Redebeitrag von Bernd Lachmann für den Ostermarsch Potsdam am 24. März 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 17. Potsdamer Ostermarsches,

wir haben mit unserem heutigen Marsch das Startsignal für die bundesweite Ostermarschbewegung des Jahres 2018 gegeben.

Im Namen  aller Organisatoren des Potsdamer Marsches bedanke ich mich bei Ihnen für die aktive Teilnahme.

Mit dem Marsch durch die Innenstadt und den mitgeführten Transparenten haben wir ein deutliches Zeichen für Frieden und militärische Abrüstung gesetzt.  Die heute noch am Straßenrand Stehenden haben hoffentlich auch die Botschaft verstanden und werden vielleicht bei den nächsten Friedensdemonstrationen aktiv dabei sein.

Was hat mich dazu bewogen, mich aktiv für den Frieden einzusetzen?

Ich bin 67 Jahre alt und hatte das Glück bisher in Frieden leben und arbeiten zu können.  Ja, ich spreche von Glück, denn in den Jahren 1945 bis 1990 stand die Welt mindestens 3 mal kurz vor Ausbruch eines Dritten, und diesmal nuklearen Weltkriegs - ohne dass sich die Mehrheit der Bevölkerung dessen bewusst war.

So meldete beispielsweise am 26. September 1983 das sowjetische Frühwarnsystem den Start von US-Atomraketen.  Der damals 44-jährige  Oberstleutnant Stanislaw Petrow hatte um 20:00 Uhr seinen Dienst als Dh. Offizier in einem GS der sowjetischen Luftverteidigung 90 km südlich von Moskau übernommen. Wie oft lief der Dienst relativ ruhig, bis plötzlich nach Mitternacht die Computer Alarm auslösten und den Start einer US-Atomrakete meldeten. Oberstleutnant Petrow zweifelte daran, dass die Amerikaner einen Angriffskrieg nur mit einem Raketenstart beginnen würden und stufte den Alarm als FEHLALARM ein. Nach kurzer Zeit meldeten die Computer den Start weiterer 4 Raketen. Eine Signaltafel an der Wand zeigte mit roten Buchstaben das Wort „RAKETENANGRIFF“. Die Dienstanweisungen in so einem Fall waren eindeutig. Den „START“-Knopf drücken und den Gegenschlag auslösen. Doch Petrow zögerte, sein Instinkt sagte ihm, hier stimmt etwas nicht. Er wollte noch die Bestätigung des Radarsystem über das Eindringen der Raketen in den sowjetischen Luftraum abwarten. Das würde rechnerisch noch 13 Minuten dauern, aber nach weiteren 7 Minuten würden die Raketen einschlagen. Für einen Gegenschlag wäre es dann zu spät. Als das Radarsystem keine anfliegenden Raketen bestätigen konnte, war es klar – es handelte sich tatsächlich um einen FEHLALARM. Erst später stellte sich heraus,  dass Sonnenstrahlen derart in  Satellitensensoren gespiegelt wurden, dass es wie  Raketenstarts über einer US-Militärbasis aussah.  Diese Reflexionen wirkten so echt, dass 30 Sicherheitsmechanismen im Frühwarnsystem zum gleichen Ergebnis kamen und somit Alarm auslösten.

Ein Jahr nach dem Vorfall wurde OSL Petrow für seine Verdienste ausgezeichnet, doch wirklich bekannt wurde die Geschichte in Russland nie. Die Welt kann diesem Mann danken, denn er hat den 3.Weltkrieg verhindert. – Welch ein GLÜCK!!!

So hatte nicht nur ich das Glück, im Frieden weiterleben zu können. Aber ich möchte für meine Kinder und Enkel, dass ihre friedliche Zukunft nicht nur von Glücksfällen abhängig ist, sondern die Kriegsgefahr endgültig gebannt wird.

Leider sind wir davon noch weit entfernt. Obwohl Deutschland die Verantwortung für 2 Weltkriege trägt und vor 75 Jahren die deutsche Wehrmacht eine verheerende Niederlage vor Stalingrad erfuhr, stehen heute schon wieder  deutsche Soldaten gemeinsam mit ihren NATO-Verbündeten in voller Kampfbereitschaft vor den Grenzen Russlands.

Längst ist vergessen, dass die deutsche Wiedervereinigung nur mit Zustimmung Gorbatschows möglich wurde. Die Regierungsspitzen von England und Frankreich standen dem Vereinigungsprozesse eher skeptisch entgegen.

Mit dem Abzug der Sowjetarmee aus Deutschland und der Auflösung des östlichen Militärbündnisses waren die ersten Schritte für eine friedlichere Welt gegeben. Spürbar hörte man die ganze Welt aufatmen.

Es war aus heutiger Sicht ein großer Fehler, dass sich Gorbatschow von den Westmächten und Deutschland nur eine mündliche Zusage geben ließ, dass sich die NATO nicht weiter Richtung Ost erweitern wird.

2001 hielt der russische Präsident Putin eine Rede vor dem Deutschen Bundestag, in der er die Vision einer gemeinsamen Wirtschaftszone von  Lissabon bis Wladiwostok und einer gemeinsamen Sicherheitspartnerschaft äußerte. Er bekam für seine Rede stehenden Applaus von allen Abgeordneten.

