"Trident Ploughshares 2000" - Camp im August 1998, Faslane, Schottland

von Johanna Berking

Über hundert Menschen aus zwölf verschiedenen Ländern trafen sich Mitte August am britischen Atomwaffenstützpunkt in Schottland, um die dort gelagerten Atom-U-Boote funktionsuntüchtig zu machen. Mehrmals gelangten Aktivistlnnen schwimmend bis in die Hochsicherheitszone. Innerhalb von zweieinhalb Wochen gab es ca. 120 Festnahmen, sieben Aktivistlnnen sind in Untersuchungshaft. Die ersten Gerichtsverfahren waren am 23. und 29. September in Hellensbourgh, Schottland.

Zur Erklärung des Namens der Kampagne: "Trident" werden die vier Atom-U-Boote genannt, die das britische Atomwaffenarsenal darstellen; "Ploughshares - Pflugscharen" bezieht sich darauf, daß das Ziel der Aktion von dem Bibelzitat "Macht Schwerter zu Pflugscharen" inspiriert ist: die gewaltfreie und offene Entwaffnung von Waffen. Die Aktion läuft bis zum 1. Januar 2000.

Alle demokratischen Wege sind bereits gegangen: es sind Briefe an alle Regierungsvertreter und Tony Blair geschickt worden, es gab eine offizielle Kundgebung und Pressekonferenz am 2.5.1998 zu Beginn von dreimonatigen Verhandlungen mit der Regierung.

97 Leute haben ein Versprechen (pledge) unterzeichnet (und damit bis zu 10 Jahren Haft für Verschwörung gegen den Staat riskiert). Der pledge besagt ausführlich, daß wir, die Unterzeichnerlnnen, Atomwaffen für gefährlich und unrechtmäßig halten. Atomwaffen sind am 8.7.1996 vom International Court of Justice für illegal für erklärt worden, da sie die Menschenrechte mißachten. Unserer Meinung nach ist es die Verantwortung eines jeden Weltbürgers, die Waffen sicher, gewaltfrei und offen unschädlich zu machen, bzw. zu entwaffnen.

Die Pflugschar-Aktionen begannen am 11.8. mit einer Kundgebung am Haupteingang zum U-Boot-Lager Faslane, Schottland. Der Base Commander wurde ein letztes Mal gefragt, ob er das Lager schließt, dann faßten wir uns an den Händen, lasen zusammen das Versprechen, das wir unterzeichnet hatten, und sangen.

Es waren Leute aus 12 Ländern dort, viele aus Skandinavien, Belgien (eine Gruppe ist vom NATO-Gelände in Brüssel nach Faslane gelaufen) Holland, Frankreich, Deutschland, USA, Japan und Australien. Fast alle waren in kleineren Gruppen organisiert die sich seit Beginn des Projektes getroffen hatten, um Aktionen zu planen. Ich war dort mit der Gruppe, die sich aus den ersten Gesprächen mit Interessierten Anfang des Jahres in Brighton herauskristallisiert hat.

Am Sonntag gab es eine gemeinsame Aktion vor dem Atomwaffenlager Coulport, nicht weit von Faslane. Vier Aktivistinnen aus Brighton begannen die Aktion damit, daß sie sich als Inspektorinnen für Internationales Recht, Sicherheit und Gesundheit, Umweltschutz und Kriegsverbrechen ausgaben. Wir erbaten uns Eintritt, da wir Grund zur Annahme hatten, daß sich illegale Massenvernichtungswaffen auf dem Gelände befinden, und hatten lange Gespräche mit den Ministry of Defence- Polizisten. Der Eintritt wurde uns nicht gewährt, und unsere Diskussion ist schließlich durch unsere Festnahme beendet worden. Zur gleichen Zeit blokkierten andere die Einfahrt, fünf hatten sich aneinandergekettet, andere kletterten über den Zaun oder zerschnitten ihn. Nach der Blockade sind viele durch und über den Zaun ins Lager eingedrungen. Es gab 37 Festnahmen. Mit einigen Ausnahmen waren die Polizisten im allgemeinen an uns interessiert und respektierten uns und unsere Entschlossenheit. Vielleicht hatten sie Saboteure, und Leute, die es auf eine Konfrontation mit der Polizei abgesehen hatten, erwartet; jedenfalls hatten wir ein sehr gutes Vehältnis miteinander, als sie sahen, daß wir völlig gewaltfrei sind. (Sie sind ins Camp gekommen, um einen Karton Sojamilch zu holen für die veganen Teetrinker in ihren Zellen Tee ohne Milch trinkt in England keiner.)

Aufgrund der vielen Festnahmen reichten die Polizeizellen der Umgebung nicht aus, so daß einige festgenommene Aktivistlnnen bis nach Glasgow gebracht worden sind. Auch im Gerichtssaal kamen die Richter mit unserer Strategie nicht ganz klar. Die Angeklagten wurden gefragt, ob sie schuldig seien oder nicht. - "Nicht schuldig." und ob sie auf Bewährung "raus wollten." - "Ja sicher".

Es gibt allerdings die Zusatzbedingung, sich der Basis bis auf 25 Meter nicht zu nähern - "Nein, das kann ich nicht unterzeichnen. Ich bin hier, um Internationales Recht zu vertreten und um diesen Zustand von fortlaufendem Verbrechen zu beenden."

Der Richter hat mit seinem Vorgesetzten telefoniert; die Zusatzbedingung wurde gestrichen. In den Bewährungsrichtlinien steht, ich dürfe während der Bewährung keiner kriminellen Tat schuldig werden. "Ich bin hier um kriminelle Taten zu verhindern. Wenn Sie schottisches über internationales Recht stellen und mich einer kriminellen Tat schuldig befinden, wenn ich mit meiner Entwaffnungsarbeit fortfahre, dann kann ich das nicht unterschreiben." "Ob es eine kriminelle Tat ist oder nicht, werden wir vor Gericht herausfinden, vorher sind Sie keiner kriminellen Tat schuldig" - "Ich werde also unterschreiben und dann meine Arbeit fortsetzen." Daraufhin haben sich einige Aktivistlnnen immer wieder festnehmen lassen.

Außer der gemeinsamen Aktion gab es viele Einzelaktionen, bei denen Aktivistinnen durch den Zaun oder schwimmend ins Lager eindrangen. Drei Schwimmerlnnen sind bei Nacht bis kurz vor das Atom-U-Boot gelangt, bevor sie entdeckt wurden. Sie sind mit Hämmern und Bolzenschneidern durch den Meeresarm geschnorchelt. Als sie entdeckt wurden, sind sie mit Maschinengewehren bedroht worden, aber als man sie herausfischte, meinten die Soldaten: "Good job, weIl done! So weit ist bisher noch niemand gekommen".

Damit der Druck auf die Regierung stärker wird, die Waffen abzuschaffen, ist es wichtig, möglichst viele Menschen für diese Sache zu gewinnen. Obwohl wir nur eine Hand voll Leute waren gegenüber dem System, das wir konfrontierten, glaube ich, daß wir allein in diesen 2 Wochen schon viel erreicht haben. Die Kampagne geht bis zum 1.1.2000. Es gibt alle drei Monate Wochenendcamps, und in der Zwischenzeit ist jeder eingeladen, in einer Gruppe Mitglied zu werden, eine neue zu bilden, und Aktionen an allen Orten, die mit Atomwaffen im Zusammenhang stehen, zu unternehmen!

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Friedensbewegung international
Pfluschar-Aktivistin