Atomwaffenverbotsvertrag

Atomwaffen sind verboten - Aktivitäten zum 22. Januar

von Anne BalzerRoland Blach
Initiativen
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Der 22. Januar markiert einen Meilenstein in den 75-jährigen Bemühungen der Zivilgesellschaft und all der atomwaffenfreien Staaten, Atomwaffen zu ächten: Denn an diesem Tag trat der UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen in Kraft. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hatte schon in ihrer allerersten Resolution am 24. Januar 1946 die vollständige Abschaffung von Atomwaffen gefordert. Am 22. Januar wurde weltweit mit diversen Aktionen gefeiert. Ein Lichtblick in diesen Pandemiezeiten.

Deutschlandweit haben Aktivist*innen im Kontext aller ICAN-Partner ganz unterschiedliche Ideen entwickelt, wie dieser historische Tag, dieses Geschenk an die Menschheit, begangen und in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden kann - Online und Offline.

Der 22. Januar wurde zu einem Höhepunkt vielfältiger Aktivitäten. Gestartet wurde das Jahr mit einem Countdown. So haben ICAN-Botschafter*innen mit einem Online-Kalender und 22 Türchen seit dem 1. Januar über den Prozess und Inhalt des Atomwaffenverbotsvertrags informiert. So konnte man sich auch durch die Geschichte des Atomzeitalters klicken und von den  Erkenntnissen  der Atombombenopfer.  erfahren. Auch die klassische Advocacy - und Öffentlichkeitsarbeit fand vornehmlich im digitalen Raum statt. So hat ICAN-Deutschland gemeinsam mit der IPPNW und Greenpeace eine viel beachtete Video-Pressekonferenz mit Beatrice Fihn (Geschäftsführerin ICAN International), Dr. med. Alex Rosen (Vorstandsmitglied IPPNW Deutschland) und Christoph von Lieven (Sprecher für Abrüstung und Frieden Greenpeace Deutschland), veranstaltet. Eine Vielzahl von Medien berichtete über den Verbotsvertrag, Gastbeiträge diskutierten das Thema kritisch und Personal Stories gaben Einblicke in das langjährige Engagement.

Außerdem wurde  mit der Bundesregierung das Atomwaffenverbot diskutiert - bei der Online-Podiumsdiskussion „Yes, We Ban” konnten sich die Teilnehmenden einen Überblick zu den Einschätzungen des Auswärtigen Amtes, der Friedens-und Konfliktforscherin Dr. Carmen Wunderlich von der Universität Duisburg-Essen, dem Österreichischen Botschafter Alexander Kmentt und Leo Hoffmann-Axthelm von ICAN Deutschland verschaffen.

Trotz Kälte und Pandemie haben deutschlandweit Aktivist*innen viele Aktionen initiiert, um im Rahmen des Möglichen in ihrer Stadt vor Ort das Atomwaffenverbot bekannter zu machen. Viele von ihnen haben die zum Aktionstag entwickelten neuen Banner „Nuclear Weapons are Banned” genutzt. Damit das möglich wurde, hat sich das ICAN-Büro quasi in ein Logistikzentrum entwickelt. Durch helfende Hände im Schicht- und Heimbetrieb wurde es möglich, dass 1.300 Flaggen ihren Weg in die Briefkästen und dann an die Fenster und Marktplätze in ganz Deutschland und bis in die Niederlande oder nach Großbritannien gefunden haben.

Aktion vor dem Bundeskanzler*innenamt
Auch bei der Fotoaktion vor dem Bundeskanzler*innenamt in Berlin kam das neue Banner zum Einsatz. Hier wurde nochmal versinnbildlicht, dass Deutschland beim Atomwaffenverbotsvertrag bisher fehlt, aber viele Staaten aus dem globalen Süden diesen Prozess befürworten. Dafür haben sich 51 Aktivist*innen mit den Flaggen der 51 Staaten, die den UN-Vertrag für ein Verbot von Atomwaffen bereits ratifiziert haben, für ein Gruppenbild (mit Abstand und Maske) vor dem Kanzleramt versammelt. Sie stellten sich um einen leeren Stuhl mit einem Deutschland-Wimpel. Auf einem großen Banner war zu lesen: „Atomwaffen sind verboten. 51 Staaten sind dabei – Deutschland fehlt.“ Zu der Aktion konnten Christoph von Lieven (Greenpeace), Franca Brüggen (ICAN) und Renke Brahms (Friedensbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche Deutschland), für Grußworte gewonnen werden. Die Botschafter*innen derjenigen 51 Länder, die dem Abkommen beigetreten sind, haben vorab ein Dankesschreiben erhalten.

