Redebeitrag von Reiner Braun (ipb) für den Ostermarsch Oldenburg am 15. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 15.04., Redebeginn: ca. 11 Uhr -

 

Liebe Ostermarschiererinnen und Ostermarschierer,

am Mittwoch legte die Bundesregierung ihren 4. Armutsbericht vor, der nach Kontroversen in der Regierung nur noch verharmlosend als beschönigend bezeichnet werden kann. Mir fallen durchaus auch drastischere Worte zu diesem skandalösen Report ein.

Trotzdem konnte nicht verschwiegen werden, dass 2 Millionen Kinder auf Hartz 4 angewiesen sind, das Kinder- und Altersarmut in der Mitte einer tief gespaltenen Gesellschaft angekommen sind. Bildung ist nach wie vor ein Privileg des Geldbeutels der Eltern.

Diesen Fakten, die sich um mangelnde Infrastruktur, Unterfinanzierung des Gesundheitsystem, fehlende Altenpflege, zu geringe Ausgaben für Kindergärten, Schulen und Universitäten ergänzen lassen. Zum Trotz will die Bundesregierung den Rüstungshaushalt von 37 Milliarden auf 62 bis 65 Milliarden Euro erhöhen. Dieses nicht nur in vorrauseilendem gehorsam gegen den US-Präsidenten sondern aus eigenen Willen, wie die Unterschriften unter die NATO-Schluss Dokumente von Warschau 2016 und Wales 2014 - unter Obama – zeigen.

Militarisierung der Gesellschaft ist die Politik dieser Bundesregierung. Sie will damit Deutschland auch militärisch wieder hegemonial machen und sie treibt mit Brachialgewalt die Militarisierung EU-Europas voran. Wir entwickeln einen Militärisch- Industriellen Wissenschaftlichen Komplex, planen die „europäische Armee“ und als ersten Schritt die europäische Verflechtung der nationalen Armeen in Europa, das ist neu, gefährlich und teuer. Die Pläne einzelner besonders aus dem konservativen Lager gehen aber noch weiter – sie wollen die europäische Atombombe, wenn sie eine deutsche schon nicht bekommen können.

Ostern 2017 für den Frieden zu demonstrieren heisst eindeutig und laut zu sagen: nein zu jeder Form der Aufrüstung, nein zur europäischen Militarisierung und nein zu 2% Kriegsausgaben, nein zu Rüstungsexporten und. „Die Mutter aller Bomben“ auf Afghanistan, die stärkste konventionelle Bombe wurde Freitag auf das geschundene Afghanistan abgeworfen. Das ist mehr als ein Zeichen von Wahnsinn und Zynismus.

Wir brauchen und wollen Abrüstung – bei uns anfangen und weltweit.

1,7 Billionen haben die Regierungen 2015 (die Zahlen für 2016 werden von SIPRI in 10 Tagen veröffentlicht) weltweit für Rüstung ausgegeben:

Was für ein Skandal angesichts

  • Fast einer Milliarde hungernder Menschen
  • Der Dürre und kriegsbedingten menschlichen Katastrophe in Jemen, Somalia, Sudan, Kenia und Äthiopien sowie weiteren Teilen Afrikas Die UN hat kein Geld für dringendste Hilfe und wir verballern es in sinnloser Rüstung und Kriegen
  • Wie sollen denn die Sustainable Development Goals der UN finanziert werden, wie der grüne Klima Fond der UN gefüllt werden.

Die Welt kann sich 1,7 Billionen für Töten und eine nachhaltige Entwicklung nicht mehr leisten! Wir stehen an der Kreuzung entweder zu mehr Gerechtigkeit und Frieden auch mit der Natur oder zur Zerstörung des Planeten Erde und eines millionenfachen Siechens und Sterbens.

Wir Ostermarschiererinnen und Ostermarschierer standen immer und stehen auf der Seite des Lebens und der Gerechtigkeit: deshalb ist Abrüstung das Gebot der Stunde.

Als erstes müssen abgerüstet nein abgeschafft werden, die Waffen, was für ein Wort für Atombomben, die diesen Planeten und das Leben endgültig und unwiederherstellbar zerstören können.

Die Atomwaffen müssen von der Erde verbannt werden!

