Emmas Praktikumsbericht
Umzug in unser neues Büro
Umzug in unser neues Büro

Vom Wahlkampf kaum eine Pause gehabt, zog ich nach Bonn und stürzte mich ab dem 01. Oktober 2021 in mein Praktikum beim Netzwerk Friedenskooperative. Nach der parteipolitischen Arbeit freute ich mich endlich die Perspektive einer Nichtregierungsorganisation kennenzulernen.
Im Rahmen meines Studiums der Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, entschloss ich mich für ein 10-wöchiges Praktikum in die alte Bundeshauptstadt Bonn zu ziehen.

Alsbald fand ich mich an einem herbstlichen Freitag in einem kleinen vollgestopften Büro zwischen gestapelten Umzugskisten. Auch wenn ich damit nicht so gerechnet habe, lies mich die rustikale und authentische Atmosphäre schnell wohlfühlen. Während in Berlin die nächste Koalition verhandelt wurde und wir die Verhandlungen stets kritisch beobachteten, kam es auch in Bonn zu Veränderungen. Nach über 30 Jahren verließ das Netzwerk den Hinterhof der Römerstraße und fand Einzug in neuen größeren Räumlichkeiten. Obwohl der Umzug vor allem eine Woche Packen, Putzen und Kistenschleppen bedeutete, hat es sich gelohnt! Jetzt hat das Netzwerk wirklich den notwendigen Platz für wichtige Friedensarbeit und Raum für kreative Ideen. Auch ein eigenes Praktizimmer wartet auf frischen Bezug ;)

Nun jetzt aber nochmal von vorne:

Steadfast Noon stoppen!
Gleich am ersten Wochenende durfte ich bei der Protestaktion gegen die Atomkriegsübung Steadfast Noon in Nörvenich dabei sein. Meine erste Friedensdemo war gesegnet von strahlendem Sonnenschein, fantastischen Reden und guter Musik von „Nic Knatterton & die Marmeladenfabrik“.
Die Stimmung war dementsprechend super und nach dem Programm demonstrierten wir durch Nörvenich zum Fliegerhorst, um dort ein Zeichen zu setzen gegen Atomwaffen. Etwas enttäuscht war ich bei dem doch überwiegend älteren Publikum. Wie sich schnell herausstellte ist das kein spezifisches Problem, sondern eine generelle Herausforderung in der Friedensbewegung, die nun mal in den 60ern ihren ersten Ostermarsch organisierte. Dennoch ließ ich mich davon nicht unterkriegen und konnte in meinem gesamten Praktikum immer wieder Ideen einbringen, wie wir junge Menschen besser ansprechen können.

Ein bereits bestehendes Projekt dafür ist der Podcast. So sammelt ich während der Demonstration O-Töne von Aktivist*innen, die ich später in die Podcast Folge #17 dazu einbaute. Dort sprach ich mit meinem Kollegen Marvin dann über die Atomkriegsübung Steadfast Noon und die aktuellen Koalitionsverhandlungen.

Umbrüche überall: Koalitionsverhandlungen & Umzug
Der Zeitpunkt zum Ende der Bundestagswahlen mit den Koalitionsverhandlungen und dem Beginn der neuen Bundesregierung erwies sich, wie bereits erwähnt, als äußerst spannend.
Ich lernte wie soziale Bewegungen und NGOs die Koalitionsverhandlungen und die Bundesregierung konsequent kritisch beobachteten. So war es eine meiner ersten Aufgaben, die Kontaktadressen aller neuen Abgeordneten des Bundestags rauszusuchen, damit wir diese so schnell wie möglich mit Lobbyarbeit nerven können.

Bis zuletzt wurde auch auf die Verhandler*innen der Ampel-Koalition Druck ausgeübt. Zum Beispiel in Form eines Offenen Briefs an die Verhandlungsteams mit der Forderung „Atomwaffenverbot in den Koalitionsvertrag!“. Jetzt steht es schwarz auf weiß im Koalitionsvertrag, dass Deutschland als Beobachter*in an der AVV-Staatenkonferenz 2022 in Wien teilnehmen wird. Auch wenn wir uns damit nicht zufrieden geben und weiter auf eine atomwaffenfreie Welt hinarbeiten.

Denn nachdem wir das Unterkapitel Außen, Sicherheit, Verteidigung, Entwicklung, Menschenrechte  auf friedenspolitische Anliegen prüften hieß das Fazit: Kleine Erfolge, aber doch viel Ernüchterndes.

Wir müssen als weiterhin laut sein, damit die nukleare Teilhabe beendet wird und Atomwaffen abgeschafft werden.

Kleine Erfolge wurden trotzdem gefeiert, so steht die Einführung eines nationalen Rüstungsexportkontrollgesetzes im Koalitionsvertrag. Über die Notwendigkeit und Ausgestaltung eines Rüstungsexportkontrollgesetzes und eine restriktivere Rüstungspolitik sprach ich auch in Folge #18 mit dem Wissenschaftler Dr. Max Mutschler (Bonn International Institute for Conflict Studies) und Susanne Weipert (Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“). Selbst einen Podcast aufzunehmen machte mir besonders viel Freude. Vom Konzept über Durchführung bis zum fertige Produkt auf Soundcloud, lag bei meiner zweiten Folge schon alles in meiner Verantwortung. Ich fand es schön auch eigenverantwortlich Projekte übernehmen zu dürfen.

Der Podcast ist sowieso eine generelle Empfehlung!
Hier gibt es alle Lifehack Peace Folgen zum Anhören.
 

Folge #18 zum Rüstungsexportkontrollgesetz:

 

Insgesamt bin ich froh in einer so turbulenten Zeit mein Praktikum gemacht zu haben: Viele Umbrüche sowohl in der Politik mit der Bildung einer Ampel-Koalition und neuen Minister*innen als auch mit dem Umzug in das neue Büro.

Im neuen Büro lässt es sich gut arbeiten!
Im neuen Büro lässt es sich gut arbeiten!

Zwischen Kisten und Diskussionen über die besten Transportmethoden der Umzugskisten im morgendlichen Büromeeting, war die Veränderung omnipräsent. Am Ende hat es auch die Praktikiste in ein eigenes Bürozimmer geschafft und ich verlasse das Netzwerk Friedenskoopertive mit einer Kiste voller neuen Erfahrungen, Gimp-Skills und mehr Wissen über Atomwaffen und Rüstungskontrolle.

Ende des Praktikums heißt nicht Ende des Engagements
Meine Perspektive wurde in meinem Praktikum immer wieder nachgefragt und ich hatte das Gefühl, dass der Raum da war um meine eigenen Ideen einzubringen. Ich bin dankbar für den ehrlichen und realistischen Einblick in die Arbeit einer Nichtregierungsorganisation mit begrenzten Ressourcen, aber unbegrenztem Enthusiasmus im Einsatz für eine gerechtere und friedlichere Welt.

Jetzt geht es für mich zurück nach Berlin. Doch die Friedenspolitik endet nicht in Nörvenich oder Bonn. Ich freue mich durch die Erfahrungen im Praktikum hoffentlich im März bei der Atomwaffenverbotskonferenz dabei sein zu können und vielleicht in Zukunft mit der ein oder anderen Friedens-Partnerorganisation in Berlin vor dem Bundestagsgebäude für Abrüstung zu demonstrieren.

Dem Netzwerk Friedenskooperative wünsche ich viel Erfolg beim Ankommen im neuen Büro, allen Herausforderungen und auf dem Weg zu einem vielfältigeren Team.