Kirchen
A propos Kirchen. Die klare Haltung ist bemerkenswert. Der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ und der Präsident der Deutschen Sektion Pax Christi, Bischof Dr. Peter Kohlgraf, meldeten sich auch zu Wort: „All jene Staaten, die den Vertrag nicht nur unterzeichnet, sondern auch ratifiziert haben, geben uns ein leuchtendes Beispiel dafür, dass wir uns niemals mit vermeintlich unverrückbaren Gegebenheiten abfinden sollten (…) Ausdrücklich unterstreichen wir daher die Botschaft von Papst Franziskus, dass nicht nur der Einsatz, sondern bereits der Besitz solcher Waffensysteme unethisch ist.“

Auch in Hamburg wurde den bisher beteiligten Staaten gedankt, z.B. mit Blumen bei einem Besuch des Konsuls aus Costa Rica, eines der federführenden Staaten bei den Verhandlungen zum Verbotsvertrags 2017.

Kommunen und Abgeordnete
Auf ein gemeinsames Anschreiben von ICAN, IPPNW und der Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt” an alle über 500 Abgeordneten, die den ICAN - Pledge unterstützen, beteiligten sich Abgeordnete mit einer Vielzahl von Presseerklärungen, Videobotschaften, Posts und Tweets.

Die Mayors for Peace ermutigten all ihre 700 Mitgliedsstädte dazu, ihre eigenen und auch die ICAN- Flaggen zu hissen. Und mehrere Dutzend Städte machten davon Gebrauch, oft in Kooperation mit kleinen Veranstaltungen von Akteuren der Friedensbewegung. Zusätzlich wandten sich viele an die Medien. Etliche Stadtoberhäupter wandten sich allein oder in Kooperation an die Bundesregierung, z.B. aus den Landeshauptstädten (alle 16 haben den ICAN - Appell beschlossen) oder aus dem Ostalbkreis, darunter nicht wenige aus der CDU. Belit Onay, Oberbürgermeister von Hannover, einer der Lead Cities der Mayors for Peace und Partnerstadt von Hiroshima, hat dazu eine großartige Videobotschaft veröffentlicht.

Auch dies ist ein Verdienst langjähriger Kontakte. Ein wunderbares Beispiel für Vertrauensbildung über lange Zeit hinweg. Mit dem Ergebnis wunderbarer Kooperationen und Impulse für die Mayors for Peace bundesweit, regional und lokal. Seit 2003 hat sich die Anzahl der Mayors for Peace - Städte von 100 auf 700 vervielfacht. Aus Anlass des zehnten Flaggentages wird es bis 8. Juli mindestens 25 weitere Stimmen aus den Städten mit ihrer Unterstützung für ein Atomwaffenverbot über Social Media geben.

Appell
Über 300 Personen aus der Zivilgesellschaft, darunter etliche bekannte Jurist*innen, Professor*innen und Kulturschaffende sowie viele Aktive der Friedensbewegung haben den Appell „Dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten – nukleare Aufrüstung Deutschlands stoppen!” an die Bundeskanzlerin unterschrieben. Mit klaren Aussagen zum Völkerrecht. Über 2000 Menschen unterschrieben einen Offenen Brief der IPPNW an Außenminister Maas.
Am Zaun des Atomwaffenstützpunktes Büchel wurden zahlreiche Schilder angebracht, auf denen deutlich steht, dass diese Waffen jetzt verboten (illegal) sind. Es gab weiterhin Kundgebungen, Peace - Zeichen aus Kerzen, individuelle Pacemakers Nuclearban - Radtouren, eine Vielzahl von digitalen Veranstaltungen mit Wortbeiträgen, Musik, Kunst sowie Diskussionen. Das Netzwerk Friedenskooperative listete über 100 Veranstaltungen auf, was die Bedeutung dieses besonderen Tages nachdrücklich unterstreicht.

Der 22. Januar ist der Anfang vom Ende von Atomwaffen. Diese Massenvernichtungswaffen sind nun völkerrechtlich verboten - das ist ein Erfolg des Multilateralismus und der Diplomatie, den Werkzeugen mit denen im 21. Jahrhundert Konflikte bewältigt werden sollten. Nicht mit Massenvernichtungswaffen aus der Vergangenheit. Es ist noch ein langer Weg, aber ab jetzt gibt es eine neue Grundlage, wie wir Atomwaffen diskutieren.

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Anne Balzer studiert Politikwissenschaften im Master an der Freien Universität Berlin.
Koordinator der Kampagne „Büchel ist überall – atomwaffenfrei.jetzt“