Redebeitrag von Ralf Chevalier für den Ostermarsch BaWü in Stuttgart am 31. März 2018

 

- Sperrfrist, Redebeginn: 31.03.2018, ca. 14 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreunde, liebe Friedensfreundinnen,

Es freut uns als Stuttgarter Friedenskoordination, einen Beitrag halten zu können. Wir sind ein Zusammenschluss von verschiedenen Friedensgruppen und Organisationen und haben uns zum Ziel gesetzt, die Aktivitäten in Stuttgart und der Region besser zu vernetzen, damit die Friedensbewegung wieder ein politischer Faktor wird.

1944 wurde der Marktplatz, auf dem wir stehen, im Krieg, mit dem die NS-Faschisten die Welt überzogen, vollkommen zerstört. In der Innenstadt waren nach dem Tag der Befreiung am 8. Mai 1945 zwei Drittel der Gebäude zerbombt. Rund 4500 Menschen kamen dabei ums Leben, jeder 6. war ein sogenannter Fremd- oder Zwangsarbeiter.

Im Januar 1933 hätte es noch die Möglichkeit gegeben, Krieg und Faschismus zu verhindern. Doch der Widerstand war nicht stark und einheitlich genug. Welche Folgen dies weltweit hatte, ist bekannt. 60 Millionen Menschen kamen im Krieg und bei den Raubzügen ums Leben. Der Birkenkopf mit seinen 1,5 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt steht dafür als Mahnmal.

Die Lehre lautete: "Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg"

Es ist zu begrüßen, dass die Stadt Stuttgart seit 2004 Mitglied ist im weltweiten Städtebündnis "Bürgermeister für den Frieden". Vor 6 Jahren wies die Pressestelle der Stadt Stuttgart darauf hin, dass die "Bürgermeister für den Frieden" für einen internationalen Verbotsvertrag für Atomwaffen eintreten. 2017 wurde dieser in der UNO tatsächlich beschlossen – doch die Stuttgarter Politik bleibt tatenlos! Obwohl 93% der Bevölkerung dafür sind.

Wir fordern von Oberbürgermeister Fritz Kuhn und dem Stuttgarter Gemeinderat:

Lassen Sie den Worten Taten folgen!

Treten Sie dafür ein, dass Deutschland den Verbotsvertrag unterzeichnet.

Ein bisschen Frieden gibt es nun mal nicht, entweder man ist für Krieg als Mittel der Politik oder eben konsequent dagegen.

Herr Kuhn hat sich offensichtlich entschieden: Im September vergangenen Jahres empfing er den US-General Scaparrotti, Oberbefehlshaber des Eucom und der NATO. Es freue ihn, dass Scaparrotti sich nach gutem Brauch ins Buch der Stadt Stuttgart eingetragen habe.

  • Kein Wort der Kritik an den Kriegen in Afghanistan, Lybien, Syrien, oder dem Irak mit Millionen von Toten.
  • Kein Wort der Kritik an dem billionenschweren atomaren Aufrüstungsprogramm der USA und an der Modernisierung der Atomwaffen in Büchel.

Der General freute sich auch über so viel Ehre und hob die strategische Bedeutung Stuttgarts für das US-Militär hervor.

Zitat: "Es gibt keine Stadt weltweit, die in dieser Hinsicht wichtiger ist".

Die militärstrategische Bedeutung von Stuttgart wird klar, wenn man sich bewusst macht, dass im Eucom, dem europäischen Regionalkommando der amerikanischen Streitkräfte, alle militärischen US-Manöver, z.B. im Bereich der russischen Westgrenze und mögliche Kriegseinsätze, auch die atomaren, geplant und gesteuert werden. Die Zuständigkeit des Eucom geht übrigens bis an die russisch-nordkoreanische Grenze. Hinzu kommt das Africom in Möhringen, zuständig für die Kriege in Afrika.

Und wie groß die Gefahr ist, dass Krieg in großem Maßstab geführt wird, machte Scaparrottis Vorgänger General Breedlove klar:

Zitat: „Die USA sind bereit, gegen Russland in Europa zu kämpfen und es zu besiegen.“

Krieg geht von Stuttgart aus - das ist die bittere Erkenntnis - und unser OB freut sich über gute Bräuche.

Im Falle einer bewaffneten Auseinandersetzung der NATO z.B. mit Russland ist Stuttgart in der Logik der Militärs eines der ersten Ziele - Stuttgart wird damit zur Zielscheibe.

Der Trümmerberg, der dann entsteht, wird unvorstellbare Ausmaße annehmen. Der Birkenkopf wäre dagegen ein Maulwurfhügel, doch es wäre vor allem niemand mehr da, der ihn zusammentragen könnte.

Unsere Forderungen lauten daher:

Africom und Eucom schließen. Wir wollen diese Mordzentralen weder hier noch anderswo.

Keine militärische Kumpanei mit den USA.

Beteiligungen an NATO-Einsätzen lehnen wir ab.

Aber wir sagen auch NEIN zu EU-Militärstrukturen und NEIN zu nationalen Militäreinsätzen.

In Stuttgart und der Region werden todbringende Waffen, Bauteile davon oder aber Software für die Kriegsführung entwickelt, hergestellt und profitträchtig für die weltweiten Schlachten verkauft. Im Portfolio der Firmen tauchen Begriffe auf wie Schlachtfeldsimulation, autonome Systeme oder Cyber-Security. Die Produkte kommen zum Einsatz z.B. in Lenkwaffen, Jagdfliegern, Panzern und Drohnen.

Auch auf diesem Weg geht von Stuttgart Krieg aus. Krieg, der weltweit Menschen in die Flucht zwingt. Krieg ist eine der Hauptursachen für Flucht und die Verantwortlichen sitzen auch hier in unserer direkten Umgebung.

Einen Rüstungsbetrieb möchte ich gesondert erwähnen, die Fa. Thales mit ihrem Hauptsitz in Ditzingen. Es ist das viertgrößte europäische Rüstungsunternehmen und das zwölftgrößte weltweit. Bürgermeister Michael Makurath kam auf die glorreiche Idee, dass so viel Erfolg beim weltweiten Wettrüsten Vorbild für Kinder und Jugendliche sein könnte und so wurden zwischen der Rüstungsschmiede Thales und der Ditzinger Realschule sowie dem Gymnasium in der Glemsaue eine, man glaubt es kaum, Bildungspartnerschaft, geschlossen.

Auf dass in Zukunft aus der Region noch mehr Krieg ausgehen kann.

Es gibt also genug Gründe, weshalb wir in Stuttgart vor dem Hintergrund der zunehmenden weltweiten Kriegsgefahr noch aktiver werden müssen.

Wenn Politiker und Politikerinnen sich für den Frieden nicht zuständig fühlen, so müssen WIR die Sache selbst in die Hand nehmen.

Möglichkeiten gibt es viele - macht z.B. mit in den Stuttgarter Friedensinitiativen und Friedensorganisationen.

Weitere Infos zu Veranstaltungen und Aktionen gibt es in den Flyern der Stuttgarter Friedenskoordination, die hier auf dem Platz verteilt werden.

Ich wünsche uns allen einen guten Wirkungsgrad!

 

Ralf Chevalier ist aktiv bei der Stuttgarter Friedenskoordination.