Redebeitrag von Hans-Hermann Bohrer (attac) für den Ostermarsch Saar in Saarbrücken am 15. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ostermarsch Saar,

ich freue mich über Eure Beteiligung, hätte mir jedoch viel mehr Leute bei der heutigen Veranstaltung gewünscht. Denn die Lage hat sich zugespitzt. Wir befinden uns in einem neuen Kalten Krieg mit massiver Aufrüstung auch der Bundeswehr (angestrebt wird das 2-Prozent-Ziel der NATO). Trump dient den Aufrüstern als willkommener Anlass, entweder mit den USA oder im Sinne der sogenannten europäischen Außen- und Verteidigungspolitik, d.h. einer Durchsetzung der Interessen der EU mit militärischen Mitteln.

Dazu wird publizistisch gerade das Terrain vorbereitet. So sprach der Mitherausgeber der FAZ, Bernhard Kohler, im November 2016 in seiner Zeitung von einer „eigenen“, nämlich deutschen, „nuklearen Abschreckungsfähigkeit“. Er wünscht sich also eine Bundeswehr mit Atomwaffen. Im März 2017 meldete sich der Oberst a.D. und CDU-Bundestagsabgeordnete Kiesewetter zu Wort und stellte in der New York Times Überlegungen zu einer europäischen Atomwaffenstrategie gegenüber Russland an, die den Einsatz von Nuklearwaffen in einem nicht-nuklearen Konflikt einschließt. Kiesewetter stellt sich ein gemeinsames Kommando über die in Westeuropa vorhandenen Atomwaffen unter deutscher Beteiligung vor und schrieb wörtlich: „Dies sind politische Waffen. Ihr Gebrauch muss unvorhersehbar sein.“

Es gab jedoch in der letzten Zeit eine noch viel klarere Aussage, die belegt, wie nahe wir einem Krieg in Europa gekommen sind. Im Februar 2017 zitierte das Nachrichtenmagazin FOCUS eine Politologin der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik (DGAP) namens Svenja Sinjen mit den Worten: „Wir müssen in der Lage sein, einen solchen Krieg führen zu können“. Gemeint war ein Krieg mit Russland. So deutlich hat es nach meiner Kenntnis in den letzten Jahren von offizieller Seite niemand ausgesprochen, wo wir in Deutschland außenpolitisch und damit auch militärpolitisch stehen. Die DGAP fördert die außenpolitische Meinungsbildung in Deutschland, so ist auf deren Homepage zu lesen. Sie ist nicht irgendein Verein, sondern hat in ihren Reihen bekannte Mitglieder und Unterstützer aus Wirtschaft und Politik. Der Gründervater der DGAP war übrigens der Bankier Hermann Josef Abs.

Solche Aussagen müssen uns aufrütteln. Es ist fünf vor zwölf! Und deshalb muss die Friedensbewegung stärker werden. Die Bevölkerung muss der Regierung zeigen, dass sie keinen Krieg will. Es wäre bekanntlich der letzte, der in Europa geführt würde. Im Laufe dieses Jahres wird es eine drei Monate lange Blockade des Bundeswehr-Flugplatzes Büchel in der Eifel geben. Sie startet mit dem dortigen Ostermarsch am Ostermontag. In Büchel lagern US-Atombomben, die im Kriegsfall von deutschen Tornados ins Ziel geflogen werden sollen. Und diese Bomben werden nun durch wesentlich zielgenauere Exemplare ersetzt, was für die Öffentlichkeit mit dem harmlosen Begriff „Modernisierung“ beschrieben wird. In Ramstein wird es im September wieder Aktionstage gegen die größte US-Luftwaffenbasis außerhalb der USA geben, die zudem drei militärische Kommandozentralen sowie eine Relais- und Auswertestation für den Drohnenkrieg der USA umfasst.

Wir tragen hier und heute symbolisch den Krieg zu Grabe. Damit wir dies demnächst auch in der Realität werden tun können, bedarf es des massenhaften Protests. Bertolt Brecht formulierte es einst so: „Wollen wir es schnell erreichen, brauchen wir noch dich und dich. Wer im Stich läßt seinesgleichen, läßt ja nur sich selbst im Stich“.

 

Hans-Hermann Bohrer ist aktiv bei der attac Gruppe Untere Saar.