Redebeitrag von Norbert Eberherr (Die Linke) für den Ostermarsch Traunstein am 15. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 15.04., Redebeginn: ca. 11 Uhr -

 

Liebe Friedens-Aktivistinnen und Aktivisten,

da ich zum ersten Mal beim Ostermarsch reden darf, möchte ich mich kurz vorstellen: Mein Name ist Norbert Eberherr, ich komme aus Laufen und kandidiere bei der Bundestagswahl in unserem Wahlkreis, der die Landkreise TS und BGL umfasst, für Die Linke.

Aber heute ist nicht der Tag für eine Wahlkampfrede. Heute geht es um etwas Größeres. Wir demonstrieren hier aktiv für das wichtigste Gut auf Erden, den Frieden.

Viele Bürgerinnen und Bürger, die als Passanten hier vielleicht zuhören, machen das nicht. Das soll aber nicht heißen, dass sie nicht genau wie ihr den Frieden für das Wichtigste halten. Natürlich schätzen Sie den Frieden, in dem sie leben. Doch haben sie oft schon aufgegeben, an den Frieden in der Welt zu glauben. Die schrecklichen Bilder in den Medien, wo verzweifelte Eltern ihre verwundeten oder toten Kinder in den Armen halten, machen sie auch betroffen. Aber sie fühlen sich machtlos dagegen und denken: „Die da oben machen ohnehin was sie wollen und was Ihnen und den Mächtigen am meisten einbringt. Was kann ich als einzelner schon dagegen tun?“ Stimmt, als einzelner fühlt man sich oft machtlos.

Aber auch als Einzelne und Einzelner kann man was für den Frieden tun. Das geht schon los in der Familie. Wenn man sich gegenseitig zuhört, sich respektiert und Streit ohne Gewalt löst, ist dies in jedem Fall schon ein Beitrag zum Frieden. Jede und jeder kann etwas für den Frieden tun. Schon allein die Toleranz gegenüber anderen gehört dazu. Es ist auch ein großer Beitrag zum Frieden, wenn man sich für andere einsetzt, die wegen ihrer Herkunft, ihrer Sprache oder ihrem Aussehen ausgeschlossen werden. Die vielen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer möchte ich hier beispielhaft nennen. Sie sind für mich die Menschen, die das „WIR“ im viel zitierten Satz „WIR schaffen das!“ zum großen Teil repräsentieren. Einzelne Menschen braucht man auch, um Gruppen (z.B. Parteien) oder sogar Staaten zu bilden. Schließlich entscheiden Politiker als Personen über Krieg und Frieden. So müssen die Menschen in den Kriegsgebieten und auf der ganzen Welt, genau wie wir heute hier, den Frieden fordern und Politiker unterstützen, die für den Frieden arbeiten!

Bei den derzeit verantwortlichen Politikern vermisse ich einen entschlossenen Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit.

Dies erkennt man doch schon an den Ergebnissen der jährlichen G20-Gipfel, an dem sich die wirtschaftsstärksten Staaten treffen. Diese behaupten dann auch noch heuchlerisch, dass sie die globalen Krisen bekämpfen wollen. Und was ist die Realität: Sie verteidigen weiter ein System, das die soziale Ungleichheit auf die Spitze treibt, statt Politik zu machen gegen die Verelendung und den Hunger, für Gerechtigkeit und zumindest relativen Wohlstand für alle Menschen weltweit.

Viele Regierungen dieser G20-Staaten beschneiden die Rechte der Beschäftigten, der Erwerbslosen und der kleinen Selbständigen und verschärfen so die Umverteilung von unten nach oben. Auch dies führt immer mehr zur Spaltung der Gesellschaften und zum Erstarken rechtspopulistischer und nationalistischer Parteien. Diese Parteien, die Vorurteile, Ausgrenzung, Intoleranz und sogar offene rassistische Hetze befördern, gefährden den inneren Frieden jeder Gesellschaft. Sie sind auch in Europa die größte Gefahr für den Frieden.

Wirtschaftswachstum um jeden Preis ist diesen Staaten wichtiger, als Anstrengungen gegen die globale Erderwärmung und die Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen zu unternehmen.