Die Medien haben es kaum berichtet, die Bundesregierung hat sich weggestohlen von den - ja ich benutzte das Wort - historischen Verhandlungen über ein Verbot aller Atomwaffen, die in New York vor 14 Tage begonnen haben und im Juni/Juli fortgesetzt und mit einem Vertrag über das Verbot aller Atomwaffen beendet werden. 129 Regierungen haben verhandelt gemeinsam mit der weltweiten Friedensbewegung. So ein couragiertes handeln der großen Mehrzahl der Regierungen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft hat es noch nie gegeben. Ein weltweiter Verbotsvertrag – völkerrechtlich bindend –wäre neu, stigmatisiert die Atommächte und schafft neue internationale Normen.

Ein Erfolg unseres Handelns. Die Atomwaffen wären noch nicht weg – aber ein riesiger Schritt getan.

Beschämend die Haltung der Bundesregierung, die Unterwerfung unter die Politik der USA, die sich nicht beteiligen will und sogar zustimmt das modernisierte Atomwaffen auf deutschem Boden bleiben. Diese Modernisierung kostet übrigens ein Billion Dollar.

Die Haltung der Bundesregierung ist unverantwortlich, sie zeigt nur, auf welchen Rüstungskurs sie ist. Ich sage es ganz deutlich: jede Regierung nach den Bundestagswahlen, die auch nur eine minimale Unterstützung von uns erfahren will muss den Verbotsvertrag unterschreiben und die Stationierung auf US-Atomwaffen auf deutschem Boden verbieten. Das ist nicht einmal schwer: das Stationierungsabkommen zu der Base Büchel muss nur mit Beschluss des Bundestages gekündigt werden, würden wir das gleiche für die Airbaise Ramstein machen, würde das ein Ende der völkerrechtswidrigen Drohneneinsätze bedeuten.

Die Bundesregierung hat den Schlüssel für eine Umkehr in ihrer Hand! Es liegt an uns, massiv, massenhaft und immer wieder einzufordern, dass der Schlüssel in Richtung Frieden und Abrüstung gedreht wird.

Deutsche Friedenspolitik ist ohne ein Ende aller Interventionseinsätze undenkbar. Es ist eine Schande, dass deutsche Truppen immer noch Afghanistan zerstören.

Es ist unverantwortlich, das wir uns direkt und indirekt mit Flugzeugen, Überwachung, Waffen und Ausbildern am Schlachten in und um Syrien beteiligen. Es ist politisch unverantwortlich, das die Bundesregierung ein Vorreiter in der Regime Change Politik in Syrien ist. Nicht Regime Change, Waffenstillstand und Verhandlungen sind angesagt, alles andere vertieft, erweitert und verlängert nur das Töten, erhöht die Zahl der Opfer und verstärkt die Zerstörung dieses so geschundenen Landes.

Wer immer, was immer bei dem aktuellen Giftgasangriff geschah vergessen wir nie:

  1. Den Ausspruch von Senator Hiram Johnson von 1914: was war den 2003 im Irak und was wissen wir jetzt über den Chemiewaffeneinsatz 2013 in Syrien. Die Regierungen haben uns belogen. Die Realität hatte mit den Feindbildprojektionen nichts zu tun.
  2. Wer kann denn Interesse an einem Chemiewaffeneinsatz in Syrien haben. Wenn ich diese Frage beantworte, muss ich nicht Assad lieben und unterstützen, sondern gehe davon aus, das Politik selten etwas mit Moral aber viel mit Interessen zu tun hat.

Die Bundesregierung ist leider ein Teil des Kartells der vorsichtig formuliert Halbwahrheiten. Vergessen wir niemals, Merkel wollte an der Seite von Bush in den Irakkrieg 2003 ziehen. Dass die Bundesregierung jetzt auch noch Verständnis, ja Unterstützung für den Kriegseinsatz von Donald Trump geäußert haben, zeigt erneut, Völkerrecht und Bundesregierung sind und bleiben ein Widerspruch.

Wäre nicht eine internationale Kommission zur Wahrheitsfindung sinnvoll, auch wenn dieser Vorschlag zuerst von Russland kam. Er könnte den Weg zur Wahrheit und vielleicht auch zur Versöhnung öffnen. Dazu brauchen wir Russland. Frieden in Europa ist gegen und ohne Russland unmöglich.

