Redebeitrag von Ansgar Schmidt für die Ostermarschaktion in Münster am 15. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 15.04., Redebeginn: ca. 11 Uhr -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Es ist höchste Zeit für die internationale Friedensbewegung aufzustehen und lautstark ihren Protest zu verkünden!

Die Waffen nieder!

Die diesjährigen Ostermärsche müssen der Anfang sein für einen breit getragenen Protest.

Wir brauchen eine neue Politik – wir fordern Dialog statt Krieg und militärische Provokation!

Die NATO rasselt mit den Säbeln in Osteuropa, beschließt Jahr für Jahr auf ihren Gipfeln weitere Schritte Ihrer militärischen Drohgebärden gegenüber Russland, welche zudem noch von den USA mit weiteren eigenständigen Manövern in Osteuropa getoppt werden.

Die Regierungen der westlichen Welt manifestieren ihren Kriegskurs seit eh und jeh auf internationalem Bankett - G7, EU und NATO bestimmten Richtung und Gangart die Vormachtstellung der westlichen Industrienationen auszubauen bzw zu sichern.

Und es ist egal, welche Köpfe die BRD repräsentieren, ob Von der Leyen, Merkel und Co oder auch vor fast 20 Jahren Schröder und Fischer - an der Seite des „Großen Bruders“ wird die westliche „Wertegemeinschaft“ „verteidigt“. Fragt sich nur um welche „Werte“ es da geht, sprechen sie da von Moral und Ethik oder von Aktienwerten?

Und ihre Vormachtstellung fängt gewaltig an zu bröckeln. Im Februar auf der Sicherheitskonferenz in München war es der russische Außenminister Lawrow, der von einer „postwestlichen“ Welt sprach – 10 Jahre zuvor war es Putin, der es in gleichem Kreise wagte, von einer Herausbildung einer multipolaren Welt zu sprechen.

Nackte Zahlen belegen diesen Trend: (Quelle: Jörg Goldberg, „Aufstieg des Südens“ isw-Report Nr 102 8-2015)

  • Anteil der G7 am Welt-BIP 2000 - 45,7% (USA 21,8 % / Deutschland 4,9 %)
  • Anteil der BRICS 2000 - 15,8% (China 6,9 % / Russland 2,4 %)
  • Anteil der G7 am Welt-BIP 2014 - 32,9% (USA 16,6 % / Deutschland 3,4 %)
  • Anteil der BRICS 2014 - 30,9% (China 16,8 % / Russland 3,4 %)

BRICS das sind: Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika.

Seit vielen Jahren schwelt ein Krieg in Syrien und dies nicht allein in Syrien sondern in der gesamten MENA-Region, Middle East & North Africa. Das Kriegsszenario in dieser Region, speziell in Syrien, Rolle und Bestrebung einzelner Akteure in diesem Krieg, ist schwer zu durchschauen und das ist bei der Anzahl der beteiligten Kräfte auch nicht verwunderlich.

In Syrien kämpften Ende 2015 – so Jacob Augstein auf Spiegel online:

(- ohne Anspruch auf Vollständigkeit der Aufzählung – )

Die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Russland, die vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Saudi-Arabien, Bahrain, Jordanien, Die Nusra-Front, die Türkei, Hisbollah, die „Freie Syrische Armee“, mehrere kurdische Gruppen, die Syrische Armee und der „Islamische Staat“ und mit Beschluss des Bundestages am 03. Dezember 2015 auch die Bundeswehr.

Es ist nicht nur 1 Krieg auf dem Gebiet Syriens  sondern es sind gleich mehrere Kriege, die in dieser Region ausgetragen werden.

Schon 1995 hat der deutsche Generalinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann den „Krisenbogen von Marokko bis Pakistan“ gezogen und aus diesem angesprochenen „Krisenbogen“ resultieren zahlreiche Bestrebungen zur Neuordnung der gesamten Region. Diesem Ziel folgend werden z.B. unterschieden zwischen good- und bad-goverment und für Staaten mit negativer Beurteilung existiert die Liste der „failed states“. Es folgen unterschiedliche Bestrebungen einen „regime change“ herbeizuführen, letztes Mittel ist dann der Krieg.

