Redebeitrag für den Ostermarsch Saarbrücken am 8. April 2023

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,
Viele Menschen hatten geglaubt, das nukleare Zeitalter sei überwunden. 1970 hatten sich die Atommächte in dem Nichtverbreitungsvertrag zu vollständiger Abrüstung verpflichtet. Es gab im Lauf der Jahre weitere Verträge zur Abrüstung und Verbreitung von Atomwaffen auch zwischen den USA und Russland, die zuletzt nicht verlängert worden sind. Beide Seiten machten sich den Vorwurf, aufzurüsten. Es hat also bereits vor dem Ukrainekrieg eine Zuspitzung der Weltlage gegeben. Die Welt ist 50 Jahre später wieder einer atomaren Bedrohungslage ausgesetzt. Und das ist menschenverachtend und inakzeptabel! Der internationale Gerichtshof in Den Haag stellte 1996 fest, dass die – ich zitiere: “Die Androhung und der Einsatz von Atomwaffen generell gegen das Völkerrecht verstößt.“
Russland und die Nato wollen einen Atomkrieg führbar und gewinnbar machen. Dazu dient die gegenwärtige Umrüstung ihrer Atomwaffen. Diejenigen ca 20 US-Atomwaffen, die in Büchel in der Eifel lagern, wurden nicht abgezogen, wie es die Bundesregierung schon vor Jahren versprochen hatte. Im Gegenteil sollen im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“ in Europa 100 US-Bomben stationiert werden. Von kleinen Atombomben ist die Rede, was suggeriert, dass sie harmlos sind. Sie sollen jedoch um ein Vielfaches zerstörender sein als die Hiroshimabombe. Was viele Bürger nicht wissen ist, dass deutsche Soldaten, also Piloten der Bundeswehr, schon lange den Einsatz dieser Bomben proben. Im Oktober 2022 wurde ein Manöver einiger Nato-Staaten abgehalten, in dem das Beladen und Abwerfen von amerikanischen Atombomben durch niederländische, deutsche und belgische Kampfpiloten über dem Kampfgebiet der Nordsee und Großbritannien geübt wurde. Es wird auch das Zusammenwirken von nuklearen und nicht nuklearen Waffensystemen geübt. Weltweit existieren mehr als 12.000 Atomwaffen, etwa 2000 sind in ständiger Alarmbereitschaft. Jede einzelne davon kann Millionen Menschen töten, radioaktiv verstrahlen und noch Generationen später schwere Krankheiten verursachen. Leider wurde und wird bereits jetzt mit uranverseuchten Bomben Krieg geführt. Munition mit (abgereichertem) Uran wurde in den Balkankriegen in den 1990-iger Jahren und in den beiden Irakkriegen 1991 und 2003 eingesetzt.
Neulich forderte der ukrainische Präsident diese Waffen für sein Land, womit er sein Land und die Menschen der Gefahr der radioaktiven Verseuchung aussetzten würde. In Ländern, in denen diese Waffen benutzt worden sind, kam es zu einem Anstieg von Fehlbildungen, sowie Anstieg von Krebserkrankungen bei Kindern und Erwachsenen. Um ein Vielfaches mehr an Zerstörung passiert, wenn eine Atombombe über einer Stadt z.B. von Berlin mit rund 4 Mill. Einwohnern abgeworfen würde. Die Explosion und Druckwelle zerstört im Umkreis von ca 2 km alles, 120.000 Menschen wären sofort tot. Eine Hitzewelle von ca 4000 Grad verbrennt alles sofort. In Hiroshima konnte man nur noch die eingebrannten Umrisse von Menschen auf dem Straßenpflaster und an den Häuserwänden sehen. Die sofort einsetzende, akute Verstrahlung führt u.a. zu inneren Blutungen und Tod. Die Verstrahlung durch langlebige radioaktive Teile, die in den Körper gelangen, führt auch noch nach Jahren u.a. zu Krebs und Missbildungen. Starke Winde und Regen streuen die radioaktiven Teile viele Kilometer weit und tragen sie in andere Länder. Ganze Regionen werden unbewohnbar. Die Halbwertzeit, das ist die Zeit, die vergeht, bis die Hälfte eines radioaktiven Teiles zerfallen ist, ist z.B. für das radioaktive Schwermetall Plutonium-239, das auch in Atomkraftwerken eine Rolle spielt, ca 24.000 Jahre. Sollte es zu einem Atomkrieg kommen, indem mehrere Atombomben auf die Menschen geworfen werden, dann führt aufgewirbelter Ruß und Staub in der Athmospäre zu langfristiger Verdunkelung, was als nuklearer Winter bezeichnet wird. Wegen mangelnder Sonneneinstrahlung kommt es zu Ernteausfällen, Hungersnöten, Massenemigrationen. Deshalb sagen wir Ärzte, seitdem es Atomwaffen gibt, dass wir bei diesem Zerstörungspotential von Atomwaffen keine effektive medizinische Hilfe leisten können. Wir sind der Prävention, also der Vorsorge verpflichtet. Aus diesem Grund möchte ich Ihnen einige Vorsorgemaßnahmen mitteilen, die eine weitere Eskalation, verbunden mit einer Atomkriegsgefahr, reduzieren sollen. Was wir wissen ist, dass sich das Risiko eines Einsatzes von Atombomben durch einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen deutlich verringert. Was können also die Staaten tun?
Kurzfristig sollten sich die Staaten in ihrer Verantwortung gegenüber ihren Bürgern darauf einigen