Wie sieht die Lage heute aus?

Die NATO hat sich bis an die Grenzen Russland ausgebreitet. Russland ist faktisch umzingelt.

In Deutschland befinden sich noch immer Militärstandorte Englands, Frankreichs und der USA.

Im Auftrag der deutschen Bundesregierung soll die Bundeswehr ein Logistikzentrum aufbauen, damit NATO-Kampfverbände künftig noch schneller und ohne Hindernisse durch Deutschland Richtung Ost verlegt werden können.

Bundeskanzlerin Merkel hält an der nuklearen Teilhabe fest und kann diesbezüglich mit Unterstützung des jetzigen Koalitionspartners SPD rechnen. Nukleare Teilhabe heißt, dass die USA in Deutschland ca. 20 Atomwaffen lagern, die auf Befehl des US-Präsidenten von deutschen Tornado-Kampfjets zu den Einsatzzielen geflogen werden. Die Bundesregierung unterstützt die atomare Aufrüstung mit einer neuen, noch gefährlicheren Generation der US-Atomwaffen am Standort Büchel.

Und das, obwohl zwischen CDU/CSU und FDP im Koalitionsvertrag 2009 klar verankert wurde, sich für den Abzug der US-Atomwaffen einzusetzen. 2010 erhielt ein Antrag mit dem gleichen Ziel eine übergroße Mehrheit im Bundestag.

Wir dürfen es nicht zulassen, dass Regierungen unser Leben aufs Spiel setzen – nur um sich die Welt neu aufzuteilen, Rohstoffquellen zu erobern und die Gewinne der Rüstungsindustrie zu maximieren. Und das alles unter dem Deckmantel von Terrorbekämpfung und dem Export westlicher Demokratievorstellungen.

Der Kreisverband DIE LINKE. Potsdam-Mittelmark hat vor gut einem Jahr eine Friedensinitiative ins Leben gerufen. Darin wurden alle Kommunalpolitiker in den Städten, Gemeinden und Landkreisen aufgerufen, Resolutionen für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland auf die Tagesordnungen zu setzen und zu beschließen. Dies  erfolgte bisher in den Gemeinden Wusterwitz, Bensdorf, Kloster Lehnin, Wiesenburg/Mark, Borkwalde, sowie in den Städten Brandenburg a.d.Havel, Werder/Havel, Potsdam und Cottbus sowie im Kreistag Potsdam-Mittelmark.

Die genannten Orte vertreten die Interessen von rund 500.000 Einwohnern. Über Partei-und Fraktionsgrenzen hinweg wurden überall die Resolutionen einstimmig bzw. mehrheitlich beschlossen. Weitere Städte und Gemeinden werden sich anschließen.

Unsere Friedensbemühungen müssen weiter gehen. Friedensaktivisten müssen sich untereinander vernetzen und auch Bündnispartner in Gewerkschaften, Verbänden, Kirchen und Parteien suchen, sowohl im Inland als auch in unseren Nachbarstaaten.

Die Statistik sagt, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung gegen Krieg und Auslandseinsätze der Bundeswehr sind.  Warum lassen wir es also zu, dass unsere Regierung Auslandseinsätze der Bundeswehr plant und verlängert.

Warum werden Waffenexporte in Krisengebiete nicht beendet?

Jede Waffe hat das Ziel, zu töten.  Atom-Waffen dienen heute nicht mehr  der Abschreckung. Mit einer neuen Generation dieser Waffen glauben führende Militärs heute an die Führbarkeit örtlich begrenzter Atomkriege.

Ehemaliger UN-Generalsekretär Kofi Annan:

„Atomwaffen sind eine Gefahr für die gesamte Menschheit. Die Welt schlafwandelt einer Katastrophe entgegen. Wir schlafen am Steuerknüppel eines schnell fliegenden Flugzeugs. Wenn wir nicht wach werden und die Kontrolle zurück erlangen, ist das Ende vorhersehbar!“

In diesem Sinne freue ich mich, dass die heutigen Teilnehmer des Ostermarsches nicht mehr schlafwandeln.

Ich bitte jede und jeden Einzelnen mitzuhelfen, auch andere wachzurütteln.

Nur wenn wir Viele sind, wir auf Straßen und Plätzen sichtbar und hörbar sind, kann es uns gelingen, die Politik auf friedliche Wege zu führen.

Am Giebel des Reichstagsgebäudes in Berlin stehen die Worte:

„Dem deutschen Volke“ – Also fordern wir den Bundestag auf, den Willen des Volkes zu befolgen.

Im Grundgesetz der BRD Artikel 2 steht:

 „Alle Staatsmacht geht vom Volke aus“

Deshalb ist es höchste Zeit, dem mündigen Volk auch das Recht zu Volksentscheiden einzuräumen, wenn es um die Fragen Krieg und Frieden geht.

Ich wünschen Ihnen und Ihren Familien ein friedliches Osterfest

Und bleiben Sie wachsam. 

Wählen Sie im bevorstehenden SUPERWAHLJAHR 2019 (Kommunal-, Landes- und Europawahlen) nur solche Parteien, die sich klar für eine  Politik von Frieden und Völkerverständigung einsetzen.

 

Bernd Lachmann ist aktive beim Kreisverband Potsdam-Mittelmark der Partei Die Linke.

 

 

 

 

 

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