Wie groß wurde angekündigt, dass innerhalb der G20-Staaten als Reaktion auf die Finanzkrise in 2008 globale Regeln für eine stabile Finanzwirtschaft vereinbart werden, um diese in ihre Grenzen zu verweisen. Stattdessen ist der Finanzsektor immer weiter gewachsen. Dieser nimmt nun auch die Natur oder Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge als neue Kapitalanlagen in den Blick (z.B. Wasser, Patente auf Pflanzen, Privatisierung von Verkehrswegen etc.).

Viele G20-Staaten, darunter natürlich auch unserer als 3.-größter Waffenexporteur, billigen Waffenexporte, rüsten weiter auf und führen Kriege wie z.B. in Afghanistan oder Syrien – ja stellenweise sogar gegen eigene Teile der Bevölkerung, wie z.B. unser Nato-Partner Türkei.

Diese Politik der G20-Regierungen trägt durch Ausbeutung, Unterdrückung, Krieg und Naturzerstörung aus reinen Profit- und geopolitischen Interessen zur Flucht und Migration von Millionen Menschen bei. Gleichzeitig machen viele dieser Staaten die Grenzen dicht und nehmen so in Kauf, dass jedes Jahr tausende Menschen, Männer, Frauen und Kinder sterben. Anstatt endlich die Fluchtursachen zu bekämpfen, wie in Sonntagsreden immer großmundig gefordert wird, bekämpfen sie die Leidtragenden dieser Fluchtursachen, nämlich die Flüchtlinge selbst. Und für mich als bekennender Anhänger der Lehre Christi ist es ein Hohn, dass sich bei uns gerade die Parteien, die das „C“ im Namen tragen hier besonders hervortun. Dies zeigt sich in einer meines Erachtens grundgesetzwidrigen Abschiebepraxis, die von diesen Parteien auch noch forciert wird. Da werden z.B. afghanische Flüchtlinge, von denen viele als unbegleitete Minderjährige nach Deutschland gekommen sind, nachdem sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, abgeschoben. Betroffen sind dabei Menschen, die oft schon Jahre hier leben, sich bemüht und integriert haben, zur Schule gehen oder arbeiten. Kann sich einer von uns überhaupt vorstellen, wie es diesen Menschen geht, die nach für uns unvorstellbarem Leid in Ihrer Heimat und nach einer oft lebensgefährlichen Flucht es geschafft haben, hier bei uns Frieden zu finden, sich einzuleben und für Ihre Zukunft wieder etwas Hoffnung zu schöpfen, wenn sie plötzlich zu Unerwünschten erklärt werden, sie bei Behördengängen, in der Schule, am Arbeitsplatz oder zu Hause ohne Vorankündigung festgenommen und in Abschiebehaft gebracht werden. Ist es da nicht mehr als verständlich, dass einige von Ihnen, die vielleicht noch rechtzeitig gewarnt werden, untertauchen oder versuchen in andere Länder zu fliehen? Viele halten den Druck allerdings dann nicht mehr aus und nehmen sich das Leben. Die Suizidzahlen bei Flüchtlingen nehmen weiter zu. Manche suchen Schutz bei der Kirche. So gibt es viele Pfarrer, die die wahren christlichen Werte leben und deshalb Ihre Aufgabe darin sehen, die Hilfe für den Einzelnen, der sich in einer persönlichen Notsituation befindet in den Vordergrund zu stellen und Kirchen-Asyl zu gewähren. Die Folge ist für viele dieser Pfarrer die strafrechtliche Verfolgung wegen Beihilfe zum illegalen Aufenthalt. – Unglaublich!

In immer mehr Staaten der G20 werden Grundrechte und Demokratie abgebaut. Menschen, die sich für soziale und ökologische Belange, sowie Menschenrechte einsetzen, so wie ihr, werden dort kriminalisiert. Ich weiß nicht wie es Euch geht liebe Friedensaktivistinnen und -aktivisten, aber ich und viele meiner Genossinnen und Genossen werden, weil wir vehement gegen diesen ganzen Wahnsinn stehen und eine andere Politik fordern, als linke, naive Spinner und Verrückte betitelt.

Ja wenn das so ist, liebe Spinner und Verrückte, möchte ich mit einem Zitat von Konstantin Wecker zum Schluss kommen:

„Wir brauchen Spinner und Verrückte, es muss etwas passier’n,

Ihr seht ja selbst wohin es führt, wenn die `Normalen` uns regier’n!“

Danke!

 

Norbert Eberherr ist aktive für die Partei Die Linke KV Traunstein.