Sechste Entzäunungs- und Umwandlungsaktion im euro¬päischen US-Hauptquartier

6:0 für die EUCOMmunity

von Jürgen Hossbach
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Trotz aller Versuche der US-Militärpolizei (MP) und deutscher Ord­nungshüter gelangten am 1. September zum sechsten Mal AktivistIn­nen der EUCOMmunity, einer offenen Gruppe von AktivistInnen aus acht Ländern, auf das Gelände des US-Hauptquartiers (EUCOM) in Stuttgart-Vaihingen.

In Gesprächen wies die Polizei Ende August darauf hin, daß es schon im Vor­feld der für den 1. September angekün­digten Aktion zu Festnahmen kommen könne, um geplante Straftaten zu verei­teln. Das Zauberwort für diese Praxis heißt "Unterbindungsgewahrsam". Erst seit ca. vier Wochen im novellierten baden-württembergischen Polizeigesetz zu finden, sollte es dieser Joker auf Seiten der Staatsmacht endlich möglich machen, die EUCOMmunity vor die Tore der weltweit zweitwichtigsten US-Befehlszentrale zu verbannen.

Der angedrohte "Unterbindungs­ge­wahr­sam" (was für ein Wort!) war es schließ­lich dann auch, der die EUCOMmunity veranlasste, mit ihrer Aktion schon um 8.00 Uhr mor­gens zu beginnen.

Acht ihrer Angehöriger begannen zu die­sem Zeitpunkt den Zaun des EUCOMs mit Bolzenschneidern zu öffnen. Sie gelangten über einen weiten Teil des Geländes, auf dem mehrere Tausend Armeeangehörige mit ihren Familien leben, durch die Barrieren des inneren Sicherheitsbereichs, zum Hauptgebäude der Kommandozentrale.

Hier am Sitz des Oberbefehlshabers der US-Streitkräfte für Europa, Afrika und den Nahen Osten, der gleichzeitig auch Oberkommandierender der NATO ist, begannen sie ihre Aktion. An der Au­ßenfassade machten sie ihren Protest gegen die NATO sichtbar und forderten in großen Buchstaben die Abrüstung aller Atomwaffen. Mit einer Kette schloss die friedliche Invasion das Hauptportal der Kommandantur symbo­lisch ab. Nach einem Frühstück auf dem Pflaster des Vorplatzes, unter den Au­gen der Militärpolizei (MP) und einem Schweigekreis wurden die acht Ein­dringlinge abgeführt.

Damit war auf dem Gelände des EU­COMs noch nicht alles wieder im Rei­nen. Denn fünf Minuten nach der ersten Gruppe erweiterten andere acht Aktivi­stInnen das schon begonnene Loch im Zaun auf ca. 3m und begaben sich in den Militärbezirk. Hier besannen sie sich mit ihren etwa 30 vor dem Zaun gebliebenen UnterstützerInnen auf eine Andacht. Sie pflanzten Blumen als Aus­druck dafür, das EUCOM in einen Ort für Kriegsflüchtlinge und der Friedens­forschung umwandeln zu wollen. Nach einer Stunde wurde auch diese Gruppe verhaftet und abgeführt.

Insgesamt wurden der deutschen Polizei 16 Personen durch die MP, z.T. in Handschellen, übergeben. Im Stuttgarter Polizeipräsidium wurden sie anschlie­ßend mehrere Stunden in "Beseitigungsgewahrsam" genommen.

Trotzdem konnte um 12.00 Uhr an der Haupteinfahrt des EUCOMs eine Mahnwache mit ca. 50 Teilnehmenden durchgeführt werden. Mit dieser Aktion fordert, die EUCOMmunity alle maß­geblichen Kräfte dazu auf, von der ge­planten Osterweiterung der NATO Ab­stand zu nehmen, um einer erneuten Ost-West-Konfrontation vorzubeugen. Vielmehr gelte es, die nach Europa ori­entierten östlichen Staaten in die politi­schen und wirtschaftlichen Prozesse Westeuropas einzubinden, was zu mehr Stabilität führe als eine militärische Al­lianz, die den Militärapparat des ausge­grenzten Ostens herausfordere.

Gefragt sei eine Politik der Integration, um jede Art von destabilisierendem Ge­fälle politischer, wirtschaftlicher und auch militärischer Art auszugleichen. Besonders die vom EUCOM befehlig­ten, in Europa gelagerten Atombomben müssten abgezogen werden; als konse­quente Umsetzung des am 10. Juli 1996 ergangenen Spruchs des Internationalen Gerichtshofs, der die Drohung mit Atomwaffen und ihren Einsatz als Völ­kerrechtswidrig erklärte.

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