarbeit mit den Ländern Südostasiens.

Was könnt Ihr tun?

  • Artikel der Lokalpresse zu Rüstungsfragen an die Archivgruppe schicken
  • am Wohnort über die Rüstungsindustrie recherchieren (die Ergebnisse ans Info schicken)
  • in bestehenden Gruppen mitarbeiten (Adressen bei der Koordinationsstelle)
  • an Aktionen der Kampagne teilnehmen
  • Bundestagsabgeordnete, Ministerien, Landtagsabgeordnete und sonstige Verantwortliche mit Anfragen erfreuen
  • Infostände machen
  • Veranstaltungen durchführen
  • Gleichgesinnte suchen und eine Gruppe aufbauen
  • sich neue Aktionen ausdenken und über die Kampagnen verbreiten

Archiv

Die Kampagne unterhält in Bremen ein umfangreiches Archiv zu bundesdeutschen Rüstungsexporten. Die Archivgruppe erstellt aus den interessantesten Meldungen ein Info, das zusammen mit einem Rundbrief herausgegeben wird. Auf gezielte Anfragen hin können Archivauszüge gemacht werden. Weitere Informationen, ein kostenloser Probe-Rundbrief, eine kommentierte Materialliste und örtliche. Kontaktadressen können angefordert werden bei: BUKO-Kampagne "Stoppt den Rüstungsexport", Buchtstr.14/15, 2800 Bremen 1, Tel.

  0421/326045

Kontaktadressen/Referenten/Medienvermittlung

Büro der Kampagne gegen Rüstungsexport, Sartoriusstr.Z, 8700 Würzburg, Tel. 0931/14578

Komitee gegen den iranisch/irakischen Krieg, 3.Welt-Haus. Buchtstr. 14/15, 2800 Bremen

Informationsbüro Türkei, Postfach 911154, 3000 Hannover 91 Gesellschaft für bedrohte Völker, Postfach 2024, 3400 Göttingen. Tel. 0551/55822-23

Organisation iranischer Demokraten im Ausland (OIDA). Postfach 103043, 6900 Heidelberg

Vereinigung irakischer Studenten in der BRD und West-Berlin (VES),. Postfach 100102, 6050 Offenbach

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