Gemeinsam für den Schutz von Kriegsdienstverweiger*innen aus Russland, Belarus und Ukraine

Aktionswoche im Dezember der #ObjectWarCampaign

von Rudi Friedrich
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In der Woche vor dem Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2023 fanden weit mehr als 30 Aktionen und Veranstaltungen in ganz Europa statt. Mehr als 40 Organisationen hatten dazu aufgerufen.

Unter den Aktionen gab es einige, die eine größere Medienaufmerksamkeit erreichten. In Frankfurt/Main wurde ein übergroßes Transparent der #ObjectWarCampaign von einer Brücke heruntergelassen: Schutz für alle, die den Kriegsdienst verweigern. In Berlin gab es eine Straßentheateraktion: Drei als russischer, ukrainischer und belarussischer Soldat verkleidete Aktivist*innen verweigerten symbolisch den Kriegsdienst, warfen ihre Helme weg und zogen ihre Uniformen aus. Sie erhalten aber keinen Schutz, sondern werden mit Handschellen abgeführt. Es ist ein Symbol für den derzeitigen Umgang mit Kriegsdienstverweiger*innen und Deserteur*innen, denen der Schutz versagt wird, die in ihren Herkunftsländern mit langen Haftstrafen oder der Entsendung an die Front rechnen müssen.

Mit der Aktion in Berlin setzten die Organisationen auch ein Zeichen für die internationale Zusammenarbeit gegen Krieg und Feindbilder, wie die Moderatorin Christine Hoffmann von Pax Christi betonte. Es sprachen Olga Karatch von der belarussischen Organisation Nash Dom wie auch Artyom Klyga von der Bewegung für Kriegsdienstverweigerung Russland auf der Kundgebung. Ergänzt wurde dies mit einem Grußwort von Yurii Sheliazhenko von der Ukrainischen Pazifistischen Bewegung, der wegen der Ausreisesperre aus der Ukraine nicht in Berlin dabei sein konnte.

Rudi Friedrich von Connection e.V. hatte auf den Anlass der Aktionswoche hingewiesen: „Hunderttausende Menschen aus Russland, Belarus und der Ukraine sind seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 geflohen, um nicht im Krieg morden zu müssen oder getötet zu werden. Sie alle stellen sich gegen den Krieg, sie alle sagen ‚Ohne Uns!‘. Aber ihre Entscheidung wird nicht geachtet. Sie erhalten nicht den notwendigen Schutz.“

Allein in Deutschland haben von Februar 2022 bis September 2023 3.500 Männer aus Russland zwischen 18 und 45 Jahren einen Antrag auf Asyl gestellt: Nur 400 der Anträge wurden zugelassen und bearbeitet – lediglich 90 davon wurden positiv entschieden. Vielen jungen Russen droht die Abschiebung. Auch junge Ukrainer im „wehrfähigen Alter“, die nach Deutschland geflohen sind, haben hierzulande nur bis März 2025 Schutz – dann droht auch ihnen die Abschiebung in den Krieg. Und auch vor der belarussischen Armee fliehen junge Menschen.

„Kriegsdienstverweigerer zu unterstützen“, so erklärte Olga Karatch auf der Kundgebung, „ist billiger als jede Rakete. Warum wird es dann nicht getan? Wir wollen das menschliche Leben bewahren. Der einfachste Ansatz besteht darin, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die nicht am Krieg teilnehmen wollen, nicht dazu gezwungen werden.“

Artyom Klyga kommt aus Russland, ist Anwalt für Militärrecht und internationaler Sprecher der Bewegung für Kriegsdienstverweigerung. Er bat um Unterstützung für die so wichtige Arbeit der Organisation: „Wenn wir die Soldat*innen retten, die sich weigern zu kämpfen, rückt das Ende des Krieges näher. Das Ende des Krieges wird es möglich machen, die Militarisierung zu stoppen, ein wichtiger Schritt zur Abschaffung der Militärdienstpflicht und zur Stärkung der Stimme der Pazifist*innen und Kriegsdienstverweiger*innen.“

In seiner Grußbotschaft hatte Yurii Sheliazhenko deutlich gemacht, wie wichtig die Arbeit für jeden Einzelnen ist: „Jeder Mensch, der vor dem Fleischwolf des Krieges gerettet wird, ist ein Triumph des Lebens. Deshalb müssen wir die #ObjectWarCampaign unterstützen, die darauf zielt, all jenen Schutz und Asyl zu gewähren, die in Russland, Belarus und der Ukraine Gefahr laufen, unterdrückt zu werden, weil sie sich weigern zu töten.“

Erfreulicherweise konnte auch eine Grußbotschaft aus der Evangelischen Kirche mit eingebracht werden. Bischof Friedrich Kramer, Friedensbeauftragter der EKD, betonte darin: „Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht. Wer den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen ablehnt, wer deshalb flüchtet, und wem dafür Verfolgung droht, der braucht Hilfe, Schutz und Asyl.“

In einigen Städten waren die Aktion darüber hinaus verbunden worden mit einer Unterstützung der israelischen Kriegsdienstverweiger*innen, die sehr klar gegen den Krieg in Gaza Stellung beziehen, wie z.B. Sofia Orr: „Ich verweigere, weil es keine militärische Lösung für ein politisches Problem gibt. Und jetzt, mit dem Krieg, ist das deutlicher denn je geworden. Deshalb ist meine Verweigerung für mich wichtiger denn je.“

Insgesamt war die vor allem von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen und Connection e.V. initiierte Aktionswoche eine gute Möglichkeit, das derzeit so wichtige Thema erneut an die Öffentlichkeit zu bringen und damit politischen Druck auszuüben. Auch wenn es in einigen Städten nur kleinere Aktionen gab, so zeigte das doch, dass es ein breites Bündnis für die Forderung gibt, dass Kriegsdienstverweiger*innen und Deserteur*innen Asyl brauchen.

Eine weitere Aktionswoche ist um den 15. Mai herum geplant, dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung. Weitere Infos sind auf der neu eingerichteten Website der #ObjectWarCampaing zu finden: www.objectwarcampaign.org.

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