Redebeitrag von Ralf Cüppers (DFG-VK Flensburg) für den Ostermarsch Jagel am 14. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 14.04., Redebeginn ca 14 Uhr -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Seit dem Krieg der NATO gegen Jugoslawien gibt es innerhalb der NATO eine bewährte Arbeitsteilung: Die Bundeswehr übernimmt von Jagel aus die Aufklärung und sucht die Ziele aus und die US-Luftwaffe und andere NATO-Armeen werfen die Bomben, auf diese Ziele.

Die Bundeswehr und die militärbefürwortenden Politiker können sich so an allen Kriegen beteiligen, ohne daß die Bundeswehrsoldaten im Krieg umkommen oder sichtbar an den Kriegsverbrechen beteiligt sind. Auch die Bevölkerung, die Kriegseinsätze mit deutlicher Mehrheit ablehnt, kann mit dieser Art von Kriegseinsätzen leichter an Krieg gewöhnt werden und belogen werden, wenn die Krieg befürwortenden Politiker behaupten, daß es keine Beteiligung deutscher Soldaten an aktiven Kriegseinsätzen gibt. Die Bundeswehr hat hier in Jagel Soldatinnen und Soldaten, die von deutschem Boden aus Krieg in anderen Ländern aktiv führen. Da diese den Standort Jagel gar nicht verlassen, muß die Politik, also der Bundestag, auch nicht über deren Entsendung nach Afghanistan, Syrien oder Mali entscheiden. Sie sind Kombattanten ohne Auftrag des Parlamentes, obwohl die Bundeswehr sich so gerne als Parlamentsarmee darstellt.

Wir hatten in den vergangenen beiden Jahren unseren Karfreitagsostermarsch nach Bramstedtlund durchgeführt. Dort, keine halbe Stunde von hier entfernt, wird mit einer Wullenweverantennenanlage das gesamte elektromagnetische Spektrum, Funk und Radiowellen und auch die Abstrahlungen militärischer und ziviler elektronischer Anlagen ausspioniert. Diese Daten werden gemeinsam mit denen aus Jagel vom Kommando Strategische Aufklärung ausgewertet und als neue oder erweiterte Information militärisch verwendet. Die unsichtbare Kriegführung der Elektronischen Kampfführung EloKa in Bramstedtlund und der Krieg, der von Jagel ausgeht, gehören als Vernetzte Operationsführung zusammen. Die Vernetzte Operationsführung mit EloKa und Drohnen geben im Kombi-Pack einen besonderen Sinn: Vernetzte Operationsführung mit EloKa-„Aufklärung“ heißt: Durch vernetzte Informationen Aufspüren und Auswahl des militärischen Ziels. Kampfdrohnen, Kampfflugzeuge anderer militärischer Verbündeter übernehmen dann die Bombardierung des Zieles.

Jagel ist neben Büchel Standort des ECR-Tornado: ECR, Electronic Combat Recce, steht für Elektronische Kampfführung und Aufklärung.

Elektronische Kampfführung bedeutet, dass der ECR-Tornado militärische Ziele, zum Beispiel die Signale von Radarstationen erkennen kann und gleichzeitig stören, ausschalten und auch zerstören kann.

Alle ECR-Tornados sind mit der Software ASSATA und einem ELS Emitter Locator System aufgerüstet worden, das bestimmt die Position und verschiedene andere Parameter eines gegnerischen Radars und weist sie direkt (ohne Umweg über einen menschlichen Entscheidungsträger) dem HARM Suchkopf für die schnelle Vernichtung zu.

Wenn der ELS die Position, die Größe und technische Ausstattung einer gegnerischen Radarstation erkannt hat, kann über die Software ASSATA direkt und ohne Umweg das Raketensystem HARM für die Vernichtung ausgelöst werden.

Bei den hohen Geschwindigkeiten im Einsatzflug ist es kaum möglich, daß ein Pilot das Ziel erkennt und in Millisekunden entscheidet, daß die Rakete oder Lenkwaffe abgefeuert wird. Bei Elektronischer Kampfführung entscheidet das Computersystem vollautomatisch über den Tod. Das System HARM ist ein „Fire and Forget System“ und kann das vom ELS erkannte Ziel selbständig finden und vernichten. Zwischen der Zielerkennung und Vernichtung liegen wenige Sekunden. Die Software kommandiert den Piloten, erteilt die Anweisung wohin er fliegen soll, wenn es die Signalwirkung empfängt. Das ist die Umkehr bisheriger Befehlsstrukturen: Das Aufklärungssystem befiehlt dem Piloten und nicht umgekehrt. Wenn der Pilot eines Tornado nur noch die Funktion eines Chauffeurs hat, der die Waffe in Zielnähe bringt ist er verzichtbar. Tornados sind Auslaufmodell und Drohnen übernehmen den Auftrag, ohne daß dafür ein Pilot nötig ist.

Die Drohne Heron TP verfügt über alle militärischen Fähigkeiten des ECR-Tornado, kommt aber als unbemanntes Flugobjekt ohne den Piloten aus. Die Drohne kann aus sicherer Entfernung vom Kriegsgeschehen gesteuert werden, während der Pilot im Tornado der Gefahr im Kriegsgebiet ausgesetzt ist. Die Aufrüstung mit Kampfdrohnen Heron TP wurde bereits beschlossen.

Der Cyberraum mit elektromagnetischem Spektrum und Internet, sind neben Land,- Luft- und Seekriegsführung als viertes Gefechtsfeld definiert worden und seit 1. April, kein Aprilscherz, haben wir dafür eine eigene Teilstreitkraft bekommen.

Das „elektromagnetische Spektrum als Gefechtsfeld“ sieht nicht blutdurchtränkt eklig aus, ist aber für hochtechnisierte Kriegführung aus dem sicheren Bunker heraus nötig. Die Bundeswehr macht sich damit schuldig an Mordtaten in aller Welt, zuletzt in der Nacht vom 21. auf den 22. März 2017. Da bombardierten Flugzeuge der Kriegsallianz die Gebäude, die aufgrund der deutschen Aufklärung und Ortung ausgewählt wurden. Nach Angaben regierungskritischer Organisationen aus Syrien wurden dabei 33 Zivilistinnen und Zivilisten, darunter mehrere Kinder, getötet. Um weitere Opfer zu verhindern, muß die Bundeswehr abgeschafft werden.

Auch eine Bundeswehr, die auf Vernetzte Operationsführung, Cyberkrieg, Drohnen und Elektronische Kampfführung verzichtet, wäre immer noch schädlich, gefährlich, sinnlos und teuer. Demokratie, Frieden und ein Leben in Sicherheit für die Menschen können aber nicht durch Aufrüstung, Militär und Krieg hergestellt oder gesichert werden. Deswegen ist die Alternative einseitige und vollständige Abrüstung hin zur Abschaffung der Bundeswehr und eine Welt ohne Militär.

 

Ralf Cüppers ist aktive bei der DFG-VK Gruppe in Flensburg.