Die Gesamtregion ist auch das Schlachtfeld des von George W Bush im September 2001 verkündeten „Global War on Terror“, Obama erklärte zwar 2013 das Ende des GWOT, aber die Wirklichkeit stellt sich anders dar, so stehen die deutschen Bundeswehrsoldaten in Mali auch in einem Schlachtfeld, welches zu diesem Global War hinzuzuzählen gilt. Und in Syrien kämpft die westliche Welt direkt und / oder indirekt an der Seite des IS gegen die syrische Regierung.

Neben diesem Krieg, mit dem Ziel einen „regime-change“ zu erreichen, Syrien neu zu ordnen, ist spätestens durch den Eintritt Russlands die globale Bedeutung des Krieges zutage getreten.

Die Kurden hingegen führen einen Krieg der Selbstbestimmung und auf dem Schlachtfeld Syriens teils sogar an der Seite ihrer Feinde. 

Letztlich geht es hier ebenso um Öl und Gas, im konkreten Fall aber mehr um die geostrategische Lage des Landes.

Ein schwer zu erfassender Krieg, der in den vergangenen 14 Tagen weitere Eskalationsstufen beschritten hat und weiter droht vollends zu eskalieren.

Und wieder mal dient die Lüge dem US-Präsidenten den am 1. April befohlenen Militärschlag – die syrische Armee soll einen Giftgas-Angriff in der Region Idlib geflogen haben, es fehlen jedoch jegliche Beweise.

Die syrische Armee hatte strategisch gar keinen Grund gegen ihr eigenes Volk chemische Waffen einzusetzen. Sie befand sich militärisch seit der Befreiung Aleppos und Palmyras und unter dem Schutzschild der russischen Luftwaffe in einer positiven Lage und Schritt für Schritt wurden lokale Waffenstillstandsvereinbarungen, bisher 1446 an der Zahl, unterzeichnet.

Dementgegen befanden sich die Terroristen im Rückzug. Ihnen kommt die Einmischung und entsprechende Schwächung des syrischen Militärs zugute.

Erst im Januar dieses Jahres bestätigte die „Internationale Organisation für das Verbot chemischer Waffen“, dass die Vernichtung aller chemischen Waffen Syriens erfolgreich abgeschlossen sei.

Dementgegen ist auch US-Geheimdiensten und dem US-Militär seit Jahren bekannt, dass der IS mit Giftgas operiert. Im März 2016 wurde im ND kommentiert, das US-Special Forces, 50 Mann stark, in die Region Nordirak und Syrien geschickt wurden, um die „Atomwaffe des kleinen Mannes“ aufzuspüren. Im Kommentar heisst es: „Asymmetrische Kriege nennt man es, wenn Zwerge sich gegen Riesen stellen, und sicher ist, dass der IS mit Giftgas nicht unprofessioneller morden kann als die Ömu-Shinrikyo-Sekte 1995 in Tokios U-Bahn.“

Und auch in der Region Syriens wurde in den vergangenen Jahren durch den IS Giftgas eingesetzt. 2014 gegen die Kurden, in 2016 berichtete die deutsche Welle einen Chemiewaffenangriff im Norden Syriens und im März dieses Jahr gab es einen Giftgasangriff des IS in Mossul. Auch von einem irakischen Parlamentsausschuss gab es den Bericht, der IS arbeite ernsthaft daran, chemische Kampfstoffe produzieren zu können.

Ohne die Abkehr von der Blockade einer politischen Lösung mit der Einbeziehung der gewählten syrischen Regierung und Baschar al-Assad als ihr Präsident seitens der USA und ihrer Kriegsvasallen ist kein Friedensprozess möglich.

Die Blockade bedeutet Krieg.

 

Ansgar Schmidt ist in Münster friedenspolitisch aktiv.