Redebeitrag von Angelika Claussen für den Ostermarsch Gronau am 30. März 2018

 

- Sperrfrist: Redebeginn 30.03.2018, ca. 10 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Die neue US Atomwaffenstrategie – Eine Blaupause für den Atomkrieg!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Atomwaffen sind eine lange verdrängte Wirklichkeit. Aber jetzt holt uns diese Bedrohung durch Atomwaffen wieder ein, mit der Koreakrise, mit der Drohung Trumps, das Iranabkommen aufzukündigen, mit der neuen nuklearen Einsatzstrategie der USA. Beide atomaren Großmächte,  USA wie Russland, rüsten auf, modernisieren Atomwaffen. Beide Atommächte verfügen über ca. 14.000 Atomsprengköpfe.

Die restlichen schätzungsweise 1000 Atomsprengköpfe sind verteilt auf die Atommächte Großbritannien, Frankreich, China, Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea.

Die Münchner Sicherheitskonferenz im Februar dieses Jahres war beherrscht von einem verbalen Schlagabtausch zwischen den USA und Russland, der EU und den beherrschenden Regionalmächten im Syrienkrieg. Dass an unterschiedlichen Fronten  in den Syrienkriegen drei Atommächte verwickelt sind, nämlich die USA, Russland und Israel, dafür fehlt bisher im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Ein Skandal! Denn das allein wäre Grund genug, dass es zu einem weltweiten  Aufschrei kommen müsste.  

Schon im Januar hatten die USA ihre neue nukleare Atomeinsatzstrategie veröffentlicht. Wie in den Zeiten des  kalten Krieges wird von den führenden Politikern der USA völlig abstrakt über die nukleare Abschreckung gesprochen. US - Politiker und Militärs wollen  kleine taktische Atomwaffen von weniger als 20 Kilotonnen – die Hiroshima Atombombe hatte 12,5 Kilotonnen -, einsetzen, damit der Atomkrieg wieder führbar wird. Aber die neue US- Nuklearstrategie ist nichts anderes als eine Blaupause für den Atomkrieg! Als Reaktion drohte der russische Präsident in seiner Wahlkampfrede  mit neuen russischen Waffensystemen: ein atombetriebener Marschflugkörper, eine Hyperschall-rakete, mit Kernwaffen bestückte Unterwasserdrohnen und mit einer neuen Interkontinentalrakete.

Wir sind längst wieder im atomaren Wettrüsten angelangt!

Unsere Antwort auf diese Bedrohung ist klar: Für uns in der Friedensbewegung  ist euer  militärstrategisches Gerede von der nuklearen Abschreckung Müll! Für uns steht das menschliche Leid, die katastrophalen humanitären Folgen eines auch nur begrenzten regionalen Atomkriegs im Mittelpunkt. Nein zum atomaren Wettrüsten! USA und Russland  müssen mit  konkreten Atom-Abrüstungsverhandlungen beginnen, für einen   Atomwaffen-Verbotsvertrag!  

Auch von  Bundeskanzlerin Merkel fordern wir: Unterzeichnen Sie den   Atom-waffen-Verbotsvertrag!

Wir wissen: Sobald auch nur eine Atomwaffe eingesetzt wird, kommt es zum nuklearen Schlagabtausch, zu einem mindestens regionalen  Atomkrieg! Und ein solcher regionaler Atomkrieg zerstört unseren Planeten, egal, ob er durch die Korea –Krise ausgelöst wird oder ob ein Atomkrieg aufgrund von Fehleinschätzungen des  Militärs hier in Europa ausgelöst wird.  Wir Menschen  sind betroffen! Zwei Milliarden Menschen auf der gesamten Welt würden durch die Klimafolgen eines Atomkriegs, durch einen  nuklearen Winter, für die Dauer von mindestens 10 Jahren  von Hungersnöten  bedroht.