Frieden im Nahen und Mittleren Osten ist eine der großen friedenspolitischen Herausforderungen. Dies beinhaltet auch und zuerst einen gerechten Frieden zwischen Israel und Palästina, eine Frieden ohne Okkupation und Mauer. Immer noch scheint eine zwei Staaten Lösung die beste Grundlage dafür zu sein. Jerusalem als gemeinsame Hauptstadt sollte das Symbol des Friedens und der Kooperation sein. Kritik an der Regierung von Israel, u.a., wegen der völkerrechtswidrigen Besetzung, den Bombardements und der Unterstützung von Landraub hat deshalb auch nichts mit Antisemitismus aber alles mit Frieden zu tun.

Trump hat mit diesem Kriegseinsatz erneut sein wahres Gesicht gezeigt ( Zitat: Wir müssen wieder Kriege gewinnen“ bei National Governors Association): aggressiv, militaristisch, menschenverachtend und ein Feind der Demokratie. Verdeutlichen wir uns doch einen Augenblick: die USA gibt jetzt über 600 Milliarden Dollar für die Rüstung aus (in Realität mit allen versteckten Ausgaben sind es 1 Billion). Der Haushalt soll 2018 um 54 Milliarden erhöht werden, das ist mehr als Russland 2016 für Rüstung ausgebt (53 Milliarden) Dieser Wahnsinn tötet und führt zu mehr Kriegen, aber auch zu mehr als gigantischen Profiten der Rüstungsindustrie und der Wallstreet. Beide sind dominant in dem Kabinett von Trump. Deutlich gesagt: wir müssen uns warm anziehen: mehr dunkle kriegerische Wolken ziehen am Horizont auf. Nord Korea, Iran, Südchinesisches Meer aber auch Europa, mit der Zuspitzung bedingt doch die NATO-Osterweiterung auch das Anheizen des Konfliktes in der Ukraine. Es ist leider wahr und muss ausgesprochen werden: ein großer flächendeckender Krieg ist nicht ausgeschlossen, die Gefahr einer Dynamik zu einem Weltbrand ist vorhanden. Trump lässt schon jetzt täglich Bomben fallen, weitet die Interventionskriege der USA aus und tötet durch einen extensiv ausgeweiteten Drohneneinsatz

Flüchtlinge sind Welt weltweit die Opfer dieser Kriege! Ihnen, den Flüchtlingen, gilt unsere uneingeschränkte Solidarität Refugees welcome!(!!)

Die Feuerwehren, die den Kriegsbrand löschen könnten sich noch viel zu schwach, unkoordiniert, vereinzelt auch in kleinkarierte Streitigkeiten verstrickt. Dies gilt für Regierungen aber auch für die weltweite Friedensbewegung.

Die Friedensbewegung war immer die Fundamentalopposition zu Kriegen auch heute. Aber wir müssen uns noch mehr sammeln und mehr koordinieren und mehr Menschen gewinnen. Auch dieses ist eine Anforderung an den Ostermarsch 2017. Wir können mit uns nicht zufrieden sein.

Aber wir wissen das und wir werden uns – wie immer in der Geschichte – mit ganzer Kraft gegen negative Entwicklungen stemmen und ich bin optimistisch – wir schaffen das.

Die großen Protestaktionen in den USA am Tag der Inauguration von Trump, die Aktionen der Friedensbewegung in Ramstein und am 8.10 letzten Jahr waren ein kleiner aber guter Beginn.

Wir marschieren für den Frieden –Ostern 2017, beim NATO-Gipfel in Brüssel, bei den G20 Aktionen, in Ramstein, in Büchel und an allen Kriegsvorbereitungsorten.

Vor genau 50 Jahren hat Martin Luther King in seiner berühmten Anti Vietnamkriegsrede den Satz gesagt, der auf einer alten Tradition berührt: die Gerechtigkeit wird letztendlich siegen.

Dem Frieden gehört die Zukunft, wir gemeinsam können es erreichen. Ostern 2017 war ein Anfang, wir sind auf dem Weg: Nein zu Krieg und Ja zur Abrüstung.

 

Reiner Braun ist Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB) mit Sitz in Genf.

Beitrag als Video, siehe hier