Redebeitrag von Angelika Claußen (IPPNW) für den Ostermarsch Gronau am 14. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 14.04., Redebeginn: ca. 11 Uhr -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

In den letzten Tagen und Wochen spüren wir alle, wie sehr unsere Welt aus den Fugen geraten ist, wie nah die Gefahr eines Weltkriegs gekommen ist. Die Eskalationen in den Kriegs- und Spannungsgebieten unsere Erde nehmen zu, in Syrien, in der Ukraine, auf der koreanischen Halbinsel vor den Toren Chinas. Unser Einsatz für den Frieden wird also immer bedeutender. Wie gut dass Ihr alle heute so zahlreich gekommen seid!

Wir sind davon überzeugt, dass internationales Recht und das Völkerrecht eine zentrale Rolle für den Frieden spielen, auch wenn Chemiewaffen in Syrien trotz Chemiewaffenkonvention eingesetzt wurden, von welcher Partei ist bisher nicht geklärt. Welche Kriegspartei sie eingesetzt hat, ist unklar. Der Einsatz von Chemiewaffen ist schon ein Kriegsverbrechen. Umso schlimmer, ist es dass US-Präsident Trump umgehend erklärt, Syriens Präsident Assad sei der Verursacher und den Krieg mit der Bombardierung des syrischen Luftwaffenstützpunkts eskaliert.

Das Bundeskanzlerin Merkel dafür „Verständnis „ bekundet, ist für mich ein Skandal! Wie kann Frau Merkel für den bewussten Bruch des Völkerrechts Verständnis äußern?

Für Atomwaffen, die schrecklichste aller Massenvernichtungswaffen, gibt es bisher keinen Verbotsvertrag- Das ist aus humanitären Gründen völlig inakzeptabel. .

Stellen wir uns das Undenkbare vor: Atomwaffeneinsatz:

Nach dem verheerenden, menschenrechtsverachtenden Chemiewaffeneinsatz in der von islamistischen Milizen kontrollierten Stadt Chan Scheinhun und der Bombardierung des syrischen Luftwaffenstützpunkt Al Schairat durch die US –Regierung sind die Spannungen und der verbale Schlagabtausch zwischen den USA und Russland so sehr eskaliert, dass ein atomarer Schlagabtausch unimittelbar bevorsteht.

Die USA und Russland verfügen über mehr als 90% der insgesamt 15.000 Atomsprengköpfe. 1.800 werden immer noch auf höchster Alarmstufe gehalten, sie sind innerhalb von Minuten abfeuerbereit.

Wie wäre, wenn eine Atombombe von nur 100 kt Spengkraft über Gronau abgeworfen würde? Zum Vergleich: die Hiroshima-Bombe hatte ca. 13 kt Sprengkraft. Die Webseite Nukemap gibt Auskunft darüber, allerdings ist die Tatsache, dass hier in Gronau eine Urananreicherungsanlage steht und dass dies einen wichtigen Grund darstellen könnte die UAA als Ziel zu nehmen, im Szenario der Webseite nicht mit eingeschlossen.

Der Feuerball direkt nach der Explosion hätte einen Durchmesser von 380 m, gefolgt von einer gewaltigen Druckwelle, die Geschwindigkeiten von mehreren Hundert Km erreicht.

Dieser Druck tötet Menschen nahe des Epizentrums und verursacht Lungen- und Ohrenverletzungen sowie innere Blutungen bei jenen, die etwas weiter weg sind. Einstürzende Gebäude und durch die Luft fliegende Teile verursachen weitere Verletzungen.

Die Hitzestrahlung ist so intensiv, dass fast alles, das sich in der Nähe des Epizentrums befindet, verdampft. Die extreme Hitze verursacht schwere Verbrennungen und löst großflächige Brände aus, die sich zu Feuerstürmen von gigantischem Ausmaß entwickeln.

Im Unterschied zu konventionellen Waffen setzen Nuklearwaffen ionisierende Strahlung frei, Die Strahlung tritt in so hohen Dosen auf, sie tötet Zellen, schädigt Organe und führt zu einem raschen Tod.

Die Zahl der unmittelbar Toten würde ungefähr 14.470 Menschen betragen, bei einer Einwohnerzahl von gut 33.000. Knapp die Hälfte der Bevölkerung von Gronau wäre unmittelbar betroffen und der Rest wäre schwer verletzt, ohne jegliche Hilfe Die Überlebenden würden die Toten beneiden!

Hier nun nach dem Schreckensszenario die gute Nachricht: Damit auch Atomwaffen endlich geächtet und verboten werden, verhandeln bisher 130 Staaten einen Atomwaffenverbotsvertrag. Leider ist die Bundesregierung nicht dabei. Frau Merkel und Herr Gabriel verweigern sich, sie stehen auf der Seite der fünf Atomwaffenstaaten, die eine Teilnahme strikt ablehnen.

Als wichtiges NATO-Mitglied ordnet sich die Bundesregierung der US-Politik unter, einem Präsidenten Trump, der außenpolitische Entscheidungen „aus dem Bauch“ heraus entscheidet. Das Völkerrecht spielte für Trump bei seiner Entscheidung zum Bombardement keine Rolle. Und Bundeskanzlerin Merkel sowie Verteidigungsministerin von der Leyen finden das nachvollziehbar. Wie viel Wert legen sie auf das Völkerrecht?

Frieden durch Recht: In den heutigen Zeiten brauchen wir das Völkerrecht und die UNO mehr denn je, deshalb setzen wir uns ein für einen Verbotsvertrag für Atomwaffen, bevor es zu spät ist. Wir zusammen mit 130 UN Staaten sind die Hoffnungsträger! Von einem Kanzlerkandidat Schulz, aber auch von Kanzlerin Frau Merkel erwarten wir, dass es hier einen Politikwechsel kommt: Ja zum Verbotsvertrag für Atomwaffen, Teilnahme an den Verhandlungen im Juli in New York, und eine definitive Absage an Trumps Forderung, den Verteidigungshaushalt zu erhöhen.

Wir brauchen keine Urananreicherungsanlage, weder für Atomwaffen noch für Atomenergie. Im Gegenteil, die UAA Gronau könnte ein Ziel werden in einem Krieg. Wir fordern die Schließung der UAA.

 

Dr. med. Angelika Claußen ist IPPNW – Europavorsitzende (Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs/Ärzte in sozialer Verantwortung)