Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 6. August 2022 in Bonn

 

- Sperrfrist: 6.8., Redebeginn: 12 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Vor 77 Jahren wurden am 6. und am 8. August 1945 die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki von zwei Atombomben verwüstet, verbrannt und verstrahlt. Die Opfer dieser Atombombenabwürfe mahnen uns, alles zu tun, dass dies nie wieder geschieht. Wir gedenken ihrer und nehmen die Mahnung mit unserer alljährlichen Kundgebung auf.

In diesem Jahr sind wir in weitaus größerer Sorge als in den vergangenen Jahrzehnten, in denen trotz der ununterbrochenen Präsenz von Atomwaffen keine 100 km entfernt in Büchel / Eifel die Möglichkeit eines Einsatzes von Atomwaffen wenig vorstellbar schien.

Doch die indirekte Drohung Russlands mit Atomwaffen im Kontext des Ukraine-Krieges zeigt, wie fragil die atomare Abschreckung ist. Der Atomkrieg ist jederzeit möglich. Weitere Eskalationen im Ukraine-Krieg auch durch Waffenlieferungen des Westens müssen unterbleiben. Wir brauchen eine sofortige starke Initiative der UNO und des Westens, die Kriegsparteien zu einem Waffenstillstand und Verhandlungen zu bewegen.

ICAN ist die Internationale Kampagne zur Ächtung von Nuklearwaffen. Im Städteappell, dem sich die Stadt Bonn im letzten Jahr angeschlossen hat, heißt es u.a.: „Jeder Einsatz von Atomwaffen, ob vorsätzlich oder versehentlich, würde katastrophale, weitreichende und lang anhaltende Folgen für Mensch und Umwelt nach sich ziehen. Daher begrüßen wir den von den Vereinten Nationen verabschiedeten Vertrag zum Verbot von Atomwaffen (von) 2017 und fordern die Bundesregierung zum Beitritt auf.“

Der neue Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) ist am 22.1. letzten Jahres in Kraft getreten. Dieser Vertrag ist notwendig geworden, weil sich die Atomwaffenstaaten seit über 50 Jahren weigern, der Verpflichtung zu vollständiger nuklearer Abrüstung aus dem Nichtverbreitungsvertrag nachzukommen. Die erste Staatenkonferenz zum AVV hat im Juni in Wien stattgefunden. Deutschland nahm zwar beobachtend teil, betonte aber den eigenen Nichtbeitritt zum Vertrag. Dies ist skandalös!

Hartnäckig hält die Bundesregierung an der nuklearen Teilhabe in der NATO fest. 90 km von Bonn entfernt lagern in Büchel in der Eifel etwa 20 Atombomben mit einer Sprengkraft von jeweils bis zu 13 Hiroshima-Bomben. Dazu stehen in Büchel auch Tornado-Jagdflugzege als Trägersysteme bereit, mit denen deutsche Soldaten alljährlich den Abwurf der Atombomben üben. Im Kriegsfall sollen Bundeswehrsoldaten die atomar-tödliche Last in die Ziele fliegen. Im Oktober wird sich die Bundeswehr wiederum an dem Atomkriegsmanöver der NATO „Steadfast Noon“ beteiligen.

Statt atomar abzurüsten, will die Bundesregierung mit dem 100-Milliarden-Paket zur Aufrüstung auch neue F-35-Atombomber anschaffen. Auch die Atombomben in Büchel sollen durch zielgenauere und in der Endphase lenkbare Bomben ersetzt werden. Dies senkt die Hemmschwelle für einen Einsatz. Dafür wird Büchel aktuell für 260 Millionen Euro umgebaut.

Das Konzept der „nukleare Teilhabe“ ist in Wirklichkeit ein Konzept der „nuklearen Gefangenschaft“ und es ist obendrein völkerrechtswidrig. Denn nach dem Nichtverbreitungsvertrag für Nuklearwaffen darf die Bundesrepublik weder unmittelbar noch mittelbar über Atomwaffen verfügen. Und in Büchel haben wir genau diese mittelbare – und im Ernstfall unmittelbare - Verfügungsgewalt. Jeder Einsatz von Atomwaffen wäre völkerrechtlich ein Verbrechen.

Der Internationale Gerichtshof hat vor 26 Jahren in einem von der UNO angeforderten Gutachten erklärt, dass der Einsatz dieser Waffen „generell“ völkerrechtswidrig sei. Atomwaffen können nicht zwischen Kriegsbeteiligten und Zivilist*innen unterscheiden, sie verursachen extreme Qualen, wirken durch die Strahlung unbegrenzt, zerstören die Umwelt, ziehen unbeteiligte Staaten in Mitleidenschaft und bedrohen den gesamten Planeten.

Wir fordern den Abzug der Atombomben aus Büchel, den Ausstieg aus der nuklearen Teilhabe in der NATO, keine neuen Atombomber F-35, und den Beitritt Deutschlands zum AVV!

Wir müssen stärker werden in unserem Widerstand gegen die Atomwaffen. Es geht dabei um Aufklärung, um Druck auf die Abgeordneten und um direkten Protest und Widerstand. Beteiligt Euch an den Aktionen in Büchel und an der Protestdemonstration gegen das Atomkriegsmanöver in Nörvenich am 22. Oktober. Informiert Euch über die Kampagne „Büchel ist überall – atomwaffenfrei jetzt!“ Alle Infos dazu im Netz auf der Seite atomwaffenfrei.de

Seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Atombombenaufrüstung!

Vielen Dank.

 

Martin Singe ist aktiv bei der Pax Christi Gruppe Bonn.