Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 6. August 2020 in Schwäbisch Gmünd

 

- Sperrfrist: 9.8., Redebeginn: 11 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

heute vor 75 Jahren lag die Stadt Hiroshima, in Schutt und heißer, tödlicher Asche. Menschen, die noch lebten, irrten in den Überresten der Stadt mit unvorstellbaren Verletzungen, zutiefst traumatisiert. Sie wussten nicht genau was passiert war. Schwarzer Regen fiel vom Himmel. Die Liebsten wurden gesucht, manche gefunden, manche für immer ohne Überreste verschwunden. Schatten hatten sich eingebrannt auf den Straßen. Von Szenen, in denen das Leben noch war.

Ohne die Chance, Schutz aufzusuchen, fiel um 16 Minuten nach 8 Uhr morgens die erste Atomwaffe genannt Little boy auf die bewohnte japanische Stadt. Und zerstörte nach dem Lichtblitz binnen Sekunden alles Bekannte. Die mächtige Hitzewelle und die Temperaturen stiegen ins Unermessliche. Flüsse und Gewässer kochten und Trinkbares gab es nicht mehr. Textilien verbrannten. Verbandsmaterial war in der ganzen Stadt in der Kürze der ersten Hitzewelle verbrannt.

Wälder, Bäume, und andere brennbare Materialien entflammten noch Kilometer vom Detonationsort entfernt.

Der zweite Tod kam durch die Druckwelle. Nach der ersten taifunartigen Druckwelle entstanden Stürme, die die Brandherde auflodern ließen, Menschen, Tiere, Gebäude und Gegenstände wurden in den Raum geschleudert. Die Stürme hielten eine ganze Weile an. Der dritte Tod kam mit der unbekannten radioaktiven Strahlung. Der schwarze Regen, der gefallen ist, war fremd und die Gefahr, die von der Strahlung ausging, kannten die Menschen nicht. Sie erlebten in der Stadt, tage- und
wochenlang, monatelang und jahrelang, über Jahrzehnte nach diesem 6.8.1945, noch die Folgen der Radioaktivität für ihre Gesundheit und für ihr Leben. Sie erlebten auch, dass die Kinder erneut Opfer der Strahlenkrankheit wurden.

Hibakusha, die Überlebenden der Abwürfe wissen von diesen Erfahrungen zu berichten. Und ich möchte sagen mit Hibakusha zu sprechen ist heilsam. Die drei Menschen, die ich persönlich treffen durfte, die Atombomben in Hiroshima oder Nagasaki überlebt hatten, waren trotz dieses Traumas nicht verbittert. Sie waren auch nicht schwach. Sie waren voller Liebe für das Leben und --- sicher das ihre Mission existentiell ist.

Hibakusha bestehen auf eine Welt ohne Atomwaffen, da Atomwaffen dem Menschen nicht zustehen.

Atomwaffen sind zutiefst unmenschlich, inhuman. Das die Menschheit auf Atomwaffen besteht, entwürdigt das Menschliche. Nach einer Atomwaffenexplosion ist alles was hilft und lindert, was heilt und nährt,---
zerstört oder dauerhaft verändert und schädlich. Es war ein Kraftakt, dass Hiroshima wieder eine lebendige Stadt ist.

Keine dieser Bomben hätte geworfen werden müssen, aber nach dem Hiroshima zerstört worden war, hätte Nagasaki geschont werden müssen. Es ist für mich ein Wunder, dass das Leben weiterging. Und für die Menschen war das ausschlagende Grün dieses Ginkobaumes ein Wunder. Wir sind Menschen und haben Würde und es ist wirklich gut, wenn wir diese Geschichte des Lebens, nach dem Ende erzählen. Es ist tatsächlich, wie die Ostergeschichte. Es wird Leben, nachdem das Leben ausgelöscht war.

Als ich 2019 in New York das letzte Mal den Geschichten eines Hibakshas zuhören durfte sagte er.

Alle Menschen dieser Erde sind Hibaksha, denn die radioaktive Strahlung, die vom Uranabbau und dem nuklearen Müll ausgehen, die Strahlung der über 2000 Atomwaffendetonationen und die Belastung durch die Radioaktivität der Atomunglücke die Menschen erleiden, betreffen längst jeden von uns. Wer über Atomwaffen ernsthaft nachdenkt. Wer sich in seiner Vorstellung nach Hiroshima vor 75 Jahren begibt, der weiß, dass es zur Atomwaffenfrage nur eine logische Konsequenz gibt.

Die Würde des Menschen ist unantastbar- Lassen sie uns alle dafür einstehen, dass wir würdevoll Hibakusha sind, denn wir haben kein Recht die Natur von Mutter Erde zu zerstören.

 

Silvia Maria Bopp ist aktiv bei der Friedenswerkstatt Mutlangen.