  1. niemals Atomwaffen einzusetzen
  2. Schutzzonen um Atomkraftwerke zu errichten, was durch die IAEA = Internat. Atomenergiebehörde überwacht und kontrolliert werden sollte.

Die längerfristige Absicherung eines Einsatzes von Atombomben kann dadurch geschehen, dass sich immer mehr Länder dem Verbotsvertrag von Atomwaffen anschließen. Seit Januar 2021 ist dieser Atomwaffenverbotsvertrag der UNO in Kraft und ist Teil des humanitären Völkerrechtes. Dieser Vertrag verbietet Produktion, Stationierung und Transport von Atomwaffen. Er steht in einer Reihe von Waffenverbotsverträgen, wie biologischen- und chemischen Waffen, Antipersonenminen und Streubomben. Das Verbot von bestimmten Waffen ist also möglich. 130 von 197 Ländern der UN haben diesem Vertrag zugestimmt, darunter haben 68 Länder diesen Vertrag bereits unterschrieben. Deutschland hat ihn nicht unterschrieben, obwohl gerade wir eine der ersten Zielscheiben sein könnten wg. der hier gelagerten US Atomwaffen.

Was können Sie, was können wir tun?
Ihr Engagement für Abrüstung und Frieden ist wichtig.

  1.  Schreiben Sie ihren/ihre Politiker/in in ihrem Wahlkreis an und fordern Sie diese auf, darauf hinzuwirken, dass Deutschland dem Atomwaffenverbot beitritt.
  2. Fordern Sie den Abzug der US Atombomben aus Büchel.
  3.  Nehmen Sie die Ampel beim Wort. Sie hatte sich eine restriktive Rüstungsexportpolitik verordnet, die sie nicht einhält.
  4.  Fordern Sie, dass Deutschland als 4. größter Rüstungsexporteur der Welt und damit Kriegstreiber weltweit, diese schreckliche Industrie umrüstet. 2021 erreichten die dtsch. Exportgenehmigungen einen Rekord. Die Empfängerländer sind weiterhin seit Jahren menschenrechtsverletzende Staaten in Krisenregionen, was lt. Grundgesetz verboten ist.
  5. Nehmen Sie an Aktionen des Widerstands teil.

Zum Abschluss zitiere ich Ihnen einen Satz aus den 1970-iger Jahren, der leider
so aktuell ist wie vor 50 J: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“

 

 

Barbara Saul-Krause für das FriedensNetz Saar sie ist IPPNW Mitglied.