Unsere Friedens-Botschaft geht zuallererst an die Bundesregierung, aber gleichzeitig an die USA und an Russland. Wir fordern, dass die Bundesregierung einen ersten Schritt tut.  Das bedeutet, sie muss die USA auffordern, die verbleibenden 20 US-Atomwaffen in Büchel abzuziehen. In einem zweiten Schritt soll sie den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen. Das wäre ein wegweisender Schritt für Deutschland als NATO –Mitglied, der ernsthafte Schritte zur nuklearen Abrüstung zwischen den USA und Russland einleiten könnte. Denn es ist klar, die führenden Atommächte werden nur in schrittweise, über gegenseitige nukleare Abrüstung den Weg zum Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag finden.

Zum Schluss einige Empfehlungen an uns in der Friedensbewegung: Was kann jeder Einzelne  konkret tun, um Druck zu machen auf unsere Bundesregierung?

  1. Bitte unterschreibt an unserem Stand den Appell an die Bundesregierung!
  2. SPD und CDU in der Groko müssen überzeugt werden. Bitte macht einen persönlichen Termin mit unseren Bundestagsabgeordneten bei CDU und SPD in der Bürgersprechstunde: Seid hartnäckig, besonders bei der CDU! Sie müssen sich unsere Sorgen anhören! Wir sind die Mahnerinnen! Zeigt Ihnen, dass es uns eine Freude ist,  unbequem zu sein!
  3. Die Banken Deutsche Bank, Commerzbank  und die DZ-Bank, das ist eine Gemeinschaftsunternehmen  der  Volksbanken, investieren in Atomwaffen! Ein Riesen-Skandal Aber Banken lassen sich durch uns, Ihre Kunden beeinflussen! Bitte schaut Euch unseren Flyer mit der Studie von Pax Christi dazu an. Geht und protestiert persönlich bei Euren Banken! Wir haben ein Protestschreiben ausgelegt, das Ihr als Vorlage für ein eigenes Schreiben mitnehmen könnt. 

Zum Schluss hier in Gronau, vor URENCO, noch ein kurzes Wort zum Zusammenhang zwischen Atomwaffen und  Atomenergie: Installierte Wind- und Sonnenenergie haben weltweit längst die Atomenergie überholt. Energieexperten sind sich einig, dass Atomkraft im Vergleich zu den Erneuerbaren zu teuer ist und aus ökonomischer Sicht keine Zukunft mehr hat. Alte Reaktoren wie in Tihange und Fessenheim, aber neue Reaktoren wie der im Bau befindliche EPR-Reaktor in Flamanville zeigen   gravierende Sicherheits-mängel und bedrohen unser Leben.  

Es gibt klare Hinweise, dass Atomkraft die treibende Kraft hinter der Atombombe und dem Wunsch zur Atombombe darstellt. Indien, Saudi Arabien, Türkei und auch Großbritannien halten jedoch weiter an den Neubauten von Atomkraftwerken, weil es ihnen nachweislich um Atomwaffen geht.

Warum hat die Bundesregierung sich bisher geweigert, die Urananreiche-rungsanlage hier in Gronau zu schließen? Der Weg ist doch  klar, ein Atomausstiegsgesetz, das diesen Sommer bei der Novellierung des Atomgesetzes beschlossen werden könnte, der politische Wille vorausgesetzt. 

Seit einem Jahr ist es öffentlich geworden, dass die UAA Gronau in den letzten Jahren angereichertes Uran in die USA exportiert hat. Durch diesen Uranexport soll  im  Tennessee-Atomreaktor Tritium erzeugt worden sein. Tritium wird für die Zündung der US-Atomwaffen benötigt und die USA haben keine eigene Urananreicherungsanlage.

Gibt es eine Gronau-Tritium – Atomwaffen-Connection? Genaue Auskünfte hat die Bundesregierung dem Abgeordneten der Linkspartei, Hubertus Zdebel, bisher verweigert. Wir fordern: Die Urananreicherungsanlage Gronau gehört endlich stillgelegt!

 

Dr. Angelika Claussen ist Europavorsitzende IPPNW.