Redebeitrag für den Ostermarsch Weimar am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

die Frage von Krieg und Frieden wird seit über einem Jahr besonders intensiv diskutiert. Und sie wird besonders kontrovers diskutiert. Wir tun das hinsichtlich der Ukraine aus einer Beobachterperspektive. Der russische Angriff auf die Ukraine von Norden, Osten und Süden zu Land, zu Wasser und in der Luft, wie er vor über einem Jahr begann, hat uns nicht nur erschüttert. Er hat uns auch in manchen Teilen entzweit. Nämlich in der Frage, wie und manchmal auch ob (!) der Ukraine zu helfen sei.

Wir als Stadt Weimar sitzen dabei nicht am Tisch der großen Politik. Wir haben aber Möglichkeiten, Leid zu lindern, für Verständigung einzutreten, Menschen zu helfen, die unserer Hilfe bedürfen. Wir haben über 1.000 zumeist Frauen und Kinder aus der Ukraine bei uns untergebracht und sorgen für sie. Wir haben zivile Hilfsgüter in Größenordnungen beschafft, die über unsere polnische Partnerstadt Zamosc in das Kriegsgebiet gehen: Verbandmaterial, Decken, Babynahrung, Beatmungsgeräte. Wir wollen damit unsere Solidarität mit den leidenden Menschen ausdrücken und ihnen Hoffnung geben.

Oberbürgermeister Kleine hatte bereits im Februar letzten Jahres aufgerufen, in der Stadt keine neuen Gräben aufreißen zu lassen und insbesondere die hier lebenden Menschen mit russischen Wurzeln nicht auszugrenzen. Das ist bisher geglückt und ich bin zuversichtlich, dass uns das auch weiter gelingen wird.

Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg. Frieden bedeutet auch, für eine gerechtere Welt einzutreten, in der Konflikte durch Dialog und Zusammenarbeit gelöst werden können. Wir müssen uns für die Werte der Solidarität, Toleranz und Gleichheit einsetzen und unsere Kräfte für eine friedlichere Zukunft bündeln. Und wir können das am besten tun, in dem wir hier bei uns in der Stadt anpacken und das Naheliegende tun – und sei es die friedlich ausgetragene Meinungsverschiedenheit zu den Fragen unserer Zeit. Die Wahrheit hat niemand gepachtet.

Der Wunsch, in einer friedlichen Welt zu leben, in der Waffen und Gewalt keinen Platz mehr haben, eint uns.

In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass sich unsere Stadt seit Jahren an der Initiative "Mayors for Peace" beteiligt, am augenscheinlichsten mit der Hissung der entsprechenden Flagge am Rathaus am 8. Juli. Diese Initiative setzt sich für eine friedliche Welt ohne Atomwaffen ein und fördert den Dialog zwischen Städten und Gemeinden weltweit. Wir sind stolz darauf, Teil dieser wichtigen Bewegung zu sein und uns für den Frieden und die internationale Zusammenarbeit einzusetzen.

Auch mit dem „Vermächtnis Buchenwald“ von 2007, in dem die Buchenwald-Überlebenden mit der Stadt sich gemeinsam verpflichtet haben, die Erinnerung an die Nazi-Barbarei nicht nur wachzuhalten, sondern auch in die Zukunft zu tragen, um die Lehren nicht zu vergessen, betreibt die Stadt Weimar aktiv Arbeit für den Frieden. Und ganz ehrlich: Solche unmittelbar mit unserer Stadt verbundenen Initiativen und Leitlinien sind vor Ort nützlicher als manche abstrakten Erklärungen.

Ich bin Ihnen allen, vor allem den Organisatoren, daher sehr dankbar, dass Sie sich dafür einsetzen, dass das friedliche Miteinander die Oberhand behält.

Wir wollen keinen Krieg, wir wollen Frieden. Wir wollen keinen Hass, wir wollen Liebe. Wir wollen keine Gewalt, wir wollen Gewaltlosigkeit. Wir wollen keine Feinde, wir wollen Freunde. Wir wollen keine Angst, wir wollen Mut. Wir wollen keine Hoffnungslosigkeit, wir wollen Hoffnung.

Lasst uns gemeinsam für diese Werte einstehen und sie in die Welt tragen.

 

Ralf Kirsten ist Bürgermeister in Weimar.